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Eines Tages geht der Rabbi

Eines Tages geht der Rabbi

Titel: Eines Tages geht der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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mit seinen Kollegen im Staat Massachusetts. Zur Zeit war er dabei, Redner und Teilnehmer für eine Tagung anzuwerben, die über Thanksgiving stattfinden sollte. Da sich die Begeisterung dafür bisher noch sehr in Grenzen hielt, war er dazu übergegangen, sich auf Umwegen an das Thema heranzupirschen. Als er Lanigan anrief, gratulierte er ihm deshalb zunächst zu seinem schnellen Erfolg bei der Aufklärung des Falles von Fahrerflucht.
    «Wie hast du das geschafft, Hugh?»
    «Durch gute kriminalistische Leistungen, für die unsere Polizei zu Recht bekannt ist, Chezzie.»
    «Du könntest eine kurze Abhandlung über den Fall schreiben und sie in Boston vortragen.»
    «Ich habe leider meinen Bleistift verlegt.»
    Orlando lachte. «Wenn du brav bist, schenk ich dir einen, ich habe übrigens noch eine Neuigkeit zu dem Fall.»
    «Schieß los.»
    «Erinnerst du dich noch an dieses Flugblatt, das irgendwelche sogenannten guten Staatsbürger oder besorgten Bürger oder dergleichen zu den Vorwahlen verschickt haben? Tommy Baggio hat von Anfang an behauptet, daß ihm jemand damit was anhängen wollte, daß er überhaupt nicht auf diesem Bankett gewesen ist und daß er seine Wahlschlappe diesem Wisch zu verdanken hat. Er hat sich beim Wahlausschuß beschwert, und die haben zwei Detektive auf den Fall angesetzt.»
    «Ach, geht man diesen Dingen also tatsächlich nach?»
    «Du weißt ja, wie das ist, meist dauert es seine Zeit, aber im Wahlausschuß sitzt ein Schwager von ihm, und da sind sie sofort tätig geworden. Und weißt du, was rausgekommen ist? Hinter den besorgten Bürgern verbarg sich Tony D’Angelo, euer Unfallopfer.»
    «Sehr praktisch», sagte Lanigan.
    «Ich weiß, was du denkst, Hugh. Und ich will nicht leugnen, daß man einem Toten gern sämtliche unerledigten Fälle in die Schuhe schiebt. Während des Krieges, als ich bei der Versorgungstruppe war, haben wir das so ähnlich gemacht. Sobald ein Frachter gesunken war, haben wir ihn mit sämtlichen verlorenen oder verlegten Sachen bepackt, für die wir verantwortlich waren. Ich erinnere mich an einen Zehntausendtonner, der mit ungefähr hunderttausend Tonnen an Schreibtischen, Kränen, Schreibmaschinen und wer weiß was noch allem unterging. Aber die Sache mit Tony D’Angelo ist astrein. Sie haben den Drucker ausfindig gemacht, und der hat ausgepackt.»
    «Und Tommy Baggio hat ihnen das abgekauft?» fragte Lanigan skeptisch.
    «An den Beweisen kam er nicht vorbei. Aber er sagt, daß er diesen Tony D’Angelo in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen hat. Er muß also für jemand anders gearbeitet haben. Er hat die Fiore-Brüder im Verdacht, weil er mal eine Anordnung durchgedrückt hat, die für Nachtklubs ein Uhr als Polizeistunde vorschreibt. Die fragen natürlich, wieso sie ihm bei der Wahl dazwischenfunken sollten, wo ihn die Stadt doch dann losgeworden wäre. So bleibt er Stadtrat und ist ihnen weiter ein Pfahl im Fleisch.»
    «Klingt vernünftig. Und was hat die Frau dazu gesagt?»
    «Die Frau? Ach, du meinst Mildred Hanson, mit der er zusammengelebt hat. Die ist weg. Aber dabei brauchst du dir nichts weiter zu denken. Frauen wie die sind ständig auf Achse.»
    «Der Wahlausschuß hat den Fall also zu den Akten gelegt? Gut, daß ich’s weiß. Schönen Dank für den Anruf, Chezzie.» Lächelnd legte er auf.
    Eine knappe halbe Minute später läutete das Telefon schon wieder. «Du hast mich abgehängt», beklagte sich Orlando.
    «Abgehängt?» wiederholte Lanigan harmlos. «Ich dachte, wir sind fertig, Chezzie?»
    «Tu nicht so unschuldig. Du kommst doch zu der Tagung?»
    «Warum muß es eigentlich immer Boston sein?»
    «Was denn sonst? Barnard’s Crossing vielleicht? Soll ich für dich und deine Frau ein Hotelzimmer reservieren?»
    «Was soll ich mit einem Hotelzimmer anfangen, Chezzie? In dreißig, vierzig Minuten fahr ich mit dem Auto hin.»
    «Ja, aber wir mußten beim Statler eine bestimmte Mindestabnahme an Zimmern garantieren.»
    «Nichts zu machen, Chezzie. Wenn’s irgend geht, komm ich, aber Übernachtung ist nicht drin.»
    «Aber für das Festbankett kann ich dich doch eintragen, oder?»
    Lanigan gab nach. «Meinetwegen.»

29
    «Die Jugend von heute!» Lanigan stieß den Satz hervor wie eine Obszönität. «Nichts lassen die sich sagen. Denken, daß sie alles besser wissen. Wir haben ihn in die Enge getrieben. Die Scherben, die am Tatort gefunden wurden, passen genau zu dem zerbrochenen Glas, das sie beim Ausbau des Scheinwerfers aus seinem Wagen

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