Einfach hin und weg
unbedingt beklagen, wenn ich hin und wieder mal ein paar Blasen oder Muskelschmerzen habe.
Im Grunde genommen ist es nichts Besonderes, das heißt keine besondere Leistung, den Camino zu gehen, wenn man sieht, wie viele Leute ihn gehen. Ich bin bei weitem nicht der Älteste und habe im Vergleich zu anderen wenig Gepäck.
Also schnür ich mein weniges Gepäck und mache mich auf in Richtung Sahagún, wo ich die Klosterkirche besuchen möchte. Beim Betreten hat der Pastor gerade den Gottesdienst begonnen. Ich bin alleine in der Kirche mit 10 Nonnen und dem Pastor, der die Messe zelebriert. Verdrücken kann ich mich nicht mehr. Also bleib ich im Raum stehen. Die Nonnen singen wie die Engel, die Orgel spielt, der Geistliche erteilt seinen Segen, winkt mich herbei und ohne Zögern gehe ich zum ersten Mal in einer katholischen Kirche zum Altar und erlebe meine erste Kommunion. Danach fühle ich mich richtig gut. Im Glauben gestärkt, schultere ich den Rucksack, nehme Henriette wieder in die Hand und wandere bis El Burgo Ranero.
Die Herberge ist ganz neu, in traditionellen Lehmziegeln gebaut. Ohne dass wir uns verabredet hätten, treffe ich Thadeus, den fliegenden Holländer und Doreen wieder.
Petra die Schweizerin will ein Menu kochen heute Abend.
Die Kosten werden geteilt. Es gibt was es meistens gibt, wenn selbst gekocht wird: Salat, Spaghetti mit Sauce und ein Joghurt. Vitamine und Kohlehydrate. Lecker, gesund und preiswert!
Auch auf dem Jakobsweg macht die Statistik nicht Halt. Es wird nach Daten der Pilger gefragt. Der liebe Gott mag wissen warum. Unter anderem scheinen die Berufsgruppen der Tippelbrüder von Interesse zu sein. Seit meiner Selbständigkeit war es schon immer problematisch für mich, meine Erwerbstätigkeit genau und kurz zu beschreiben, da sie enorm vielfältig ist. Was mache ich eigentlich? Also gebe ich mal den Beruf des Cocinero, des Campesino oder des Jardinero an. Heute will ich mir etwas Neues einfallen lassen, überlege etwas länger. Das dauert dem Meister wohl etwas zu lange und dann fragt er lächelnd: „Jubilario?“ Ich freue mich und denke, dass er mir nachträglich zu meinem runden Geburtstag gratuliert und nicke dankend. Dann beugt er sich über das Formular und trägt ein.
Ich habe falsch gedacht!! Jubilario ist in Spanisch die schönere Beschreibung von Pensionista, also für Rentner.
Bis zum Ende meiner Reise habe ich als Beruf „Jubilario“ angegeben!
07.06.2007 El Burgo Ranero - Reliegos- Puente de Villarente
Es ist heiß geworden und wenn man jeden Tag 25 km und mehr läuft, bleibt es nicht aus, dass man in die Mittagshitze kommt. Morgens um 7 Uhr geht die Sonne auf und ab 10 Uhr brennt sie mit glühenden Strahlen vom Himmel. Gestern habe ich mir an den Waden einen Sonnenbrand geholt, heute wandere ich wieder mit langen Hosen. Es sollten noch Tage kommen, wo ich mich nach den wirklich sommerlichen Temperaturen sehnte.
Wieder geht es einen steinigen Weg neben der Landstraße entlang, Kilometer für Kilometer. Letztere ist nur ganz wenig befahren und so wechsele ich nach einer Stunde Fußzonenrubbeln auf die geteerte Straße. Die Landschaft flach und monoton. Abermals riesige Getreidefelder, Maisflächen und Wiesen mit Kühen und Kälbern.
Es fällt wohl nicht viel Regen, denn alle Felder sind mit einem ausgeklügelten Kanalsystem verbunden. Überall laufen Motoren für die Dieselpumpen, die das Wasser fördern. Überall rauscht und blubbert es. Überall in jedem Kanal und Tümpel sitzen Frösche und quaken im Takt. Der Boden der Felder ist übersät mit großen Steinen. Trotzdem wachsen Getreide und Mais. Ich frage mich, wie die landwirtschaftlichen Geräte das aushalten beim Säen und Ernten.
Über Reliegis wandere ich nach Mansilla de las Mulas, kaufe in der Dorftienda ein und mache Rast bei Brot, Obst und Saft. Nach 500 m merke ich, dass ich Henriette vergessen habe. Also laufe ich zurück, nicht ohne mich wieder über meine Vergesslichkeit zu ärgern......
Henriette hat sich von einem schlichten Weidenstock zu einem richtigen Model gemausert. Für das obere Ende habe ich ein Kreuz geschnitzt und mit schwarzer Bindekordel befestigt. Ich habe auf vielen Etappen verschiedene Sträucher, Ähren und Gräser gepflückt und über dem Kreuz angebunden. Dazu Ginster und Heide. Die sind jetzt zwar zum Teil schon getrocknet, aber jeden Tag schmücke ich sie mit frischen Blumen: Mohn, Kornblumen, Margeriten, und wenn ich bekomme, sogar Rosen. Darunter habe ich noch
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