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Eines Tages geht der Rabbi

Eines Tages geht der Rabbi

Titel: Eines Tages geht der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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zur Kenntnis gegeben, aber auch für den Fall, daß Sie diese Mitteilung nicht erhalten, steht hiermit der Termin fest, und Sie müssen erscheinen.»
    «Ja, Sir … Euer Ehren, meine ich.»
    Scofield war sehr zufrieden mit sich, weil er – wenn auch nur in einer Bagatelle – Venturo übertrumpft hatte. Es gelang ihm nicht, seinen Triumph für sich zu behalten. «Diesmal war ich Ihnen über, Charlie», sagte er zu seinem Rivalen, als sie den Gerichtssaal verließen.
    Venturo, der auf Grund langer Erfahrung keine andere Entscheidung erwartet hatte, lächelte. «Man kann nicht immer gewinnen. Daß der Gewinner eine Runde spendiert, ist Ihnen doch wohl klar …» Als sie später beim Kaffee saßen, fragte er: «Wie sind Sie eigentlich an diesen Fall geraten, Jack?»
    «Der Junge rief mich an. Er hat mich auf einer Party kennengelernt, wo ich während des Wahlkampfs mal kurz hereingeschaut hatte.»
    «Hat er was gezahlt?»
    «Nein, aber ich werde mit den Eltern reden, so bald sie zurück kommen, die zahlen bestimmt.»
    Venturo nickte. «Ja, in einer privaten Anwaltspraxis muß man das wohl manchmal so machen.»
    In Barnard’s Crossing erstattete Sergeant Dunstable Bericht. Lanigan war weder überrascht noch verärgert. «Das war ganz klar. Der Junge ist kein Verbrecher. Sie lassen die Leute in weit schlimmeren Fällen ohne Kaution laufen. Sonst wäre im Knast bald kein Zimmer mehr frei.»
    Er notierte sich den Verhandlungstermin auf seinem Kalender und schob den Fall zunächst beiseite. Trotz der von Rabbi Small angemeldeten Zweifel fand er, daß die Sache hieb- und stichfest war.
    Doch am Nachmittag des nächsten Tages stand der Diensthabende in der Tür zu Lanigans Büro. «Da will Sie jemand in der Sache Kramer sprechen, Chief. Der Fall von Fahrerflucht …»
    «Schicken Sie ihn rein.»
    «Es ist eine Sie.»
    «Auch recht.»
    Der Sergeant machte eine Kopfbewegung und trat dann zur Seite, um einer jungen Frau in Jeans und Sweatshirt mit hochgekrempelten Ärmeln Platz zu machen. Die offenbar blondierten Haare kringelten sich im Afrolook, an den Ohren baumelten schwarze Ohrringe, der farblose Lippenstift glänzte feucht. Die Augen waren sorgfältig geschminkt, oben blau und unten grün, schwarzer Lidstrich. Die Jeans saßen um den Po verführerisch knapp, und als sie zu dem Besucherstuhl ging, wippten die Brüste unter dem Sweatshirt.
    «Ich wollte Ihnen nur sagen, daß Sie das mit Paul Kramer ganz falsch sehen. Er war es nicht.»
    «Ach nee. Und woher wissen Sie das?»
    «Weil ich in der Nacht mit ihm zusammen war. Ab Viertel nach acht. Und er hat keinen Schritt aus dem Haus getan.»
    Lanigan, der sich gemütlich in seinem Drehstuhl zurückgelehnt hatte, richtete sich auf und sah sie scharf an. «Wie heißen Sie?»
    «Fran Kimball.»
    «Und Sie wohnen–»
    «Elm Street.»
    «Elm Street? Tom … nein, Ted Kimball?»
    «Das ist mein Vater, aber er lebt nicht mehr bei uns.»
    «Seit drei, vier Jahren, nicht?»
    «Eher sechs.»
    «Sie waren in der betreffenden Nacht mit Paul Kramer zusammen, sagten Sie. Bis wann?»
    «Bis zum nächsten Morgen, da sind wir zusammen zur Uni gefahren.»
    «Sie haben die Nacht mit ihm verbracht?»
    «Genau.»
    «Wußte Ihre Mutter davon?»
    «Natürlich nicht. Ich hab mir von meiner Freundin, von Beth McAllister, ein Alibi geben lassen. Ich, das heißt, wir beide, Paul und ich, hatten nämlich am nächsten Tag diese Klausur –»
    «Sie studieren an der Northeastern?»
    «Ja. Unternehmensführung, letztes Studienjahr. Paul ist erst im zweiten Jahr, aber das Seminar über amerikanische Literatur machen wir zusammen, das ist nämlich Pflichtfach, und wir sitzen nebeneinander, weil unsere Namen so nah beieinander sind. Im Alphabet, meine ich. Kimball und Kramer. Und manchmal nimmt er mich im Wagen mit. Und an dem Mittwoch sind wir zusammen nach Hause gefahren und haben über die Klausur gesprochen, und er hat gesagt, daß er gut drauf vorbereitet ist. Er hat nämlich ’ne Menge in der Antenne.»
    «In der Antenne?»
    «Auf dem Kasten. Er büffelt unheimlich viel. Ich wollte aus dem ‹College-Wissen› lernen, das ist ein Wälzer, da stehen die Inhaltsangaben von den Büchern drin, aber zu Hause hab ich gemerkt, daß ich das Ding nicht hatte. Das ‹College-Wissen› , meine ich. Ich hatte es im Garderobenschrank in Boston liegenlassen. Und da hab ich ihn natürlich gefragt, ob er mir sein Exemplar borgt, und er hat gesagt, er hat es gar nicht, weil er das ganze Zeug richtig liest.»
    «Nicht

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