Einmal rund ums Glück
unbehaglich zumute wie mir. Wenn man bedenkt, dass sie Wills Eltern fast ihr ganzes Leben lang kennt, schätze ich meine Chancen bei ihnen nicht besonders hoch ein.
Ich greife zur Teekanne und schenke den Tee ein, dann fällt mir ein zu fragen, ob sie ihn mit Milch trinken.
»Noch mal neu, bitte!«, fordert Wills Mutter und blickt böse auf die halb gefüllten Tassen vor ihr.
»Entschuldigung«, stammel ich und laufe rot an. Laura spielt an ihrem Goldarmband herum. Ob Will es ihr geschenkt hat? Ich versuche, mich von diesem Gedanken nicht ablenken zu lassen, schiebe die benutzten Tassen zur Seite und gebe ein wenig Milch in die neuen, bevor ich den Tee hineingieße. Mit zitternden Händen reiche ich sie über die Theke.
Wills Mutter wirft Laura einen kurzen Blick zu, und ein schwaches Lächeln bildet sich auf ihren Lippen. Gerade will ich erleichtert durchatmen, da sagt sie: »Man kann nicht erwarten, dass ein Amerikaner eine annehmbare Tasse Tee zubereiten kann, nicht wahr?«
Laura lächelt befangen und führt sie davon. Über die Schulter wirft sie mir einen mitfühlenden Blick zu.
Wie aus dem Nichts taucht Luis auf. »Die sehen aus, als hätten sie – wie sagt man? – einen Stock im Arsch.«
Ich sehe ihn an, und meine Nase beginnt zu kribbeln. O Mann, bitte nicht weinen. Er erschreckt sich, als er merkt, dass ich genau das tun werde, und ich stürze schnell davon zur Toilette.
Nein, nein, nein, sage ich mir, nachdem ich die Tür verriegelt und mich auf den Toilettendeckel gesetzt habe. Ich werde nicht weinen. Das ist albern. Ich habe wegen Will noch nicht geheult, und ich kann mit dieser Situation umgehen. Das Ende ist nah, Daisy, das Ende ist nah! Ich wackle mit den Händen und versuche, nicht melodramatisch zu werden. Was Schönes! Denk an was Schönes! Kleine Welpen, Kätzchen … Ich wollte immer ein Haustier, doch mein Vater erlaubte es nicht. Nein! Das ist nichts Schönes. Nonna … Die liebe Nonna. Sie fehlt mir. Ich sehe sie fast nie. Nein! Das ist auch ein furchtbarer Gedanke. Holly … Die lachende Holly … Und wer lügt mich an, was die Beziehung zu einem verheirateten Mann angeht? Argh! Ich denke daran, wie Luis und ich in Monaco den französischen Barkeeper nach neuen Schimpfwörtern fragen. Ich muss grinsen, und kurz darauf geht es mir besser, so dass ich wieder rausgehen kann. Luis ist weg, nur Holly schaut mich besorgt an.
»Ich kann kein Mitleid gebrauchen!«, warne ich sie. Sie merkt, dass ich bei einer verständnisvollen Bemerkung nur von neuem anfange zu weinen, und so arbeiten wir schweigend weiter.
Mr und MrsTrust sitzen mit Laura an einem Tisch. Will ist nicht bei ihnen, doch nach einer Weile kommt er in seinem Rennanzug nach unten. Er geht direkt zu ihnen hinüber.
»Ich muss jetzt zum Qualifying rüber in die Boxen«, höre ich ihn sagen. »Möchtet ihr mitkommen?«
»Ja, natürlich«, erwidert seine Mutter und trinkt ihren Tee aus. Sie fragt Laura: »Begleitest du uns?«
»Ja, danke.« Laura lächelt, und alle drei stehen auf. Will sieht nicht zu mir herüber, als sie ihm nach draußen folgen.
»Kommst du mit, das Qualifying ansehen?«, fragt Holly, sobald sie außer Sicht sind.
»Nein«, lehne ich rundheraus ab. Ganz bestimmt nicht!
Als die Teamangehörigen später zurück in den Gästebereich kommen, höre ich, dass es sehr aufregend gewesen sein muss. Will konnte Luis die Pole-Position mit einem Vorsprung von nur einer Zehntelsekunde vor der Nase wegschnappen, so dass die beiden morgen wieder die ersten beiden Startplätze haben werden. Ich bin nicht so glücklich, wie ich eigentlich sein sollte. Meine Begegnung mit Wills Eltern hat einen sehr unangenehmen Nachgeschmack hinterlassen, außerdem mache ich mir Gedanken wegen Laura. Sie scheint ein wirklich netter Mensch zu sein, und wenn schon ich selbst ein schlechtes Gewissen habe, ihr weh zu tun, was werden dann alle anderen von mir denken?
Als Will mit federndem Schritt von den Boxen zurückkommt, ahnt er natürlich nichts von meinem Dilemma. Grinsend geht er auf mich zu.
»Hast du’s gesehen?«
»Nein, ich war hier. Aber: gut gemacht!«, füge ich ernst hinzu.
Er sieht mich fragend an, sagt aber nichts, weil zu viele Leute in Hörweite sind. »Kannst du mir ein neues Team-Shirt besorgen?«, fragt er schließlich.
»Jetzt?«
»Ja, bitte.«
Ich komme hinter dem Tresen hervor und haste die Treppe hinauf.
»Was ist mit dir los?«, fragt Will, sobald wir in seinem Zimmer sind.
»Ich habe deine Eltern
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