Einmal auf der Welt. Und dann so
geworden war, die Stelle im Meer. Vierzig Jahre in der Wüste. Was heißt das schon? Gelegentlich muss ein Schaf geopfert werden, das Blut fließt in den Wüstensand, dann geht es weiter. Eine unübersehbare Übermacht an Feinden. Es schießt von allen Seiten. Die Sonne blendet dich. Nachts die Kälte. Du kannst nicht schlafen, weil dein Feind in deiner Nähe hockt und mit seinem groben Eisen nur auf dich wartet. Am Ende bist du deinem Feind vielleicht ganz nah. Du musst ihm in die Augen sehen. Dann bete - ein Stoßgebet - und schlag zu, sagt Remberti an einer entscheidenden Stelle, sagt Fritz.
Sein Gesicht war der Schauplatz einer universalen Kriegsgeschichte, während er davon nur erzählte. Fing er an zu weinen?
Nach einer Pause setzt er seinen Kampf fort. »Unverdient kannst du dir den Himmel verdienen, du sündiges Stück Mensch!«, schreibt Remberti. Und was kam dann? Dann zogen sie weiter. Von Fall zu Fall eine Seuche, ein Geschwür und Blasen. Aber der verstockte Pharao glaubte Gott zu sein und ließ sich mit Gott anreden.
Ein paar dürftige Mumien, die die Gänge des Louvre füllen, beweisen, dass der Pharao für immer tot ist. Nur die Krokodile haben überlebt und beißen wie immer. Damals saß Frau Pharao auf einem kleinen Hocker hinter dem Thron, Frau Gott, unsichtbar, und flüsterte ihrem Gott ein, was er tun solle: die Zähne zeigen. Der verweichlichte Pharao saß indes untätig auf seinem Thron und spielte mit seinen Fingerringen. Er hätte nichts unternommen, wenn er nicht durch das Machtwort der Pharaonessa aufgeschreckt worden wäre. Sofort ließ er sich seinen Stab bringen und eilte von der Thronhalle zum Huldigungsfenster. Doch draußen sah er nichts als ein paar Karawanen, die mit ihren Kamelen vorbeizogen. Dann ließ er sich in die Hofkanzlei tragen. Der diensthabende Oberpriester lag schlafend neben seinem Knaben. Der Pharao erzürnte so, dass er den Schweinepriester auf der Stelle, noch im Bett, köpfen ließ. Den Kleinen ließ er für eine spätere Verwendung beiseiteschaffen.
So landeten wir bei der Liebe. Die Liebe ist alles, sagt Paulus. Aber liegt sie mit einem Lustknaben im Bett? Was ist die Liebe? Eine größere Liebe hat niemand als der, der sein Leben hingibt für seine Schafe und umgekehrt. So, jetzt gehen wir noch in den Garten.
Meine Maul- und Klauenseuche
Da wir schon bei der unausweichlichen Rettung der Welt waren, erinnerte ich mich Rosa zuliebe an ein Unternehmen, an dem ich seiner Größe wegen schließlich auch scheiterte: Es war die Bekehrung Mao Tse-tungs.
Was wäre schwieriger (aber auch großartiger) als die Bekehrung eines Politikers?
An dieser Stelle fing meine Maul- und Klauenseuche wieder an zu brennen, mein fehlendes Muttermal, die Erinnerung aus meinem hohlen Bauch, mein nie gestillter Hunger, die Angst vor dem Licht der Welt, vor dem Tag- und Nachtlicht, vor dem dunklen und hellen Licht.
»Libera me de ore Leonis, rette mich vor dem Maul des Löwen, dem Löwenmaul«, betete ich anstelle von Mao Tse-tung, stellvertretend »libera me«, betete ich. Meine kleinen, durchbeteten Nächte, Rosa!
Sein Schutzengel lag schon ganz unten, war am Ersticken. Seine Seele, eine Flamme, war am Verglimmen, eine verdunkelnde Seele kurz vor dem Ende.
An dieser Stelle setzte mein Rettungswerk ein.
Ich musste mich mit seinem Schutzengel verbünden, ein telepathisches Bündnis, gewiss, aber das einzig mögliche. Schon machten sich Mächte und Gewalten über die Schutzengel wie über die Anwesenheit einer wirkungslosen Schutzmacht lustig. Das schwarze Element hatte es beinahe geschafft und hatte alles Lichthafte aus Maos Seele hinausgedrängt. »So wenigstens dachte ich damals«, sagte ich, und alles, was ich sagte, sagte ich, um nicht sagen zu müssen, wie es um mich stand.
Von dramatischen Erzählungen einer Klosterschwester angestachelt, die Welt zu retten, von ihr angetrieben, die Welt, die doch verloren war - diese Welt -, aber die Redemptoristennonne verlangte dennoch eine Bekehrung von ihr.
Eine ganz vertrottelte Erscheinung. Sie war meine erste Muse. Diese siebzigjährige Nonne war damals meine Erzieherin und geistige Führerin. Sie war vertrottelt, gewiss, aber ich glaubte ja an die Macht der Einfalt. Der Satz von der geistigen Armut hatte sich dermaßen in mich hineingefressen, dass ich ihn schließlich auf meine Nonne übertrug. Je einfältiger sie daherredete, desto mehr glaubte ich ihr. Je dümmer sie in die Welt blickte, desto weiser und weltklüger
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