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Eines Tages geht der Rabbi

Eines Tages geht der Rabbi

Titel: Eines Tages geht der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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sagt er einfach, er hat den Mann auf der Fahrbahn liegen sehen. Dann hockt er sich hin, um das Glas neben der Leiche zu deponieren, und wenn jemand just in diesem Augenblick vorbeikommt – was ist naheliegender, als sich hinzuhocken, wenn man sehen will, ob einer noch lebt?» Er rückte sich auf seinem Stuhl zurecht, um an seine Hüfttasche zu kommen, und steckte das Taschentuch weg. «Ein bißchen ungewöhnlich, das wohl, aber –» Er unterbrach sich unvermittelt. Sein Adamsapfel hüpfte nervös.
    «Hör mal, Hugh, wenn nun der Typ – der Fahrer, meine ich – sauer auf das Mädchen war? Vielleicht war er scharf auf sie, war eifersüchtig … verstehst du?»
    «Und wieso sollte er deshalb Krämer eins auswischen?»
    «Na, wenn du einen Typ mit deiner Freundin siehst und–»
    «Woher sollte er denn wissen, daß sie bei Kramer war?»
    «Vielleicht hat die McAllister was gesagt, vielleicht hat er sie ins Haus gehen sehen …»
    «Möglich», sagte Lanigan.
    Eine Weile saßen sie da und überlegten schweigend. Dann sagte Jennings: «Ist dir eigentlich klar, daß wir noch mal ganz von vorn anfangen müssen, wenn das stimmt, was das Mädchen gesagt hat?»
    Lanigan nickte düster. «Und wir haben nicht die kleinste Spur.»
    «Wir haben Morris Halperin», meinte Jennings.
    «Den Stadtsyndikus? Komm, Eban, was soll denn der dabei?»
    «Er war am Tatort. Er hat es gemeldet», beharrte Jennings. Dann fuhr er ganz aufgeregt fort: «Ich war an dem Abend bei der Magistratssitzung und er auch. Sah ziemlich wacklig aus. Hatte einen mordsmäßigen Schnupfen. Hinterher gehen wir immer noch auf ein Bier ins Ship ’s Galley. Und da haben sie sich über Halperin amüsiert. Tom Bradshaw hatte ihm offenbar einen tüchtigen Whiskey aufgedrängt, wegen der Erkältung, und einige fanden, daß er bei der Sitzung ein bißchen kariert geredet hat.»
    «Na und?»
    «Vielleicht ist ihm der Drink zu Kopf gestiegen. Vielleicht war er angetrunken.»
    «Von einem Glas?»
    «Wenn’s ein großes Glas war und er das Trinken nicht gewöhnt ist – warum nicht? Und wenn ihm sowieso schon mies war und er irgendwas genommen hatte. Oder vielleicht hat er sich unterwegs noch einen genehmigt. Er ist nicht auf direktem Wege nach Hause gefahren, soviel steht fest, denn was hatte er in der Glen Lane zu suchen, wenn er nach Hause wollte? Das ist ein riesiger Umweg. Er ist also ein bißchen beduselt und fährt den Mann über den Haufen, weil er nicht damit gerechnet hat, daß jemand auf der Fahrbahn rumläuft, besonders nicht um diese Zeit.»
    «Ja, aber wieso sollte er dann einen Scheinwerfer kaputtschlagen und einem anderen die Schuld in die Schuhe schieben?»
    «Weil so was ihn die Karriere kosten könnte.»
    «Ein Unfall kann jedem mal passieren. Und ein Typ wie Halperin würde sich damit bestimmt bei der Polizei melden.»
    «Aber wenn er alkoholisiert war … oder sich das zumindest einbildete …»
    «Na, immerhin hat er es gemeldet. Er hat den Streifenwagen verständigt.»
    «Klar, weil er sich sagte, daß die Cops von der Streife ihn vielleicht gesehen hatten. Aber er ist nicht ausgestiegen und nichts, er hat nur gesagt, daß jemand auf der Fahrbahn liegt, und da sind sie natürlich sofort hin.»
    «Hm.» Lanigan kaute an der Unterlippe herum. «Schaden kann es nichts, der Sache nachzugehen. Aber ich kann ihn nicht so ohne weiteres damit konfrontieren, schließlich ist er der Stadtsyndikus. Wir müssen das ein bißchen vorbereiten. Ich könnte ihn herbitten, wegen des Protokolls. Und wenn sein Wagen auf dem Parkplatz steht, könntest du ihn dir mal ansehen.»
    Jennings griente. «Falls ich zufällig da bin, wenn er kommt, und wenn der Parkplatz sehr voll ist, könnte ich ihn ja fragen, ob er nicht in der Garage parken will.»
    «Schön, versuchen wir’s mal so. Aber jetzt ruf ich doch den District Attorney an und sag ihm, was die Kimball uns erzählt hat.»
    «Und was wird er machen?»
    «Er soll den Anwalt des Beschuldigten verständigen, und der kann dann machen, was er will.»

35
    «Ich gebe zu, daß ich Rabbi Small falsch beurteilt habe», sagte Howard Magnuson ernst, als Morris Halperin Platz genommen hatte. «Ich habe ihn für einen Gentleman gehalten. Ich habe mich geirrt.»
    «Na so was …»
    Magnuson nickte. «Ich habe gedacht, er würde sich bemühen, mir aus der Verlegenheit zu helfen. Aber er blieb ganz hart. Ich habe offen zugegeben, daß ich ein bißchen in der Klemme stecke, aber das hat ihn überhaupt nicht gerührt. Als ich ihn

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