Einmal rund ums Glück
»Du nicht?«
»Nein.«
»Echt nicht? Mir kam es so vor! Hast du nicht einen Whisky-Cola nach dem anderen getrunken, so als gäb’s morgen nichts mehr?«
»Keinen Whisky, nur Cola.«
»Oh.«
Wir verstummen beide.
»Möchtest du was essen?«, frage ich widerstrebend. Ja, ich weiß, aber was soll ich sonst sagen?
»Sicher. Das Gleiche wie immer.«
»Meinst du das, was du sonst immer gegessen hast, oder das, was der neue, gesunde Luis nehmen würde?«
»Gib mir einfach ein paar Eier mit Speck, Zuckerschnecke.«
Wir grinsen uns an, und ich seufze inbrünstig vor Erleichterung, als ich seinen Teller bestücke und hinüberreiche. Luis zwinkert mir zu, und als ich ihm nachsehe, läuft mir ein Schauer den Rücken hinunter.
Gut, ich bin also immer noch heiß auf ihn. Was ist schlimm daran?
»Ich gehe heute auf jeden Fall noch auf diese Achterbahn. Kommst du mit, oder nicht?«, unterbricht Holly meine Gedanken. Zum Gelände der Rennstrecke in Suzuka gehört ein riesiger Freizeitpark, dessen Riesenrad alles überragt.
»Du machst wohl Witze. Wahrscheinlich müsste ich mich übergeben.«
»Hey, war das eben Luis?«, fragt sie plötzlich. »Was hat er zu dir gesagt?«
»Nichts«, erwidere ich beiläufig.
»Nichts? Wie, hat er dich ignoriert?«
»Nein!«, sage ich empört. »Ich meine, er hat nichts Besonderes gesagt.«
»Ah. Ich find’s übrigens blöd, dass du nichts darüber erzählt«, sagt sie enttäuscht.
»Tu ich nun mal nicht, damit musst du dich abfinden.«
Vor dem Start kann ich nicht mehr mit Luis sprechen, und als ich ihn entdecke, sieht er mich nicht an. Ich sage mir, dass er nur versucht, sich zu konzentrieren und sich nicht ablenken zu lassen, aber die unsichere kleine Stimme in mir glaubt, es stecke mehr dahinter. Ich weiß gar nicht genau, ob ich in die Boxen gehen will, um mir das Rennen anzusehen, und als Holly mich schließlich doch überredet, fühle ich mich nicht besonders wohl in Luis’ Garage. Die ganze Zeit male ich mir aus, was die Mechaniker wohl über mich denken. Ob sie mich alle für ein Boxenluder halten? Mein Gott, wie ich dieses Wort hasse …
Luis gewinnt das Rennen, doch ich kann nicht so recht mit dem Rest des Teams jubeln. Die Zweifel, die die ganze Zeit an mir nagen, beherrschen inzwischen meine Gedanken. Ich gehe nach draußen, um die Siegerehrung anzusehen, weil es seltsam wirken würde, wenn ich es nicht täte, doch danach eile ich zurück in die Küche, um mit dem Aufräumen zu beginnen.
Einige Stunden später sucht Luis nach mir.
»Wo bist du gewesen?«, fragt er in der Tür.
»Hier. Hab saubergemacht.«
Er wirft mir einen sonderbaren Blick zu. »Tja, ich muss jetzt los.«
»Gut. Dann sehen wir uns wohl in Brasilien.« Ich gehe nicht auf ihn zu.
»Ist alles in Ordnung?«, fragt er leise und blickt sich um, um sicher zu gehen, dass uns niemand hört.
»Ja klar«, erwidere ich und gebe ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass Frederick sich von hinten nähert.
»Na gut.« Luis geht rückwärts aus der Tür, er wirkt durcheinander. Frederick drängt sich an ihm vorbei in die Küche.
»Tschüss!« Ich senke den Kopf, und kurz darauf fällt mir ein, dass ich ihm nicht einmal zum Gewinn gratuliert habe. Soll ich ihm hinterherlaufen? Nein, das geht nicht.
Zurück in England, stürze ich mich in die Arbeit und versuche, meine Nacht mit Luis zu vergessen. Eine von Hollys Kolleginnen in der Kantine ist in Mutterschaftsurlaub, und ich vertrete sie, wenn ich nicht gerade für Ingrid und Frederick in London arbeite. Ich habe zu viel zu tun, um mich auf die Suche nach einer neuen Wohnung zu machen, aber Holly versichert mir, ich müsse mich nicht beeilen.
»Ist ja nicht so, als würde hier außer mir noch jemand wohnen«, stöhnt sie eines Abends, als wir im Wohnzimmer fernsehen. »Catalina war heute wieder im Hauptquartier«, berichtet sie. »Das dritte Mal in dieser Woche. Ich schwöre dir, sie beobachtet mich.«
»Glaubst du wirklich, dass sie einen Verdacht hat?«, frage ich.
»Weiß nicht. Seit Singapur haben Simon und ich nicht mehr miteinander geschlafen, da gibt’s also gar nichts zu verdächtigen.«
»Hat er noch mal mit dir darüber gesprochen?«
»Wie meinst du das: Ob er Schluss gemacht hat?«
»Ja.«
»Nein. Ich denke, er hält mich einfach warm für den Fall, dass sich das Ganze als Riesenflop erweist.«
»Als Flop? Meinst du etwa, sie ist gar nicht schwanger?«
»Na, sehen kann man jedenfalls nichts, oder?«
»Nein, aber wie weit ist sie
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