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Eines Tages geht der Rabbi

Eines Tages geht der Rabbi

Titel: Eines Tages geht der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Hause, ich habe für eine Klausur gelernt. Ich bin nicht mal zum Essen weggegangen, sondern habe mir hier was gemacht.»
    «Tja, dann würde ich sagen, Sie kommen mal mit zu Chief Lanigan, dem können Sie alles erzählen.»
    «In Ordnung, ich fahre Ihnen nach.»
    «Nein. Sie fahren mit mir. Geben Sie Officer Norton die Schlüssel, er bringt Ihren Wagen zum Revier.»
    Der junge Mann zögerte. «Ist das … bin ich verhaftet?»
    «Ich habe keinen Haftbefehl», sagte Sergeant Dunstable auffällig beiläufig. «Der Chief hat nur gesagt, ich soll Sie zum Revier bringen. Wenn Sie natürlich nicht wollen, fahr ich zurück und melde ihm das, vielleicht stellt er dann einen Haftbefehl aus oder läßt sich einen vom Gericht ausstellen.»
    Paul überlegte rasch. Es konnte sich nur um einen Irrtum handeln. Da war jemand von einem Betrunkenen über den Haufen gefahren worden, am Tatort hatte man Glas gefunden, und die Polizei begann zu ermitteln. Sie waren gekommen, weil er seinen Scheinwerfer hatte austauschen lassen. Vielleicht wurden gerade jetzt von der Polizei in Lynn, in Revere oder sogar in Boston noch andere vernommen. Er würde ihnen klarmachen, daß er zu dieser Zeit gar nicht auf der Straße gewesen war. Vielleicht würden sie ein Protokoll aufsetzen, das er unterschreiben mußte. Und damit war die Sache dann erledigt.
    «Na schön», sagte er. «Fahren wir.»
     
    Aber so einfach war die Sache nicht. Chief Lanigan war nicht da, als sie zum Revier kamen. Paul Kramer setzte sich auf eine Bank, wo ein Sergeant ihn im Auge behalten konnte, und wartete. Gelegentlich stand er auf, um sich die Beine zu vertreten oder eine alte Zeitung aus dem Papierkorb in der Ecke zu angeln. Als er sich wieder mal erhob und zur Tür ging, fragte ihn der Sergeant, wohin er wolle.
    «Ich wollte mal sehen, ob ich hier irgendwo ’ne Tasse Kaffee kriege.»
    «Der Chief kann jede Minute kommen. Es war ihm nicht recht, wenn Sie dann nicht da sind. Einen Kaffee wollen Sie? Mal sehn, was sich tun läßt.»
    Der Sergeant ließ Kaffee und sogar einen Krapfen aus dem Dienstraum kommen. Paul hatte nicht das Gefühl, eingesperrt zu sein, und man hatte ihm nicht gesagt, daß er das Gebäude nicht verlassen dürfe. Aber sie hatten seine Wagenschlüssel, und ohne sie wäre es sinnlos zu gehen. Erst nach sieben tauchte Chief Lanigan auf und bat ihn in sein Büro.
    Paul setzte sich auf den Besucherstuhl, während Lanigan telefonierte, Akten durchlas und unterschrieb. Dann erst wandte er sich dem Jungen zu. Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf und wippte in seinem Drehstuhl vor und zurück. Dann lächelte er. «So, nun legen Sie mal los.»
    «Ich weiß ja nicht, was Sie hören wollen.»
    «Erzählen Sie mir einfach, wie es war.»
    «Ich weiß nur das, was mir der Sergeant gesagt hat. Daß es auf der Glen Lane Mittwoch nacht einen Unfall mit Fahrerflucht gegeben hat. Aber da war ich zu Hause, ich bin nicht weg gewesen.»
    «Wie ist Ihr Scheinwerfer zu Bruch gegangen?»
    «Das weiß ich nicht. Ich fahre jeden Tag nach Boston und parke in der Huntingdon Avenue oder in der Fenway oder wo gerade Platz ist. Wenn ich dann wieder zu meinem Wagen komme, ist es mir schon passiert, daß der Kotflügel eingedrückt oder zerkratzt war. Aber denken Sie, da steckt einem einer mal einen Zettel an die Windschutzscheibe, damit man sich zusammensetzen und den Schaden regeln kann? Nein, die fahren einfach weg, als ob nichts gewesen ist. Es kann also gut sein, daß jemand am Donnerstag oder vielleicht schon am Mittwoch meinen Scheinwerfer zusammengefahren hat. Vielleicht hab ich auch beim Fahren einen Stein dagegengeschleudert. Ich weiß es nicht.»
    «Wenn es am Mittwoch passiert wäre – hätten Sie es dann nicht am Donnerstag auf der Fahrt nach Boston gemerkt?»
    «Ich mach nicht jedesmal große Inspektion, wenn ich mich in den Wagen setze. Ich schau mir den Wagen nicht von vorn an. Wenn ich bei Dunkelheit gefahren wäre und die Scheinwerfer angemacht hätte, hätte ich’s natürlich gemerkt. Aber nicht frühmorgens.»
    Lanigan nickte. «Klingt vernünftig.» Er wippte eine Weile nachdenklich. «Wo sind Ihre Eltern?»
    «Verreist.»
    «Ja, aber wo stecken sie?»
    «Das weiß ich nicht, sie machen eine Fahrt ins Blaue.»
    «Sie könnten Ihre Eltern also nicht erreichen?»
    «Sie haben gesagt, daß sie alle paar Tage mal anrufen, heute abend zum Beispiel wollten sie sich melden.»
    «Schön, dann will ich Ihnen jetzt sagen, was anliegt. Das Unfallopfer ist gestorben,

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