Einklang der Herzen
Gesicht.
»Tatsächlich, Dee? Inwiefern?«
»Manchmal werfen Sie ganz wie ein strenger Gutsherr mit Befehlen um sich und haben einen Blick, der jeden Menschen sofort zu Eis erstarren lassen kann. Dann halte ich Sie für einen harten Mann. Aber manchmal …« Sie zögerte, zuckte mit den Schultern und wandte sich wieder zu Majesty um.
»Hören Sie nicht auf.« Er drehte sie wieder zu sich um, nun lag nur noch ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen. »Sie haben mich neugierig gemacht.«
Sie fühlte sich auf einmal sehr unwohl und wünschte, sie würde endlich lernen, erst zu denken und dann zu sprechen. Doch Travis ignorierte ihren verlegenen Gesichtsausdruck. Seine Hände ruhten leicht, aber entschlossen auf ihren Schultern, und seine Augen forderten eine Erklärung.
»Manchmal … ich habe gesehen, wie Sie mit den Männern reden oder lachen, oder wie Sie einen der Zwillinge auf den Schultern tragen. Und ich sehe, wie Sie mit Onkel Paddy umgehen und mit den Pferden. Dann habe ich den Eindruck, dass es eine sanfte Seite an Ihnen gibt, und dass Sie vielleicht insgesamt gar nicht so hart sind.« Die letzten Worte hatte sie sehr schnell gesprochen, sie drehte sich erneut zu Majesty um und verpasste ihm ein paar zusätzliche und unnötige Bürstenstriche.
»Das ist sehr interessant«, erklärte er, nahm ihr den Striegel aus der Hand und begann nun selbst, sich um das Pferd zu kümmern. »Sie verhätschelt dich«, sagte er zu Majesty, während er zärtlich eine Hand über seine Flanke gleiten ließ. »Wenn ich sie lasse, wird sie dich noch stundenlang striegeln.«
Sie riss den Blick von Travis’ Fingern los, die das braune Fell streichelten. »Ich verhätschele ihn nicht, ich gebe ihm nur die Liebe, die er braucht. Und die wir alle von Zeit zu Zeit brauchen.«
Er sah sie lange an. »Ja, die brauchen wir alle von Zeit zu Zeit.«
In dieser Nacht, als sie in dem fremden Hotelzimmer im Bett lag, warf Adelia sich schlaflos hin und her, bis sie schließlich auf ihr unschuldiges Kopfkissen einboxte. Liebe war wirklich etwas Unangenehmes, unvorhersehbar und unwillkommen. Seufzend umarmte sie das Kissen, das sie kurz zuvor noch geschlagen hatte, wild entschlossen, diese unglaublich blauen Augen aus ihren Gedanken zu verbannen.
Am nächsten Morgen konnte Adelia schließlich einen richtigen Blick auf Churchill Downs werfen. Sie führte Majesty aus dem Stall und blieb auf der Rennbahn stehen. Das Pferd wartete mit ruhiger Gelassenheit, während sie erstaunt um sich blickte.
Die Anlage war riesengroß; die eineinviertel Meilen lange Bahn führte um ein Rasenfeld mit Zäunen, hübsch geschnittenen Sträuchern und Blumenbeeten in strahlenden Farben. Adelia ließ den Blick über die vielen Tribünen wandern, die den Eindruck erweckten, als könnten sie die Einwohner von ganz Kentucky aufnehmen. Die obersten Tribünen waren überdacht und von kleinen Türmchen gekrönt.
»Stimmt was nicht, Dee?« Sie zuckte überrascht zusammen, als ihre Betrachtungen von Travis’ Frage unterbrochen wurden. »Entschuldigung«, sagte er. »Ich habe vergessen zu stampfen.«
»So langsam sollte ich mich daran gewöhnen.« Sie seufzte und begann, Majesty auf die Bahn zu führen. »Was für eine fantastische Rennstrecke das ist!« Sie breitete die Arme aus.
»Er ist mir eine der liebsten. Sie ist im Grunde noch dieselbe wie bei der Erbauung vor über einhundert Jahren. Wie Sie bestimmt wissen, findet hier eines der drei wichtigsten Vollblutrennen des Landes statt. Am ersten Samstag im Mai scheint die Welt ein paar Minuten stillzustehen.« Er lächelte sie an. »Seit 1875 sind hier die besten Pferde gelaufen, und die allerbesten Pferde haben gewonnen. Das Kentucky Derby ist nicht einfach nur ein klassisches Rennen – es ist ein Rennen für dreijährige Vollblüter. Jeder Amerikaner würde lieber hier gewinnen als irgendwo anders auf der Welt. Man sagt, dass der Gewinner des Derbys auch die anderen Rennen der Saison gewinnt; die Magie bleibt bei ihm.« Er schlug Majesty freundschaftlich auf die Flanke. »Und er hier, er liebt es, zu gewinnen.«
»Das ist wahr. Er ist nicht gerade bescheiden, sondern ziemlich selbstsicher. Er will das Blue Grass Stake hinter sich bringen, um endlich das Derby zu laufen.«
»Ist das so?« Er zog die Mundwinkel in die Höhe, als er sah, wie Majesty sich an Adelias Schulter schmiegte. »Und Sie?« Er berührte ihre Wange. »Wollen Sie das Vorbereitungsrennen auch hinter sich bringen, um sich ins Derby zu
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