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Einsame Klasse.

Einsame Klasse.

Titel: Einsame Klasse. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler , Robert B. Parker
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abgewetzt, und ein Kaffeetisch aus gebogenem Bambus war dicht an die Kopfseite der Couch geschoben. Es gab einige Film- Magazine und einen Groschenroman über wahre Liebe und einen Aschenbecher voller Filterzigarettenkippen.
    Das Licht des späten Nachmittags, das durch die staubigen Musselinvorhänge rieselte, pickte Staubfäden aus der Luft.
    Die Bullen hatten all dies auch gesehen. Und sie hatten bestimmt wie gewöhnlich alles untersucht, und alles, was eine Rolle spielte, würde beschlagnahmt in einer Kiste mit einem Etikett lagern.
    Trotzdem wussten sie bisher nicht alles, was ich wusste, und ich hoffte etwas zu entdecken, das für sie bedeutungslos gewesen war. Im Wohnzimmer gab es nichts. Ich ging weiter in die Küche. Es war dunkel geworden. Ich knipste eine Lampe an. Wenn die Bullen das Haus überwachten, hätten sie mich hereinkommen sehen und wären schon längst aufgetaucht. Die Nachbarn würden einfach denken, ich sei ein weiterer Bulle.
    Ein halber Laib Brot und ein ungeöffnetes Paket Butter lagen auf einem Teller im Kühlschrank. Im Kühlfach war eine Flasche Wodka. Auf dem Küchentisch lagen drei oder vier langsam gelb werdende Limonen in einer Schale aus Hartglas, und in einem Regal stand ein Glas mit etwas löslichem Kaffee.
    Auf dem Rand des Waschbeckens entdeckte ich außerdem ein geschrumpftes Stück Seife. Das war alles. Kein Mehl, kein Salz, kein Fleisch, keine Kartoffeln. Die Limonen waren wahrscheinlich gegen Skorbut. Ich schaute hinter den Kühlschrank und unter das Waschbecken und in die leeren Schränke.
    Ich nahm das Sieb aus der Spüle und sah hinunter in den Abfluss, so gut ich konnte. Ich überprüfte den Ofen, untersuchte das Linoleum in den Ecken, um zu sehen, ob etwas daruntergesteckt worden war. Ich entrollte die Jalousien und holte mir einen Stuhl, kletterte drauf und blickte in die Glaskuppel der Küchenlampe.
    Während ich das tat, sagte eine Stimme hinter mir: «Bleiben Sie so stehen, Seemann.»
    Ich hatte einen Revolver in meinem Schulterhalfter, aber er hätte genausogut im Kofferraum meines Wagens liegen können, soviel wie er mir hier, mit erhobenen Händen auf einem Stuhl stehend, nützte. Ich blieb bewegungslos stehen.
    «Jetzt legen Sie die Hände auf den Kopf und kommen Sie da runter», sagte die Stimme. Es war eine gedämpfte Stimme ohne Akzent, aber mit einem leichten ausländischen Tonfall.
    Es gelang mir, meine Hände auf den Kopf zu legen und von dem Stuhl herunterzusteigen, ohne mir die Kniescheibe auszukugeln.
    «Umdrehen», sagte die Stimme. In der Gedämpftheit lag nichts Freundliches; es war die Gedämpftheit eines Schlangenzischens. Ich drehte mich um.
    Es waren zwei. Der eine war ein kalifornischer Beachboy, jede Menge Bräune, jede Menge Muskeln, gerade genug Hirn, um zu wissen, an welcher Seite man einen Totschläger anfasst. Er trug eine weiße Hose und ein geblümtes Hemd und hatte einen .45 Colt Automatik, den die Army auszugeben pflegte, in der Hand. Er hielt ihn auf die zwanglose kalifornische Art, halb in die Handfläche gelegt, ohne auf irgendetwas Bestimmtes zu zielen, aber insgesamt in meine Richtung.
    Der andere Kerl war kleiner und schlanker. Er trug einen schwarzen Anzug, ein schwarzes Hemd, eine schmale schwarze Krawatte, und er bewegte sich ausgesprochen anmutig. Obwohl er beinahe reglos dastand, wirkte er wie ein Tänzer. Er hatte einen dichten schwarzen Schnurrbart, und die halblangen Haare waren streng zurückgekämmt. In seinen dunklen Augen lag absolut kein Gefühl.
    Die Stimme gehörte zu ihm.
    «Also, Seemann, warum erzählst du mir nicht mal, wer du eigentlich bist und wie’s kommt, dass du hier in der Küche auf einem Stuhl stehst. So was in der Art.»
    «Wer will das wissen?» fragte ich.
    Er lächelte ohne jedes Gefühl und zeigte auf die Automatik des Beachboys.
    «Oh», sagte ich, «er. Dem bin ich schon mal begegnet. Beeindruckt mich nicht.»
    «Knallhart.» Er sah den Beachboy an. «Jeder ist knallhart». Er wäre beeindruckter gewesen, wenn ich mit den Ohren gewackelt hätte.
    «Soll ich ihn irgendwo anschießen, Eddie? Damit er weiß, dass wir’s ernst meinen?»
    Eddie schüttelte den Kopf.
    «Mein Name ist Garcia», sagte er, «Eddie Garcia.» Er nickte in Richtung des Beachboys. «Das ist J. D. Niedlich, nicht?»
    «Wunderschön», sagte ich. «Trifft er, worauf er zielt, wenn er den Abzug an dem Ding zieht?»
    «Aus dieser Nähe?» Eddie lächelte. Es sah aus, als werde eine flache Steinoberfläche kurz von einem

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