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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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mit anderen Dingen beschäftigt«, fügte Vorbis hinzu. »Mit Dingen, die seine ganze Aufmerksamkeit verlangen. Und um die er sich ganz persönlich kümmern muß.«
     
    F ri’it öffnete die Augen, und Gräue flutete ihm entgegen.
    Er sah das Zimmer, in dem er sich befand, aber auf eine seltsame Weise. Kanten und Konturen schien es irgendwie an Substanz zu mangeln.
    Das Schwert…
    Er hatte das Schwert fallen gelassen, aber vielleicht fand er es wieder. Der General trat einen Schritt vor, fühlte dabei einen leichten Widerstand im Bereich der Fußknöchel und senkte den Kopf.
    Dort lag das Schwert. Doch die tastenden Finger fuhren einfach hindurch. Es war wie im Rausch, aber Fri’it wußte, er war nicht betrunken. Ebensowenig ließ sich sein gegenwärtiger Zustand mit dem Wort nüchtern beschreiben. Jeder noch so ferne mentale Nebel hatte sich plötzlich aufgelöst und bescherte ihm einen völlig klaren Verstand.
    Er drehte sich um und betrachtete jenes Etwas, das seinen Bewegungen Widerstand entgegengesetzt hatte.
    »Oh«, sagte er.
    GUTEN MORGEN.
    »Oh.«
    ZU ANFANG ERSCHEINT ALLES RECHT VERWIRREND. DAS IST VÖLLIG NORMAL.
    Erschrocken sah Fri’it, wie die große dunkle Gestalt durch die graue Wand schritt.
    »Warte!«
    Der von einer Kapuze umhüllte Totenschädel kehrte durch die Wand zurück.
    JA?
    »Du bist der Tod, nicht wahr?«
    IN DER TAT.
    Fri’it versuchte, sich so würdevoll zu benehmen, wie es ihm noch möglich war.
    »Ich kenne dich«, sagte er. »Ich bin dir oft begegnet.«
    Tod musterte ihn eine Zeitlang.
    NEIN, AUSGESCHLOSSEN.
    »Ich versichere dir…«
    DU HAST MENSCHEN GESEHEN. WENN DU MIR GEGENÜBERGETRETEN WÄRST, KÖNNTE ICH MICH BESTIMMT AN DICH ERINNERN.
    »Was geschieht jetzt?«
    Tod zuckte mit den Schultern.
    WEISST DU DAS NICHT? erwiderte er und verschwand erneut.
    »Warte!«
    Fri’it eilte durch die Wand und stellte überrascht fest, daß er sie ebenso mühelos durchschreiten konnte wie leere Luft. Er gelangte in einen Korridor; vom Tod fehlte weit und breit jede Spur.
    Kurz darauf begriff er: Diesen Korridor hatte er noch nie gesehen. Hier gab es keine Schatten und auch keinen knirschenden Sand unter den Sandalen.
    Dieser Gang hatte außerdem ein Glühen in der Ferne, das auf den General die gleiche Wirkung ausübte wie ein Magnet auf Eisen.
    Das Unvermeidliche ließ sich nicht aufhalten. Früher oder später mußte man sich ihm stellen.
    Zum Beispiel jetzt.
    Fri’it wanderte durch das Glühen und erreichte die Wüste. An einem dunklen Himmel, der sich über schwarzem Sand wölbte, leuchteten Sterne. Doch die Landschaft war nicht wirklich finster. Jedenfalls nicht so finster, wie jene Finsternis, an die sich der General erinnerte: Er konnte selbst weit entfernte Einzelheiten noch erkennen.
    Eine Wüste. Nach dem Tod… Die Wüste. Keine Höllen. Zumindest im Moment noch nicht. Vielleicht gab es Hoffnung.
    Ein Lied aus seiner Kindheit fiel ihm ein, und erstaunlicherweise drehte sich der Text nicht um Ungläubige, die von göttlichen Hufen zermalmt wurden. Mit anderen Worten: Es ging nicht um Om und Seinen schrecklichen Zorn. Nein, das Lied war wesentlich anspruchsloser, sorgte mit einfachen Wiederholungen für einen Schrecken ganz besonderer Art.
    Durch eine weite Wüste mußt du gehen…
    »Wo befindet sich dieser Ort?« fragte Fri’it heiser.
    DIES IST KEIN ORT, antwortete Tod.
    Ganz allein mußt du durch die weite Wüste gehen…
    »Was erwartet mich am Ende der Wüste?«
    DAS URTEIL.
    Dieser Weg ist dir bestimmt…
    Fri’it starrte über die endlose, eintönige Landschaft.
    »Ganz allein muß ich mich auf den Weg machen?« hauchte er. »Aber in dem Lied ist von einer schrecklichen Wüste die Rede…«
    JA? NUN, WENN DU MICH JETZT BITTE ENTSCHULDIGEN WÜRDEST…
    Tod verschwand.
    Aus reiner Angewohnheit atmete Fri’it tief durch. Vielleicht fand er dort draußen zwei Steine. Einen kleinen, den er in der Hand halten konnte, und einen großen, hinter dem er sich verstecken konnte, während er auf Vorbis wartete…
    Solche Überlegungen kamen einer weiteren Angewohnheit gleich. Rache? Hier?
    Der General lächelte.
    Sei vernünftig, Mann. Du bist Soldat gewesen. Dies ist eine Wüste. Du bist oft in Wüsten unterwegs gewesen.
    In Wüsten überlebte man durch Anpassung. Es gab Stämme, die in den schlimmsten Wüsten zurechtkamen. Indem sie Kondenswasser von den Schattenseiten der Dünen leckten… Etwas in der Art. Solche Leute hielten die Wüste für ihre Heimat. In einem

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