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Eines Tages geht der Rabbi

Eines Tages geht der Rabbi

Titel: Eines Tages geht der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Aussagen vor Gericht. In unserem Fall reicht es aber wohl kaum zu einer Anklage, höchstens für vorsätzliche Zerstörung von Eigentum.»
    «Und daß er die Scherben neben den Toten auf die Fahrbahn gelegt hat, ist das gar nichts?»
    «Ja, das wäre dann Behinderung der Polizei. Aber ich halte weder das eine noch das andere für wahrscheinlich.»
    «Können Sie der Sache nicht nachgehen?»
    Lanigan schüttelte den Kopf. «Ich habe nichts mehr damit zu tun, David, zuständig ist jetzt der District Attorney. Sollte neues Beweismaterial auftauchen, würde ich es prüfen, ehe ich es an den D. A. weitergebe. Aber ich kann nicht, nachdem wir hieb- und stichfeste Beweise gegen Kramer haben, mit der Stange im Nebel herumstochern. Dazu habe ich einfach nicht genug Leute.»
    «Sie werden aber zumindest aufgeschlossen bleiben?»
    «Das bin ich immer – soweit wie möglich.»
    Der Rabbi stand auf und war schon an der Tür, als Lanigan fragte:
    «Wie geht’s Jonathan?»
    «Danke, gut. Warum fragen Sie?»
    «Ich sehe ihn jetzt oft nachmittags in der Stadt.»
    «Er hilft nach der Schule neuerdings bei der Wahlkampfzentrale der Republikaner, das bringt ein bißchen Taschengeld.» Er lächelte belustigt. «Inzwischen überlegt er, ob er nicht in die Politik gehen soll.»
    «Ach, ist er von der Neurochirurgie wieder weg? Na, hoffentlich hält die neue Phase nicht zu lange an.»
    «Das hoffe ich auch», sagte der Rabbi.

41
    Halperin lachte leise, als er die Stimme am anderen Ende der Leitung hörte, die in feierlich-getragenem Ton verkündete: «Hier Rabbi Halperin.»
    «Mach’s halblang, Herb», sagte er vergnügt. «Ich bin’s.»
    «Morris.» Das klang fast eine halbe Oktave höher und plötzlich besorgt. «Wie geht’s dir denn? Ist was mit dir?»
    «Nein, wenn man davon absieht, daß ich hier sitze und mein kleiner Bruder weit weg in einem Provinznest, das man auf keiner Karte findet. Jetzt hör mal zu, Herbie, ich habe da einen Vorschlag.» Er erläuterte ihm, was in der Synagoge anlag.
    Sein Bruder hörte geduldig zu, dann sagte er: «Es würde mich schon reizen, Morris, aber es geht doch nicht. Mich an einer Verschwörung zu beteiligen, um einem Kollegen den Job wegzunehmen, das bringe ich einfach nicht fertig. Und von eurem Rabbi Small hört man ja Wunderdinge. Er soll ein richtiger Gelehrter sein. Im letzten Quarterly war ein Artikel von ihm.»
    «Hör zu, mein Junge, wenn er geht, hat das nichts mit dir zu tun. Wir trennen uns von ihm, weil wir ihn nicht mehr haben wollen. Wunderdinge hin, Wunderdinge her – mit der Gemeinde kommt er nicht zurecht. Aber das war eigentlich immer so. Schon ein paarmal wäre er fast geflogen. Wenn du den Job nicht willst, nimmt ihn ein anderer. Warum also nicht?»
    «Ja, aber die Sache mit der Trauung …»
    «Na ja, wir müssen alle hin und wieder ein bißchen zurückstecken. Und hast du nicht als Rabbi der Studentengemeinde mal dasselbe gemacht? Als die Tochter des Dekans den Professor heiratete …»
    «Das war etwas ganz anderes. Ihre Großmutter war Jüdin, deshalb war ihre Mutter Jüdin–»
    «Ja, genauso, wie ich Ire bin.»
    «Ich meine, nach der Halacha –»
    «Komm mir nicht mit der Halacha. Du hast damals ein Auge zugedrückt, das weißt du ganz genau. Mehr verlange ich jetzt auch nicht von dir. Keiner wird es erfahren. Wenn eine Anzeige in die Zeitung kommt, unterschlagen wir deinen Namen oder schreiben ihn falsch. Es ist eine Haustrauung. Gib mir mal Dolly …»
    «Ich bin am Nebenapparat, Morris», sagte die Frau des Rabbi.
    «Na wunderbar, dann weißt du ja, worum es geht. Hör mal, du mußt Herbie bearbeiten. Das ist seine große Chance. Weißt du, wer das ist, der Präsident unserer Gemeinde? Howard Magnuson. Von Magnuson & Beck. Und jetzt will ich dir mal was sagen, was das für ein Mann ist. Er hat mir drei Fälle vermittelt – nur drei Fälle bisher –, mit denen hab ich mehr verdient, als mir meine ganze Praxis im letzten Jahr eingebracht hat. Er hat mir eingeschärft, nicht zu wenig zu verlangen, weil ihm das unangenehm wäre. Das ist der Mann, mit dem Herbie es zu tun hätte.»
    «Ja, aber du hast gesagt, es wäre nur auf Zeit. Wie sollen wir das verstehen?»
    «Du weißt doch, wie so was läuft, Dolly. Es ist genaugenommen eine Probezeit. Wir schicken ihm nicht unsere Ritualkommission auf den Hals. Ich werde ihnen den Videoclip zeigen, aber trotzdem – wir nehmen ihn gewissermaßen unbesehen. Aber wenn er keinen Mist baut, wenn er sich keinen Ärger

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