Einklang der Herzen
momentan 5:2.« Mit zusammengezogenen Augenbrauen studierte er die Quotentafel. »Nun, Nummer drei ist 10:1, das ist für einen Zocker in Ordnung. Nummer sechs steht bei 2:1; das ist eher konservativ.«
»Ich kenne mich damit nicht aus«, unterbrach sie ihn mit einer verärgerten Handbewegung. »Für mich sind das alles nur eine Menge Zahlen.«
»Adelia.« Er sprach ihren Namen langsam aus, dabei tätschelte er ihr sanft die Schulter. »Man darf niemals wetten, ohne die Quoten zu kennen.« Wieder blickte er auf die blinkenden Ziffern. »3:1 für Nummer zwei, eine recht sichere Wahl. Und 8:5 für Nummer eins.«
»Travis, mir dreht sich schon der Kopf. Ich möchte einfach nur …«
»Und 15:1 für Nummer fünf.« Er sah auf die beiden verknitterten Scheine. »Wenn er gewinnt, hätten Sie ein kleines Vermögen verdient.«
»Mir geht es nicht ums Geld«, zischte sie. »Es soll ihm Glück bringen.«
»Ach so, ich verstehe.« Travis nickte feierlich, dann breitete sich ein Grinsen auf seinem ernsten Gesicht aus. »Über irischen Aberglauben sollte man sich nicht lustig machen.«
Obwohl sie ihn grimmig musterte, legte er einen Arm um ihre Schultern und steuerte mit ihr auf das Wettfenster zu.
Es dauerte nicht lange, und schon standen sie nebeneinander auf der Tribüne. Adelia war fassungslos über die Menschenmassen, die sich eingefunden hatten. In das riesige Stadion passten hundertfünfzigtausend Besucher, erklärte Travis, und genauso viele schienen es auch zu sein. Immer wieder wurde Travis begrüßt. Adelia fühlte sich unbehaglich unter den vielen fragenden Blicken, was allerdings schnell vergessen war, als die Pferde die Rennbahn betraten. Sie konzentrierte sich ganz und gar auf Majesty und seinen in strahlendes Rot und Gold gekleideten Reiter. Als Majestys Name durchgesagt wurde, schloss Adelia die Augen, die Mischung aus Begeisterung und Nervosität war beinahe unerträglich.
»Er sieht aus, als wäre er bereit«, sagte Travis ruhig und musste lachen, als sie bei seinen Worten zusammenzuckte. »Entspannen Sie sich, Dee, das ist nur ein Rennen.«
»Ich könnte niemals entspannt sein, selbst wenn ich schon hundert Rennen gesehen hätte«, behauptete sie. »Oh, da kommt ja Onkel Paddy. Geht es jetzt los?«
Statt zu antworteten, deutete er auf die Rennbahn, wo die Pferde gerade in die Startboxen geführt wurden. Sie umklammerte das Kreuz an ihrer Halskette, und als die Startglocke erklang und zehn Pferde nach vorne stürzten, legte Travis den Arm um ihre Schulter. Hufe schienen zu fliegen, tosender Lärm erfüllte die Luft, doch sie heftete den Blick auf Majesty, als wäre er allein auf der Rennbahn. Ohne ihr Dazutun hob sich ihr Arm. Sie krallte ihre Finger in die Hand, die auf ihrer Schulter lag, als könnte sie Majesty auf diese Weise antreiben. Und tatsächlich schob er sich immer weiter vor, als folgte er ihrem stummen Befehl, überholte ein Pferd nach dem anderen, bis er sich als Einziger von dem Feld löste. Dann plötzlich erhöhte er sein Tempo noch mehr und jagte mit großem Vorsprung ins Ziel.
Travis riss sie in seine Arme, während Paddy sich von hinten auf sie stürzte, und Adelia fand das Gefühl, zwischen diesen beiden Körpern eingeklemmt zu sein, geradezu himmlisch. Sie hörte ihren Onkel nah an ihrem Ohr schreien. Ihr Kopf war an Travis’ Brust geschmiegt, als gehörte er dorthin. Majestys Sieg, dachte sie mit geschlossenen Augen, ist das schönste Geschenk, das ich jemals bekommen habe.
Jeder Mann, jede Frau und jedes Kind in Louisville waren ganz verrückt nach dem Kentucky Derby. Die Tage vergingen, und die Luft schien vor Aufregung zu knistern. Adelia sah Travis nur ab und zu, und wenn, dann sprachen sie über das Pferd. Dass er ab und zu ihren Kopf tätschelte, war die einzige persönliche Geste, die er sich erlaubte. Langsam glaubte sie, dass die Streitereien mit ihm auch ihre Vorteile gehabt hatten. Um sich abzulenken, verbrachte sie noch mehr Zeit mit Majesty.
»Du bist ein wunderbares, schönes Pferd.« Sie strich über die Nüstern und sah in seine klugen Augen. »Aber das darf dir nicht zu Kopf steigen. Am Samstag liegt eine große Aufgabe vor dir. Ich werde jetzt ein paar Minuten rausgehen, und ich möchte, dass du dich ausruhst. Danach werde ich dich vielleicht noch mal striegeln.«
Adelia verließ den Stall, trat in die helle Maisonne und fand sich mit einem Mal von Reportern umzingelt.
»Sind Sie Majestys Pflegerin?«, rief ihr jemand zu. Die Reporter schienen eine Wand
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