Einmal siebter Himmel und zurueck
sie dann gelogen?” fragte Gillian empört. Plötzlich fiel ihr ein, dass Edith alt und krank war. “Entschuldigung, ich bin … “
Edith hob ihre zarte Hand und fiel nun ins Du. “Gillian, du hast jedes Recht, ärgerlich zu sein, das habt ihr beide.” Sie rang die Hände. “Lenore brach nach dem Telefonat mit ihm in Tränen aus, da euer Vater Kinder so sehr liebte. Sie wusste, dass es ihm das Herz gebrochen hätte.”
Ja, das war ihr Vater, so wie Gillian ihn kannte.
“Aber Lenore wollte das Kind unbedingt behalten. Ihr könnt euch nicht vorstellen wie sehr.”
Carly überlegte. “Sie behielt also eins. Wieso hat sie einen Zwilling behalten und einen weggegeben?”
Gillian rieb sich die schmerzende Stirn. Wieso wollte sie mich nicht? durchfuhr es sie. “Mein Vater wusste, dass es Zwillinge waren?” Sie hatte sich ihr ganzes Leben geliebt gefühlt und mochte die Antwort auf Carlys Frage kaum hören.
“Er erfuhr erst später, dass ihr zwei gewesen wart”, berichtete Edith so leise, dass sie kaum zu verstehen war.
Gillian schluckte. “Und dann glaubte er, eine von uns sei gestorben?”
„Tante Edith, ist das wahr? War es so?”
“Ja, Lenore hat dich behalten und ihm das andere Baby gegeben.” Sie schaute Gillian an. “Dich.”
“Aber wieso hat sie das getan?” Carly war fassungslos.
Gillian war sich nicht sicher, ob sie die Antwort hören wollte.
“Du warst sehr zart”, sagte Edith zu Gillian, “und brauchtest ärztliche Betreuung. Meine Schwester wusste nicht, wie sie die Rechnungen hätte bezahlen sollen.”
Carly schaute Gillian forschend an. “Stimmt das, warst du oft krank?”
Gillian nickte. Es war zu seltsam, in seinem Gegenüber sich selbst anzusehen!
“Ich hatte ein schwaches Herz. Deshalb hat Lenore mich also weggegeben?”
Das klang bitter. Sie war zutiefst darüber schockiert, dass ihre eigene Mutter sie nicht gewollt hatte! Wegen ihrer schwachen Gesundheit.
“Lenore hätte euch beide behalten, wenn sie es finanziell gekonnt hätte. Aber du warst eben ziemlich krank.”
Das stimmte. Gillian hatte wegen ihres schwachen Herzens bis zu ihrem zehnten Lebensjahr ärztliche Behandlung gebraucht.
“Aber wieso hat sie behauptet, dass eine von uns gestorben sei?”
“Aus Angst. Sie hatte ja ihre Meinung geändert und wollte ihr Kind nun nicht mehr hergeben. Und als es Zwillinge waren und sie von deiner Herzkonstitution erfuhr, war ihr klar, dass sie auf eine von euch verzichten musste. Sie sagte Alan, dass es Zwillinge gewesen seien, hatte aber Angst, dass er und seine Frau dann alle beide hätten haben wollen. Deshalb behauptete sie, das andere sei gestorben. Er glaubte ihr schon deshalb, weil Gillian ja sehr krank war.”
Alex streichelte Gillians Hand. „Im Tagebuch deiner Mutter stand nichts von Zwillingen?”
Gillian überlegte. “Nein, nichts. Nur dass Lenore ihre Meinung geändert habe.
Deshalb nahmen wir an, es sei nur ein Kind gewesen.” Sie wusste nicht, wann sie das alles je begreifen würde.
Edith fuhr fort: “Lenore hat erst kurz vor der Entbindung davon erfahren, dass es Zwillinge waren, denn der Arzt hörte durch die merkwürdige Lage der Babys nur einen Herzschlag.”
Gillians Blick ging zu Carly. Die musste genauso schockiert sein wie sie selbst.
Und sie musste denken, ihr Vater habe sie nicht gewollt! Carly war ihr Zwilling, im Mutterleib waren sie eng zusammen gewesen. Sie stand auf und ging zu ihr.
“Carly, wir sollten …” Sie setzte sich neben sie. Carly nickte. Plötzlich gab es eine unaussprechliche Bindung zwischen ihnen, als seien sie wieder eins.
“Es tut mir so Leid”, sagte Carly schlicht.
Nur sie beide wussten im Augenblick, was die andere dachte und fühlte. Sie gaben sich die Hände. “Mir auch”, sagte Gillian. “Du musst dich dein ganzes Leben gefragt haben, was für ein Mensch dein Vater war. Er war wunderbar. Ich wollte, du hättest ihn gekannt. Aber du hast noch eine andere Schwester und einen Bruder.”
Carly lächelte. “Stiefgeschwister, meinst du.”
“Nein, sie sind wie richtige Geschwister, glaube mir. Sie werden dich sofort lieben.”
“Verrückt, ich wollte so gern eine richtige Familie haben. Ich habe mir immer Geschwister gewünscht.”
“Nun hast du gleich mehrere.”
Edith wirkte niedergedrückt. “Könnt ihr mir verzeihen? Ich tat nur, worum meine Schwester mich bat.” In ihren Augen schimmerten erneut Tränen. “Aber jetzt begreife ich erst, was für ein schrecklicher Fehler es
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