Eines Tages geht der Rabbi
großer Dummheit zeugen.»
«Aber manche Leute benehmen sich nun mal furchtbar dumm, David, wenn Sie nach einer Straftat erwischt werden, auch wenn es sonst ganz schlaue Burschen sind.»
Der Rabbi ließ nicht locker. «Sie haben mich nicht richtig verstanden. Wenn es ihm nur darum ginge, die Verantwortung an der Fahrerflucht von sich abzuwälzen, könnte er einigermaßen überzeugend darlegen, daß er nichts davon gewußt hat. Überzeugen würde das deshalb, weil er seinen Wagen offen und für jedermann sichtbar am Ende der Glen Lane abgestellt hat und nicht in der Garage. Außerdem hat er den Scheinwerfer erst am nächsten Nachmittag austauschen lassen, und zwar in einer hiesigen Werkstatt, obgleich er einen neuen Scheinwerfer ohne weiteres auch im Kaufhaus hätte erstehen können, bei Sears in Boston etwa, dort wäre er überhaupt nicht aufgefallen, niemand hätte sich an ihn erinnert.»
«Gewiß, aber –»
«Aber er leugnet, daß er überhaupt in der Glen Lane war, und beteuert, daß er an diesem Abend das Haus gar nicht verlassen hat.»
«Und wie erklärt er, daß das Glas aus seinem Scheinwerfer genau zu den Splittern am Tatort paßt?»
Der Rabbi lächelte. «Das streitet er ab. Er bezweifelt, daß die Scherben tatsächlich zusammenpassen.»
«Sie passen zusammen, das dürfen Sie mir glauben.»
«Er meint, die Polizei hätte es auf ihn abgesehen, weil er neu in der Stadt ist.»
«Glauben Sie das, David?»
«Natürlich nicht.»
«Aber trotzdem meinen Sie, daß er die Wahrheit sagt. Können Sie mir mal verraten, wie sich das miteinander vereinbart?»
«Vielleicht hat jemand seinen Wagen benutzt, während er zu Hause saß.»
Der Chief schüttelte den Kopf. «Unmöglich. Er hat gesagt, daß sein Wagen abgeschlossen war, und er hat ein Lenkradschloß. Gewiß, das hätte der Dieb wohl knacken können, aber das hätte man hinterher gemerkt.»
«Ich dachte nicht an einen Dieb», meinte der Rabbi. «Aber nehmen wir an, jemand hätte den Wagen mit seiner Erlaubnis benutzt, den Unfall gebaut und Fahrerflucht begangen …»
«Und warum hat er uns davon nichts gesagt?»
Der Rabbi zuckte die Schultern. «Vielleicht aus falsch verstandener Loyalität.» Er überlegte. «Oder aus Ritterlichkeit. Wenn es ein Mädchen war.»
«Haben Sie noch einen Grund? Abgesehen davon, daß Paul Kramer einfach nicht so dumm gewesen sein kann …»
Der Rabbi zögerte einen Augenblick. «Keinen vernünftigen Grund, eigentlich nur eine Bemerkung, und die kann auch nur ein Versprecher gewesen sein. Als er mir erzählte, was er in den letzten Tagen gemacht hat, sagte er, er sei am Mittwoch den ganzen Abend zu Hause gewesen, um für eine Klausur zu lernen. Dann sagte er: ‹Am nächsten Tag fuhren wir zur Uni.› Als ich wegen des ‹wir› nachfragte, meinte er, er habe sich und seinen Wagen gemeint.»
«Durchaus möglich. Die Jungen reden von ihren Mühlen wie Cowboys – oder jedenfalls Kino-Cowboys – von ihren Gäulen.»
«Ja, aber später sagte er: ‹Auf dem Heimweg hielt ich an, um zu tanken.› Wenn er sonst immer von sich und seinem Wagen als ‹ wir› sprach, wäre der Plural beim Tanken erst recht naheliegend gewesen.»
Lanigan griente. «Zugegeben, David – aber trotzdem ist es ziemlich dürftig. Was soll ich denn Ihrer Meinung nach tun?»
«Ich weiß nicht recht», sagte der Rabbi bedrückt. «Auf jeden Fall sollten Sie aufgeschlossen bleiben und die Möglichkeit im Auge behalten, daß er vielleicht am Mittwochabend noch jemanden im Wagen hatte.»
Lanigan schüttelte bedauernd den Kopf. «Für so eine Ermittlung habe ich nicht genug Personal. Ich kann meine Leute einfach nicht dransetzen, jeder noch so entfernten Möglichkeit nachzugehen. Wenn so was im Spiel ist, müßte er schon selbst die Karten auf den Tisch legen, denn im Augenblick sitzt er fest.»
31
Morris Halperin hatte sich Howard Magnuson gegenüber schon häufiger gefällig erwiesen, aber Magnuson hatte sich dafür mehr als großzügig revanchiert, indem er ihm mehrere lukrative Fälle hatte zukommen lassen. «Und denken Sie dran», hatte er gemahnt, «Sie tun sich keinen Gefallen damit, wenn Sie die hiesigen Gebühren berechnen. Sie haben es mit der Bostoner Filiale eines landesweiten Unternehmens zu tun, und für gute Arbeit zahlen die auch einen guten Preis.» Es war eine lohnende Geschäftsverbindung, und Halperin gab sich große Mühe, sie nicht abreißen zu lassen. Wenn Magnuson ihn sprechen wollte, war er immer für ihn da.
Es lag deshalb
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