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Eines Tages geht der Rabbi

Eines Tages geht der Rabbi

Titel: Eines Tages geht der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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waren.»
    «Beth McAllister hat es gewußt.»
    «Das kann man so nicht sagen. Sie hat von Ihnen eine Telefonnummer bekommen, es ergab sich aber für sie keine Gelegenheit, dort anzurufen. Ihre Mutter wußte es nicht, niemand hat Sie ins Haus der Kramers gehen oder am nächsten Morgen herauskommen sehen.»
    Wieder schüttelte sie den Kopf, dann meinte sie mit einem leicht lasziven Lächeln: «Paul hat es gewußt.»
    «Schön, der hat es also gewußt. Es kann sein, daß ich Sie bitten muß, noch einmal herzukommen, dann setzen wir ein Protokoll auf, und das müßten Sie unterschreiben.»
    «Muß das meine Mutter erfahren?»
    «Unter Umständen.»
    «Das möchte ich nämlich nicht. Ich meine … ach, Sie wissen schon, wie ich es meine. Aber ich möchte auch nicht, daß Paul ins Gefängnis kommt oder so, wo er es doch nicht war. Als gute Staatsbürgerin war ich mir das einfach schuldig, finde ich.»

33
    Magnuson hatte zwar gesagt, er würde nur anstandshalber mit Rabbi Small sprechen, aber er dachte bei sich, daß der Rabbi wahrscheinlich doch bereit sein würde, die Trauung vorzunehmen. Während seiner kurzen Bekanntschaft hatte er den Rabbi als einen vernünftigen Mann schätzen gelernt. Er, Magnuson, hatte ihm einen – nicht einmal erbetenen – Gefallen getan, indem er sein Gehalt beträchtlich aufgestockt hatte. In Magnusons Welt war es üblich, sich für einen Gefallen zu revanchieren. Wer sich einen Gefallen erweisen ließ, übernahm gleichzeitig eine Verpflichtung, und wer einer solchen Verpflichtung nicht nachkam, war undankbar und kein Gentleman. Als er den Rabbi aufsuchte, war er deshalb fest von dem Erfolg seiner Mission überzeugt und hatte sich darauf eingestellt, nur Details zu besprechen. «Ich habe da ein Problem», fing er an.
    «Wenn ich Ihnen helfen kann …»
    «Meine Tochter will heiraten.»
    «Massel tov! Wann soll es denn sein? Ist es ein Hiesiger?»
    «Ja, das ist er.»
    «Ich frage deshalb», fuhr der Rabbi fort, «weil ich nach Möglichkeit vorher gern noch einmal mit dem Brautpaar spreche.»
    «Es ist der republikanische Kandidat für den Senat.»
    «Aber das ist doch–»
    «John Scofield», ergänzte Magnuson.
    Deshalb also, dachte der Rabbi, hatte Lanigan damals gesagt, die Juden würden wohl für Scofield die Werbetrommel rühren. Aber er sagte nur: «Ich wußte nicht, daß er Jude ist.»
    «Ist er auch nicht.»
    «Er will also konvertieren.»
    «Leider nein, Rabbi. Das kommt nicht in Frage.»
    Der Rabbi schwieg einen Augenblick. «Dann planen Sie also eine Ziviltrauung?» fragte er leise.
    «Laura besteht darauf, sich von einem Rabbi trauen zu lassen. Daß Sie es nicht in der Synagoge machen können, ist mir klar», fuhr er rasch fort. «Aber wir wollten sowieso eine Haustrauung, wir könnten es bei entsprechendem Wetter im Garten …»
    «Es ist überhaupt nicht zu machen», sagte der Rabbi entschieden.
    «Sie meinen–»
    «Eine religiöse Trauung ist nur möglich, wenn beide Partner Juden sind. Wenn einer der Beteiligten kein Jude ist, kann man ebensowenig eine religiöse Trauung vornehmen – eine Trauung nach jüdischem Ritus –, als wenn beide Partner nicht jüdischen Glaubens wären. Es wäre ein Widerspruch in sich.»
    «Aber … Sehen Sie, Rabbi, ich weiß, daß es hier um Religion geht, und Religion ist eine wichtige Sache. Aber wenn ein Brautpaar zu Ihnen kommt und sagt, es will sich trauen lassen, fragen Sie dann bei den beiden die Glaubenssätze ab, oder sagen Sie: ‹Herzlichen Glückwunsch, Mr. Goldstein, Miss Cohen, wann soll die Hochzeit sein? Und brauchen Sie das Vestibül?› Dabei können beide ausgewachsene Atheisten sein.»
    «Sehr richtig.»
    «Aber dann–»
    Der Rabbi seufzte. «Bedauerlicherweise scheinen Außenstehende, besonders unsere schlimmsten Feinde, die Situation besser zu verstehen als viele Juden. Zumindest haben sie begriffen, daß es eine Frage der Herkunft ist. Jude bleibt Jude, auch wenn er nie in seinem Leben eine Synagoge betritt. Wir sind ein Stamm, eine Familie, wenn Sie so wollen, die Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs. In manchen primitiven Stämmen werden Ehen stets mit Stammesfremden geschlossen. Exogamie nennen das die Anthropologen. In anderen Stämmen ist es üblich, nur innerhalb des Stammes zu heiraten, das nennt man dann Endogamie. Wir Juden sind endogam, das ist die Tradition, die Sitte, das Gesetz des Stammes. Weil wir glauben, daß wir – als Stamm, wohlgemerkt – einen Vertrag mit Gott geschlossen haben. Im Rahmen dieses

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