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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Gottesflosse auseinandergebrochen war, aber erstaunlicherweise bot sie sich ihm heil dar. Zumindest in einer gewissen Weise.
    »Äh«, sagte er. »Das Meer scheint verschwunden zu sein.«
    JA.
    »Und das Land auch.«
    Der Kapitän klopfte auf die Reling. Sie war grau und halb durchsichtig.
    »Äh. Ist das Holz?«
    ES HANDELT SICH UM EINE MORPHISCHE ERINNERUNG.
    »Wie bitte?«
    DU BIST SEEMANN GEWESEN. SICHER HAST DU IRGENDWANN EINMAL GEHÖRT, DASS MAN VON EINEM SCHIFF SO SPRACH, ALS SEI ES LEBENDIG.
    »Ja. Man kann keine Nacht an Bord eines Schiffes verbringen, ohne den Eindruck zu gewinnen, es hätte eine Seele…«
    GENAU.
    Die Erinnerung der Gottesflosse segelte durch Stille. In der Ferne seufzte leise der Wind oder eine Erinnerung daran. Die Überbleibsel heftiger Böen…
    »Äh«, wiederholte der Kapitän. »Hast du eben ›bist… gewesen‹ gesagt?«
    JA.
    »Dann habe ich also richtig gehört.«
    Der Kapitän blickte zum Hauptdeck. Dort versammelte sich die Besatzung und sah erwartungsvoll zu ihm auf.
    Daneben bewegte sich etwas anderes: Die Ratten des Schiffes hatten Aufstellung bezogen, und vor ihnen zeigte sich eine kleine, in einen Kapuzenumhang gehüllte Gestalt.
    QUIEK, sagte sie.
    Selbst Ratten haben einen Tod, dachte der Kapitän.
    Des Menschen Tod trat beiseite und winkte.
    DU KANNST DEN KURS BESTIMMEN.
    »Aber… Wohin sollen wir segeln?«
    WAS WEISS ICH?
    Der Kapitän tastete hilflos nach dem großen Steuerrad.
     
    » H ier gibt es keine mir vertrauten Sterne! Und wir haben keine Karten. Welche Winde wehen an diesem Ort? Wie sind die Strömungen beschaffen?«
    Tod zuckte mit den Schultern.
    Der Kapitän verharrte in Unschlüssigkeit, während das Schiff ziellos durch das Phantom eines Meeres glitt.
    Nach einer Weile erhellte sich seine Miene. Das Schlimmste hatte er bereits hinter sich. Erstaunlich, welche Erleichterung diese Erkenntnis brachte. Und wenn er das Schlimmste bereits hinter sich hatte…
    »Wo ist Vorbis?« knurrte er.
    ER HAT ÜBERLEBT.
    »Tatsächlich? Es gibt keine Gerechtigkeit!«
    ES GIBT NUR MICH.
    Tod verschwand.
    Der Kapitän drehte das Steuerrad, damit alles richtig aussah. Immerhin: Er war noch immer der Kapitän und hatte noch immer das Kommando über das Schiff.
    »Maat?«
    Der Maat salutierte.
    »Zu Befehl!«
    »Äh, wohin sollen wir jetzt segeln?«
    Der Maat kratzte sich am Kopf.
    »Nun, Käpt’n, im heidnischen Klatsch soll es einen paradiesischen Ort geben. Dort singt man, und es herrscht kein Mangel an Wein und Frauen, die Glöckchen tragen und… unbekümmert sind.«
    Der Maat zögerte hoffnungsvoll.
    »Unbekümmert, wie?« vergewisserte sich der Kapitän.
    »Das habe ich gehört.«
    Der Kapitän gelangte zu dem Schluß, daß er ein wenig Unbekümmertheit vertragen konnte.
    »Hast du irgendeine Ahnung, wie wir jenen Ort erreichen können?«
    »Ich glaube, man bekommt die entsprechenden Anweisungen während des Lebens«, erwiderte der Maat.
    »Oh.«
    »Und dann gibt es da noch Barbaren, in Richtung Mitte«, sagte der Maat. Er genoß das letzte Wort. »Sie sind davon überzeugt, daß sie nach dem Tod einen großen Saal betreten, wo sie nach Herzenslust essen und trinken können.«
    »Warten dort auch Frauen auf sie?«
    »Das nehme ich an.«
    Der Kapitän runzelte die Stirn. »Komisch«, murmelte er. »Ich frage mich, wieso Heiden und Barbaren im Jenseits die besten Plätze bekommen?«
    »Ein rätselhafte Angelegenheit«, kommentierte der Maat. »Vielleicht soll auf diese Weise ein Ausgleich geschaffen werden, weil sie im Leben die ganze Zeit über Spaß hatten…« Er unterbrach sich verwirrt. Im Tode funktionierte sein Verstand besser; deutlich hörte er den falschen Klang dieser Worte.
    »Kennst du den Weg zu jenem Paradies?« fragte der Kapitän.
    »Leider nicht.«
    »Wie dem auch sei: Es kann sicher nicht schaden, wenn wir danach suchen.«
    Der Kapitän blickte erneut über die Reling. Wenn man lange genug segelt, erreicht man eine Küste, dachte er. Und es kann tatsächlich nicht schaden zu suchen.
    Eine Bewegung weckte seine Aufmerksamkeit, und er lächelte. Gut. Ein Zeichen. Vielleicht wendete sich doch alles zum Guten…
    Der Geist des Schiffes segelte weiter, begleitet von geisterhaften Delphinen…
     
    I n diesen Bereich der Küste wagten sich keine Möwen. Ihren Platz beanspruchte hier die sogenannte Skalbi, ein Mitglied der Krähenfamilie – obwohl Krähen solche Verwandtschaft geleugnet und es überhaupt abgelehnt hätten, in der Öffentlichkeit davon

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