Einfach hin und weg
eine Jakobsmuschel befestigt. Sieht wirklich hübsch aus und wird vielfach von Pilgern und Nichtpilgern fotografiert. Und weil der Stock so ein gefragtes Fotomodell ist, habe ich „sie“ eben Henriette getauft.
In Burgos Pause vor der Kathedrale auf den Steintreppen.
Ich hatte Henriette und mein Gepäck abgelegt und knabberte an einem trockenen Stück Brot. Da hält auf dem Vorplatz ein Reisebus, aus dem schon bald die ersten Leute steigen. Zwei ältere Damen überqueren den Platz, kommen auf die Kathedrale zu und ich höre, wie die eine zu der anderen auf Deutsch sagt: „Guck mal da auf der Treppe. Da sitzt ein richtiger Pilger.“ Sagt die andere: „Und schau mal, der hat sogar einen richtigen Pilgerstab.“ Sagt die eine wieder: „Du, da geh ich jetzt hin und frage, ob ich den nicht mal fotografieren darf.“ Die Dame kommt also auf mich zu und fragt, ob sie Henriette fotografieren darf. Ich nicke nur und da sagt die andere: „Och, schöner wäre es doch, wenn Sie auch auf dem Foto wären, aber mit dem Rucksack.“ Ich amüsiere mich und sage den beiden verdutzten Damen auf Deutsch, dass das dann aber zwei Euro kostet, das Foto mit mir. Ehe ich mich versehen kann, drückt die eine mir zwei Euro in die Hand, und meint: „Ganz schön teuer, aber es ist ja für einen guten Zweck.“
Sie drückt auf den Auslöser und dann sind beide Damen schon in der Kathedrale.
Meine Freunde haben sich schief gelacht darüber und wollten mit mir schon ein Geschäft eröffnen. Pro Foto 2 Euro. Bis Santiago hätten wir so viel verdient, dass wir uns ein Auto kaufen und damit zurück nach Deutschland fahren können. Damit gebe ich mich nicht zufrieden und plädiere für einen Hubschrauber..........
Von Mansilla bis Léon sind es noch 20 km. Viel zu weit für heute. Mucho calor en España.
10 km vor der Stadt, in Puente de Villarente finde ich eine anständige Herberge für € 6 und quartiere mich ein. Ich muss unbedingt mal wieder Fußpflege machen, kleine Blasen aufschneiden und pflegen. Nägel schneiden. Muskeln einreiben und massieren.
Gutes Handwerkszeug ist wichtig. Und die Füße sind das wichtigste Handwerkszeug, das ich momentan habe.
08.06.2007 Puente de Villarente - Léon - Villar de Mazarife
Ich bin fix und fertig!! Kein Schritt mehr heute!!
Ich weiß auch nicht warum, aber irgendwie will ich es immer wissen.
Letzte Nacht noch um 11 Uhr wach, gegen 2 Uhr wieder wach und nicht mehr geschlafen.
Um 5 Uhr hält mich nichts mehr im Bett. Marie-France ist ebenfalls wach und wir frühstücken auf die Schnelle und brechen in der Dunkelheit auf. Müde und trotzdem aufgekratzt. Wir wissen, wo wir laufen müssen und brauchen uns nicht an den gelben Pfeilen zu orientieren. Es geht immer über den Bürgersteig an der Hauptstraße entlang, die in Richtung Léon führt, und die bereits um diese Uhrzeit stark befahren ist. Manchmal führt der Weg sogar über die Straße. Es ist nicht ganz ungefährlich in der Dunkelheit, aber langsam kommt die Sonne und der neue Tag beginnt. Es ist wirklich unangenehm, dieses Stück bis Léon Innenstadt zu wandern. Triste Vorstädte, Industriegebiete mit all ihren erdrückenden Nebenwirkungen und graue Betonklötze.
Kurz vor Léon fliegt „mein“ Milan dicht über mich hinweg, schaut herunter, als ob er sagen würde: „Na Du, wo warst Du denn so lange!“ und dreht wieder ab. Mein Herz macht einen Freudensprung!
Um halb 8 Uhr sind wir in Léon. Es wird schon heiß. Ich besuche die Kathedrale aus dem 13. Jahrhundert, als die schönste in Spanien gepriesen, was immer das bedeuten mag. Bekannt ist sie für ihre bunten, lichtdurchfluteten Fenster mit insgesamt 1.800 m 2 Fläche. Beim Besuch scheint die Sonne nicht und die Kathedrale ist so dunkel wie der Kölner Dom. Ich bin ein wenig enttäuscht, gehe weiter zur Basilika San Isidoro. Das angeschlossene Pantheon ist noch nicht geöffnet. Das Kloster San Marcos liegt auf dem Weg, als ich Léon wieder verlassen will. Es gibt so viele Sehenswürdigkeiten, dass ich sie mir gar nicht an einem Tag anschauen kann. Außerdem bin ich nicht auf dem Jakobsweg, um mich in Großstädten tagelang aufzuhalten und Museen zu besichtigen. Ich mach mich also wieder auf meinen Weg und der ist zunächst erneut wahrlich kein Genuss. Zur Stadt hinaus führt wieder eine stark befahrene Straße mit stinkenden Lastwagen, Bussen und Autos. Und das bei glühender Hitze und bergauf. In Virgen del Camino teilt sich der Weg und man hat die Alternative:
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