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Eines Tages geht der Rabbi

Eines Tages geht der Rabbi

Titel: Eines Tages geht der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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durch sind, fangen Sie wieder von vorn an.»
    «Ich mach ja alles, was Sie wollen. Aber heute abend essen wir zusammen.»
    «Wenn die Wahllokale schließen.»
    «Aber das ist erst um acht», protestierte er.
    «Wenn Sie am Verhungern sind, können Sie sich ja noch einen Krapfen nehmen.»
    Er zog ab und tauchte erst um halb acht wieder auf. Doch jetzt drängte er zum Aufbruch.
    «Aber wir müssen warten, bis die Wahllokale schließen.»
    «Wie viele Anrufe sind in der letzten halben Stunde gekommen?»
    «Nur zwei», räumte sie ein. «Aber –»
    «Nichts aber. Wenn sich hier niemand meldet, versuchen sie’s bei den Kandidaten für die Staatsämter – wenn sie sich nicht gleich dahin wenden. Und falls jetzt noch jemand anruft und einen Wagen haben will, sind die Wahllokale dicht, bis sie dort angekommen sind.»
    Das klang vernünftig. Und er wirkte so überraschend energisch, daß sie klein beigab. «Sollen wir das Licht ausmachen? Oder sollen wir einen Zettel ins Fenster hängen, daß wir später wiederkommen?»
    «Wozu?»
    «Manche Leute setzen sich gern in eine Wahlzentrale, um auf die Ergebnisse zu warten.»
    «Aber nicht bei uns. Die gehen zu den Parteizentralen. Machen Sie das Licht aus.» Draußen fragte er: «Können wir Ihren Wagen nehmen? Meiner hat das Schild auf dem Dach, und ich würde ganz gern eine Weile den Wahlkampf vergessen. Ich habe gedacht, wir suchen uns was auf der Route 128, außerhalb unseres Bezirks.»
    Als sie das Restaurant betraten, stellte sich heraus, daß er einen Tisch reserviert hatte, aber Laura war seltsamerweise gar nicht einmal ungehalten darüber. Er bestellte Cocktails und sagte dem Ober, sie würden das Essen erst nach dem Aperitif aussuchen. Dann wandte er sich an Laura. «Heute abend möchte ich gern in aller Ruhe essen.»
    Es war fast zehn, als sie mit dem Kaffee fertig waren. «In den Elf-Uhr-Nachrichten werden die Ergebnisse kommen», sagte er. «Schauen wir sie uns bei mir an?»
    «Einverstanden.»
    Er hatte ein Apartment in einem der oberen Stockwerke von Waterfront Towers, einem der wenigen Hochhausblocks von Barnard’s Crossing. Die Möblierung war dürftig: Ein breites Bett, zwei moderne Polstersessel ohne Armlehne, ein sachlicher Schreibtisch mit einem Stuhl, ein Tisch mit Fernseher.
    Während er sich mit Eiswürfeln und der Whiskeyflasche zu schaffen machte, schaltete Laura den Fernseher ein. Die vorhergehende Sendung ging gerade zu Ende. Sie trat ans Fenster und sah auf den Hafen hinunter. «Hübsche Aussicht.»
    «Hm.» Er reichte ihr ein hohes Glas und setzte sich in einen Sessel vor dem Fernseher, während sie stehenblieb und nachdenklich einen Schluck nahm.
    Die Vorwahlen waren der Aufmacher der Nachrichtensendung. Außer den beiden Moderatoren waren noch zwei «Experten» im Studio, politische Reporter von Bostoner Zeitungen, die sich über’ die Bedeutung der Wahl äußern sollten.
    «… noch nicht alle Wahlbezirke ausgezählt … es sieht jedoch so aus, als hätte Constant einen entscheidenden Vorsprung vor Belize! … im Rennen um das Amt des Justizministers …» Zahlen klickten  auf der Anzeigetafel, die Experten wurden aufgefordert, das Wahlergebnis in diesem oder jenem Bezirk zu erläutern. Die Wahlbeteiligung lag niedrig, wie meist bei Vorwahlen, und man merkte, daß die Moderatoren bemüht waren, die Zeit zu strecken, und jede Zahlenänderung benutzten, um Spannung zu erzeugen. Es war fast Mitternacht, als einer der Moderatoren sagte: «Und jetzt die regionalen Ämter … Der derzeitige demokratische Kandidat für den Senat blieb erwartungsgemäß im ersten Bezirk ungeschlagen, aber bei der Nominierung der Republikaner scheint es ein Kopf-an-Kopf- Rennen zu geben … Im zweiten Bezirk … Der dritte Bezirk, Essex, geht gewöhnlich an die Republikaner, und die Nominierung ist dort praktisch gleichbedeutend mit der Wahl. Drei Kandidaten haben sich beworben …»
    Scofield lehnte sich vor, und Laura stellte das Glas aufs Fensterbrett.
    «… Das Rennen machte mit einer ansehnlichen Mehrheit Jack Scofield. Es wird also ein neues Gesicht im Senat geben …»
    Scofield lehnte sich fassungslos zurück. Laura streckte beide Arme zur Decke und stieß ein Freudengeheul aus. Dann setzte sie sich auf Scofields Schoß und legte ihre Lippen an die seinen. Als sie wieder aufstehen wollte, hielt er sie fest.
    «Nein!» Hier sprach der gewählte republikanische Kandidat für den Senat von Massachusetts.
    Sie wehrte sich nicht und machte keinen Versuch mehr,

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