Einer kam durch
drinsteckt. Er hätte aufgeben sollen!«
»Ja«, sagte der andere, »aber er hat es nicht getan.«
Während der beiden folgenden Tage konzentrierte sich die Jagd auf das Tal des Duddon-Flusses und auf die wilden Hochmoore von Dunnersdale. Eine Riesensuchaktion der Polizei auf der östlichen Seite des Duddon blieb ohne Erfolg. Nun mußte doch angenommen werden, daß es dem Flüchtling gelungen war, auf irgendeine Weise bei Nacht den Fluss zu überqueren und nach Cumberland zu gelangen. Die Lancashireseite des Flusses war waldlos, in Cumberland hingegen zog sich ein Waldstreifen am Ufer entlang. Wieder wurden neue Befehle ausgegeben, neue Suchgruppen aufgestellt. Tausende von Menschen waren jetzt damit beschäftigt, einen einzelnen Offizier der deutschen Luftwaffe in England zu jagen.
Am Sonnabendfrüh, sechs Tage nach Werras Flucht, begannen Polizei und Militär die Wälder südlich von Stonythwaite abzukämmen. Wieder wurden Bluthunde eingesetzt. Um zwei Uhr dreißig erreichten die Streifen die Straße nach Eksdale. Von dem Flüchtling war nichts entdeckt worden, aber es bestand noch Aussicht, daß er sich weiter südlich gehalten hatte.
Auf alle Fälle wurde für die Nacht die Strecke nach Eksdale abgeriegelt. Man wollte die Rückkehr des Deutschen in das durchsuchte Gebiet verhindern.
Die Aussichten, ihn am folgenden Sonntag zu finden, schienen nicht schlecht zu sein.
Oberkommissar S. W. Brown, dem ein Teil der Konstabler von Cumberland und Westmoreland unterstand, wartete in seinem Dienstwagen auf dem Hügel über der Kneipe ›Wanderers Ruh‹, als die Streifen um zwei Uhr dreißig diese Stelle erreichten. Nach Rücksprache mit Leutnant Blackburn, dem Führer von rund siebzig Soldaten aus Ulverston, wurde die Jagd für diesen Tag eingestellt. Um zwanzig Minuten vor drei Uhr marschierten die Jäger im Eiltempo nach ›Wanderers Ruh‹, um sich ein wohlverdientes Bier zu genehmigen.
Aber während sie ihre halben Liter hoben, ertönte vom Hügel her lautes Gebrüll. Etwa hundert Meter über der Straße winkte ein Mann aufgeregt mit dem rechten Arm und hielt die linke Hand wie ein Sprachrohr an den Mund. »Tally ho! Tally ho!« schallte der schrille Jagdruf der Schafhirten aus Cumberland.
Der Mann war Mr. William Youdale, ein Schaffarmer von Hazel-Head. Er hatte seine Herde zur Farm zurücktreiben wollen, als er plötzlich einen Mann entdeckte, der aus dem dichten Ginster heraustrat. The Pike ist ein spitzgipfliger Hügel von 400 Meter Höhe, der auf der Cumberlandseite über das Duddontal ragt.
Der Mann ging in voller Sicht und nur eine halbe Meile entfernt an einer Hochweide entlang. Der Farmer trieb seine Schafe mit Hilfe der Hunde schleunigst in eine Umzäunung und rannte los, um die Suchkommandos zurückzuholen. Dabei behielt er den Mann im Auge und sah ihn zu seiner Genugtuung über eine Mauer verschwinden, die um den Anstieg von Hesk-Fell läuft, ein über 500 Meter ansteigendes Hochmoor ohne jede Deckung.
Doch als die Jäger den Hügel erklommen hatten, war der Mann verschwunden, und das war Mr. Youdale sehr peinlich.
»Vor zwei Minuten lief er noch da vorn herum, zwanzig Meter innerhalb der Mauer, die um das Feld führt!« sagte er. »Und nun ist er einfach weg!«
Oberkommissar Brown warf einen Blick auf den Schäfer, einen zweiten auf das nackte Moor. Er hatte für seinen Geschmack genug Meldungen über wilde Männer in Hochmooren erhalten. »Wie sah er denn aus?«
»Na, so fünfeinhalb Fuß groß … hatte weder Hut noch Mantel. Er kam aus der Deckung. Sie waren gerade fort.«
»Hm«, sagte der Polizeioffizier. »Wenn er vor zwei Minuten noch da war, kann er noch nicht weit sein. Wahrscheinlich versteckt er sich hinter der Mauer.«
Der Suchtrupp überquerte zwei Felder bis zu der angegebenen Mauer.
Der Mann war nicht dahinter versteckt. Es war auch keine Spur von ihm zu entdecken. Nirgendwo Bäume oder Farnkräuter, die ihm Schutz geben konnten. Soldaten und Polizei, dazu der Konstabler mit seinen Bluthunden, verteilten sich in langer Kette am unteren Hügelrand.
Auf einen Pfiff setzte sich die Linie in Bewegung. Die Stimmung der Männer war nicht rosig. Mr. Youdale hatte sie vom Bierglas weggeholt. Er erhielt ein paar giftige Blicke. »Dieser Spinner!« sagte einer der Soldaten laut. »Ein Mann kann doch nicht einfach auf einem nackten Hochmoor verschwinden und sich hinter ein paar Brocken Torf verstecken! Für wie blöd hält uns dieser Bauer eigentlich? Wichtigtuer!«
Aber trotzdem
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