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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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einer anderen Frau abgeholt, die sich gepflegt auszudrücken verstand und gewöhnliche Kleider trug. Zumindest sah ihr Schal gewöhnlich aus, auch wenn alles andere von bester Qualität war, vor allem die edlen Lederhandschuhe, die über dem Handgelenk mit einem kleinen Ornament bestickt waren.«
    Ihre Worte trafen ihn wie ein Fausthieb. Der Schreck verschlug ihm für einen Moment den Atem. »Das kann nicht sein«, keuchte er. »Sie müssen sich täuschen. Wer hat gesagt, dass Margaret sie bis vor die Tür gebracht hat? Da lügt jemand.«
    »Es war Margaret selbst, Oliver. Sie streitet es nicht ab. Sie hatte die Sorge, dass Rupert Hattie Geld gegeben hat, damit sie für ihn log, und daran wollte sie sie hindern.«
    Rathbone schüttelte den Kopf. Er weigerte sich, das zu glauben. »Aber Hattie wurde ermordet und in den Fluss geworfen!« Er schrie beinahe. »Sie können doch nicht glauben, dass Margaret dabei die Hände im Spiel hatte! Das ist unmöglich!«
    Sie berührte ihn ganz leicht am Arm. Durch den Stoff seines Jacketts spürte er die flüchtige Wärme ihrer Hand. »Natürlich glaube ich nicht, dass sie sich willentlich daran beteiligt hat«, versicherte sie ihm. »Sie hat Hattie zur Tür gebracht und sie dazu überredet, die Klinik zu verlassen. Jemand anders hat sie abgeholt. Ich könnte mir vorstellen, dass es Gwen war, kann es aber nicht beschwören. Die zweite Frau hat sie jedenfalls zu einem Haus in der Avon Street in Fulham gebracht, von wo es weniger als eine Meile nach Chiswick ist.«
    »Ein Ort, wo sie in Sicherheit gewesen wäre«, sagte Rathbone hastig. »Sie muss es auf eigene Faust verlassen haben und einem von Parfitts Männern über den Weg gelaufen sein. Margaret konnte nicht wissen, dass das geschehen würde.«
    »Natürlich nicht«, stimmte sie ihm zu. »Und die Vermieterin hat gesagt, ein Mann hätte sie begleitet. Er hätte sich Cardew genannt.«
    »Und das wollten Sie mir verschweigen?«, rief Rathbone ungläubig. »Gerade eben haben Sie mir gesagt, Sie seien nichts und niemandem zu Loyalität verpflichtet, nur der Wahrheit!« Das war eindeutig ein Vorwurf. Er konnte es nicht fassen, dass von allen Menschen Hester eine solche Heuchlerin sein konnte. Dabei hätte sie ihm nicht von ihren Treuegefühlen erzählen müssen. Sie hatte sie ungebeten vor ihm ausgebreitet. Wozu diese überflüssige Lüge? Nie hätte er sich vorzustellen gewagt, dass man ihn derart niederträchtig verraten könnte. Und erschrocken stellte er fest, wie tief seine Gefühle für Hester immer noch waren, ja, dass er sie vielleicht verehrte. Er spürte jäh ein Brennen in den Augen und in der Kehle. Zu vieles, das er liebte, schmolz unter seinen Händen dahin und entglitt ihm.
    Hester starrte ihn unverwandt an. »Glauben Sie wirklich, dass Margaret und Gwen sich mit Rupert Cardew zusammengetan haben, um die einzige Zeugin zu ermorden, die Cardew hätte retten können und die damit auch das Todesurteil für ihren Vater bedeutet hätte?«
    »Nein, natürlich nicht! Sie …« Er verstummte.
    »Ja? Sie … was?« Hester wartete.
    »Vielleicht wollte sie ihn gar nicht retten«, erwiderte er. »Vielleicht hat Cardew ihr Geld gegeben, damit sie lügt, aber dann hat sie der Mut verlassen. Er hat das durchschaut und sie deswegen umgebracht.«
    »Mit Margarets Hilfe?« Hesters Augenbrauen hoben sich ungläubig, aber in ihrem Gesicht fehlte jeder Ausdruck von Triumph. »Und Gwens Anteil dabei? Können Sie sich vorstellen, was Winchester vor Gericht aus diesem Gedanken machen wird?«
    Sie hatte recht. Das Ganze war unglaubwürdig.
    Ihre Stimme drang durch seine Weltuntergangsstimmung.
    »Wollten Sie das wirklich wissen, Oliver? In diesem Fall entschuldige ich mich dafür, dass ich es Ihnen nicht gesagt habe. Ich habe das falsch eingeschätzt, und das tut mir leid. Ich weiß, dass Sie aufrichtig handeln müssen. Nur dachte ich, das wäre Ihnen nicht mehr möglich, wenn Sie mein Wissen teilten.«
    Ihm schwindelte, als wirbelte das Zimmer um ihn herum. Sie hatte recht – natürlich hatte sie recht. Aber das wurde ihm erst jetzt klar. Und das Schreckliche daran war, dass er es glauben konnte. Er hatte wieder Margarets Gesicht vor Augen, als sie ihren Vater angeblickt hatte. Sie gehorchte ihm blind und bedenkenlos. Er war Teil des Lebens, das sie immer gekannt hatte, die Grundlage ihrer Überzeugungen, die Ordnung in allem.
    Das war natürlich. Vielleicht war Henry Rathbone ja der Eckpfeiler von Rathbones eigenem Leben. Ihm fielen

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