Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eines Tages geht der Rabbi

Eines Tages geht der Rabbi

Titel: Eines Tages geht der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
Vom Netzwerk:
waren diese zwanzig Jahre sehr schön.» Er rieb sich das Kinn, um die Gehirntätigkeit anzuregen. «Aber wenn dem Rabbi wirklich etwas an seiner Gemeinde liegt, wenn sie nicht nur eine Schafherde ist, die ihn als Hirten sieht, muß es ab und zu Reibereien geben. Wie in einer guten Ehe.»
    Sie kicherte. «Herren- oder Damenschuhe?»
    «Wie meinst du?»
    «In deinem Laden … Würdest du da Herren- oder Damenschuhe verkaufen?»
    «Damenschuhe natürlich, und zwar nur kleine Größen, damit ich recht viele junge, hübsche Kundinnen bedienen kann.»
    Sie hörten Getrampel auf der Treppe, und Jonathan kam gähnend und sich reckend herein. «Fahren oder laufen wir, Dad?»
    Miriam kam David zuvor. «Vater geht heute nicht zum Minjan, Jonathan, und es ist vielleicht besser, wenn du dein Morgengebet auch zu Hause verrichtest.»
    «Okay, ich geh nach oben.» Bis auf die schulfreien Tage, den Samstag und den Sonntag, betete er zu Hause. Am Wochenende ging er mit seinem Vater zum Minjan. Und natürlich war ihm das Gebet zu Hause lieber, weil es schneller ging und man nicht, wie beim Minjan, auf den zehnten Mann zu warten brauchte.
    Als er wieder draußen war, sagte der Rabbi: «Weißt du eigentlich, Miriam, daß Jonathan nicht viel jünger ist als Paul Kramer?»
    «Und?»
    «Wenn er in so eine Sache verwickelt würde …» Er unterbrach sich und schwieg einen Augenblick. Dann sagte er: «Ich glaube, ich fahr mal eben durch die Glen Lane.»
     
    Rabbi Small fuhr die Glen Lane entlang bis zur High Street, wendete und machte sich ganz langsam wieder auf den Rückweg. Als er zu der Stelle kam, an der D’Angelo seinen Wagen abgestellt hatte, parkte er und stieg aus. Er kannte zwar die Straße, merkte aber beim Gehen, daß sie länger war, als er gedacht hatte. Beim Fahren war ihm bisher auch noch nie aufgefallen, daß sie in Richtung Maple Street stark anstieg. Vom höchsten Punkt der Straße aus hatte er freien Blick bis zur Maple Street. Er drehte sich um und zählte die Schritte bis zu seinem Wagen aus.

43
    «Der Laborbericht über Halperins Wagen ist da», verkündete Lieutenant Jennings und setzte sich auf den Besucherstuhl.
    «Und?» fragte Lanigan erwartungsvoll.
    «Einer der Abdrücke ist erfolgversprechend.»
    «Wie soll ich das verstehen?»
    «Wenn wir noch andere positive Abdrücke finden, ist der hier auch zu gebrauchen.»
    «Aber ohne positive Abdrücke?»
    «Fehlanzeige. Oder doch nicht ganz. Einer der Fäden am Scheinwerferrand von Halperins Wagen entspricht Fasern, die an Kramers Scheinwerfer sichergestellt wurden.» Er sah auf. «Wir haben also zwei Chancen. Die Glen Lane, wo der Mann über den Haufen gefahren worden ist, und die Stelle, an der Kramers Scheinwerfer kaputtgeschlagen wurde. Daß es sich um denselben Täter handelte, dürfte wohl feststehen. Wenn wir ihm also die Sache mit dem Scheinwerfer nachweisen können, war es eindeutig Fahrerflucht. Als mögliche Herkunft der Fasern steht hier: Frotteestoff.»
    «Na, wenn schon», sagte Lanigan wegwerfend. «Er wischt seinen Scheinwerfer mit einem Frotteetuch ab, oder der Tankwart macht es, und da bleiben ein paar Fusseln in dem Spalt zwischen Chrom und Kotflügel hängen. Wetten, daß wir die auch an meinem oder deinem Wagen finden?»
    «Stimmt schon», sagte Jennings entmutigt. «Also streichen wir Morris Halperin?»
    «Ich will mal so sagen: Wir kochen ihn zunächst auf Sparflamme. Ich habe mich inzwischen ein bißchen mit Tom Blakeley beschäftigt.»
    «Ach?»
    «Gestern abend bin ich in die Maple Street gefahren und habe vor dem Haus der Desmonds gehalten. Und im Rückspiegel konnte ich bis zum Haus der Kramers sehen.»
    «Na und?»
    «Nehmen wir mal an, Tom Blakeley besucht Aggie Desmond. Das heißt, das wissen wir sogar genau, weil er im Ship’s Galley davon erzählt hat. Billy Dunstable hat es gehört. Er stellt seinen Wagen ungefähr da ab, wo ich gestanden habe. Er wartet, bis sie rauskommt. Und während er im Wagen sitzt, kommt Fran Kimball vorbei. Vielleicht spricht er sie an, er war ja mal scharf auf sie, vielleicht winkt sie, vielleicht reckt sie aber auch nur die Nase hoch und geht weiter. Er beobachtet sie im Rückspiegel und sieht, wie sie im Haus von Krämer verschwindet.»
    «So weit, so gut …»
    «Aggie versetzt ihn, oder sie kommt raus und sagt, daß sie nicht mitkommen kann. Er hat eine Wut auf Aggie, oder vielleicht ist er auch sauer auf Fran, weil sie getan hat, als ob er Luft für sie ist. Als ich sie fragte, ob sie auf ihrem Weg

Weitere Kostenlose Bücher