Einfach göttlich
nicht erträumen kann. Pyramiden, so groß, daß sie bis zum Himmel emporreichten. Tausende wurden geopfert. Um des Ruhmes willen.
Unbehagen erfaßte Om. Dies war nicht nur irgendein geringer Gott, sondern ein geringer Gott, der einst große Macht genossen hatte…
Wer bist du?
Und Tempel. Ich, ich, mir, mich. Tempel, wie man sie sich besser nicht erträumen kann. Pyramiden, so groß, daß sie bis zum Himmel emporreichten. Um des Ruhmes willen. Tausende wurden geopfert. Mir. Um des Ruhmes willen.
Und Tempel. Mir, mich, mir. Um des Ruhmes willen. Ruhmvolle Tempel, wie man sie sich besser nicht erträumen kann. Große Pyramiden, Traumtempel bis zum Himmel empor. Mir, mich. Opfer. Traum. Tausende wurden geopfert. Mir des Ruhmes willen Himmel Ruhm.
Du warst der Gott jenes Reiches? brachte Om mühsam hervor.
Tausende wurden geopfert. Um des Ruhmes willen.
Hörst du mich?
Tausende von Opfern, großer Ruhm. Ich, ich, mir, mich.
Wie lautete dein Name? fragte Om.
Name?
Heißer Wind wehte über die Wüste; einzelne Sandkörner rollten hin und her. Das Echo des einst großen Gottes wurde von der Brise erfaßt und segelte davon, drehte sich dabei mehrmals hilflos um die eigene Achse und verschwand schließlich zwischen den Felsen.
Wer warst du?
Keine Antwort.
So geschieht es, dachte Om. Es war schon schlimm genug, ein geringer Gott zu sein – obgleich die einzelnen geringen Götter kaum wußten, in welcher entsetzlichen Situation sie sich befanden, weil es ihnen an der Möglichkeit mangelte, die eigene Lage zu verstehen. Sie spürten nur etwas, vielleicht den Keim der Hoffnung, eines Tages Wissen erlangen und erneut Glaubenskraft bekommen zu können, so daß sie mehr wurden, als sie jetzt waren.
Aber ein Großer Gott gewesen zu sein und sich daran zu erinnern, das gegenwärtige Elend mit der einstigen Macht vergleichen zu können, während man im Wind über jenen Sand hinwegtrieb, der von den Tempeln übriggeblieben war…
Om drehte sich um und wanderte mit stummelartigen Beinen durch die Höhle, bis er zu Bruthas Kopf kam. Mit dem Panzer stieß er mehr oder weniger behutsam dagegen.
»Wasn?«
»Wollte nur feststellen, ob du noch lebst.«
»Fgfl.«
»Alles klar.«
Om kehrte zum Höhleneingang zurück, um dort weiter Wache zu halten.
Angeblich gab es Oasen in der Wüste, aber nie befanden sie sich zweimal am gleichen Ort. Von einer solchen Wüste konnte man keine Karten anfertigen – sie tötete die Kartenzeichner.
Und dann die Löwen. Om erinnerte sich an sie. Dürr und hungrig, nicht so stolz und majestätisch wie die Exemplare in der Steppe von Wiewunderland. Mehr Wolf als Löwe, mehr Hyäne als Wolf. Nicht besonders mutig. Eine hartnäckige, entschlossene Feigheit, die sehr gefährlich werden konnte…
Löwen.
Lieber Himmel…
Om begriff, daß er Löwen finden mußte.
Weil sie tranken.
B rutha erwachte, als das Licht des Nachmittags durch die Wüste kroch. Schlangengeschmack klebte ihm am Gaumen.
Om rammte ihm seinen Schildkrötenpanzer an den Fuß.
»Na los, na los, du verpaßt den besten Teil des Tages.«
»Gibt es hier irgendwo Wasser?« murmelte der Novize mühsam.
»Ja. Die Entfernung beträgt nur acht Kilometer – wir haben enorm viel Glück.«
Brutha richtete sich auf. Jeder Muskel schmerzte.
»Woher willst du das wissen?’«
»Ich spüre es. Immerhin bin ich ein Gott.«
»Du hast gesagt, zu solchen Dingen seiest du nicht imstande. Du hast gesagt, daß du nur Absichten und Gefühle von Personen spürst.«
Om fluchte lautlos. Brutha vergaß einfach nichts.
»Die Sache ist etwas komplizierter«, log er. »Vertrau mir. Komm jetzt, wir müssen das letzte Licht des Tages ausnutzen. Und vergiß den lieben, hilfsbedürftigen Vorbis nicht.«
Der Diakon lag zusammengerollt auf dem Boden, und der Blick seiner trüben, leeren Augen schweifte in die Ferne. Als der Novize ihm half, stand er wie jemand auf, der noch immer schlief.
»Vielleicht kam er irgendwie mit Gift oder so in Berührung«, vermutete Brutha. »Im Meer gibt’s Tiere mit Stacheln und Dornen. Und giftige Korallen. Er bewegt immer wieder die Lippen, aber es kommt nichts heraus. Ich weiß nicht, was er zu sagen versucht.«
»Nimmt ihn mit«, erwiderte Om. »O ja, nimm ihn nur mit.«
»Gestern abend hast du mich aufgefordert, ihn im Stich zu lassen«, entsann sich Brutha.
»Tatsächlich?« Om gab sich völlig unschuldig. »Nun, vielleicht bin ich in Ethik gewesen und habe dort meine Meinung geändert. Jetzt weiß ich,
Weitere Kostenlose Bücher