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Eines Tages geht der Rabbi

Eines Tages geht der Rabbi

Titel: Eines Tages geht der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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hast du das nur ihm zu verdanken.»
    «Ja, das glaube ich auch.»
    Sie betrachtete ihn forschend. «Besonders begeistert scheinst du nicht zu sein.»
    «Doch, aber …»
    «Aber?»
    «Irgendwie habe ich das Gefühl, daß der Präsident jetzt meint, ich gehöre in sein Team.»

18
    In der Woche vor den Vorwahlen überredete Laura Scofield dazu, seine Praxis in Salem zu schließen und sich ganztägig dem Wahlkampf zu widmen. Schon frühmorgens schleppte sie ihn in Revere oder Lynn auf die Bahnhöfe, zu den Pendlern, die nach Boston fuhren. Er ging auf die auf dem Bahnsteig Wartenden zu, streckte die Hand aus und sagte: «Guten Morgen. Ich bin Jack Scofield, einer der republikanischen Kandidaten für den Senat, und würde mich über Ihre Unterstützung freuen.» Dann drückte er dem Angesprochenen eine Karte in die Hand, auf der sein Bild prangte sowie der Slogan «Unser Motto: Bewährtes bewahren!»
    Meist nickten die Leute nur oder murmelten etwas und nahmen die Karte, nur um sie verstohlen wieder fallenzulassen, sobald sie sich unbeobachtet glaubten. Zuerst entmutigte ihn der Anblick der vielen Karten, die auf dem Bahnsteig herumlagen, wenn der Zug abgefahren war, aber nach einer Weile nahm er das nicht mehr so schwer.
    Manchmal sagte einer: «Ich wollte Sie sowieso wählen.» Dann drückte Scofield ihm die Hand und sagte: «Vielen Dank. Sagen Sie es bitte auch Ihren Freunden.» Selten einmal erklärte einer: «Tut mir leid, aber ich stimme für Cash (oder Baggio).» Für solche Fälle hatte Laura ihm eine feststehende Antwort eingetrichtert: «Ein guter Mann. Hauptsache, wir kriegen einen Republikaner durch.»
    «Wenn er sagt, daß er Demokrat ist, lassen Sie sich nicht auf Diskussionen ein», hatte sie ihn instruiert. «Strecken Sie ihm die Karte hin und sagen Sie: ‹ Falls Sie es sich noch anders überlegen, würde ich mich über Ihre Unterstützung freuen.› Vermeiden Sie Streitgespräche. Sie stimmen den Mann doch nicht um, vertun nur Ihre Zeit und lassen sich die Chance entgehen, mit anderen Wählern zu sprechen. Und bleiben Sie in Bewegung. Warten Sie nicht, bis jemand zu Ihnen kommt, gehen Sie auf die Leute zu.»
    Danach ging es in die Geschäftsstraßen und Supermärkte. Hier war eine etwas andere Technik angesagt. «Dort haben Sie es hauptsächlich mit Frauen zu tun», erläuterte Laura. «Denen strecken Sie nicht die Hand hin, sondern geben Ihnen nur die Karte. Und versuchen Sie, die Kundinnen beim Betreten des Ladens anzusprechen, nicht am Ausgang, wenn sie schwere Tüten schleppen. Und nicht vergessen: Immer in Bewegung bleiben. Lassen Sie sich nicht blockieren.»
    «Blockieren?»
    Sie warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. «Manche dieser Frauen sind ein bißchen … ausgehungert. Vom Gefühl her, meine ich.»
    Am liebsten hätte er geantwortet – leichthin, halb im Scherz –, daß er in dieser Hinsicht auch ein bißchen ausgehungert sei. Aber er zögerte, und die Chance war vertan. Insgeheim hatte er gehörigen Respekt vor Laura. Sie war so stolz, so selbstsicher – und so reich. Die Mädchen, mit denen er während des Studiums ausgegangen war oder die er in Lokalen kennengelernt hatte, waren für ihn Puppen oder Bienen, für die er sich eigentlich nur sexuell interessiert hatte. Aber Laura war eine Dame, Laura war Klasse. Falls er die Wahl gewann, sah die Sache natürlich anders aus …
    In den ersten beiden Tagen chauffierte sie ihn in ihrem Wagen, um sicherzugehen, daß er auch an seinem Bestimmungsort eintraf, um ihn zu beobachten und sich ein Urteil über seinen Auftritt zu bilden. Abends setzte sie Versammlungen für ihn an, manchmal zwei oder drei an einem Tag, kurze Besuche in Privathäusern, wo er eine kleine Rede hielt, ein paar Fragen beantwortete und dann auf ein Zeichen von ihr sagte: «Tut mir leid, Leute, aber ich habe einen unheimlich vollen Terminkalender.» Und dann nickte er zu Laura hinüber und setzte hinzu: «Der Boss wird schon ungeduldig, ich muß los.» Zu diesen Veranstaltungen fuhr er mit dem eigenen Wagen, auf den er inzwischen das Schild montiert hatte. «Es ist sehr günstig, wenn Ihr Wagen vor einem dieser Häuser gesehen wird», hatte Laura ihm erklärt.
    Gegen Ende des Wahlkampfes machte Scofield sich Gedanken darüber, daß sie keine ausreichende Organisation hinter sich hatten. «Die anderen beiden Kandidaten haben haufenweise Leute, die sich in den Wahlbezirken herumdrücken, Werbematerial verteilen und die Leute zum Wahllokal treiben.»
    «Haben wir auch»,

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