Einsame Spur (German Edition)
nicht gewollt hatte, dass sie eine Beziehung in den Sand setzte, die er für die richtige für sie hielt. Er bedauerte nicht, ihr diesen Freundschaftsdienst geleistet zu haben, doch manchmal wünschte er, sie würde seine größte Schwachstelle nicht kennen.
Und Indigo kannte nur die reinen Fakten. Adria hatte schon viel zu viel von ihm gesehen … doch war sie stark genug, ihm die eigenen Wunden offen zu zeigen. »Sie heißt Lisette«, sagte er, denn dieser Offenheit musste er mit derselben Offenheit begegnen.
Von Lisette zu sprechen bereitete ihm süßen Schmerz und wilde Freude. Endlich konnte er ihren Namen aussprechen, sich jemandem mitteilen. »Sie ist Französin, arbeitet aber in Venedig.« Er war ihr zum ersten Mal auf einem Ball in einem alten Palast in der versunkenen Stadt begegnet – die untere Hälfte des Palastes lag unter Wasser, die obere war ein Meisterwerk kunstvoller Architektur.
»Der Menschenbund ist in Venedig ansässig.«
»Lisettes Ehemann Emil ist Computerspezialist des Menschenbundes.« Ein kluger, erfolgreicher Mann, der seine Frau liebte. Riaz hatte ihn auf der Stelle töten wollen, doch die Liebe in Lisettes blauen Augen hatte ihn davon abgehalten – wenn Emil ein Leid geschah, würde es auch Lisette treffen, und Riaz wollte ihr kein Leid zufügen. »Offiziell ist Lisette Geschäftsführerin eines unabhängigen Unternehmens, aber ich bin ziemlich sicher, dass sich dahinter Kommunikationstechnologien für den Menschenbund verbergen.«
Adria schlug die Augen auf. »Du hast sie nicht gefragt?«
»Nein.« Er hatte beobachten, lernen und Kontakte knüpfen sollen. Die Beziehungen der Wölfe zum Menschenbund waren so weit gediehen, dass das Rudel Geschäfte mit dem weit verzweigten Netzwerk von Menschenunternehmen abschließen wollte, doch noch war keiner der Beteiligten bereit, seine Geheimnisse preiszugeben.
»Wenn sie für die Kommunikation zuständig ist, muss sie sehr intelligent sein.«
»Das ist sie zweifellos«, sagte er, im Kopf das Echo der Gespräche, die sie miteinander geführt hatten und während derer er gegen das Bedürfnis ankämpfen musste, so viel Zeit wie nur möglich in ihrer Nähe herauszuschlagen. »Aber mir ist zuerst ihr Lachen aufgefallen.« Warm und so lebendig. »Mein Wolf hätte sich am liebsten darin gerollt.«
Nie würde er den Augenblick vergessen, als er den Ballsaal in Venedig betreten hatte und ihr Anblick ihn wie ein Schlag in den Magen getroffen hatte – das dichte, schulterlange Haar hatte wie flüssiges Gold geglänzt. »Sie ist klein, höchstens eins fünfundfünfzig, aber das fällt einem nicht als Erstes auf, wenn man sie sieht.« Sondern die weibliche Kraft, die in ihr steckte.
»Ich habe mich mit ihr mehrmals getroffen – ihre Firma stellt Kommunikationstechnologien her, die nützlich für das Rudel sein könnten.« In ihrem Büro wäre er am liebsten über den Tisch gesprungen, hätte den Kopf an ihrer Kehle gerieben und ihr sein Zeichen aufgedrückt. »Sie hat auch etwas gespürt. Das habe ich gemerkt. Es hat sie erschüttert.« Denn Lisette war eine treue, liebende Ehefrau. »Ich wusste, dass sie sich selbst verabscheuen würde, wenn sie Emil betrogen hätte.«
»Hört sich nach jemandem an, der mir gefallen könnte.«
Er dachte an die starke und leidenschaftliche Frau, die Adrias Schwester war. »Ja, sie würde dir sicher gefallen.« Lisette und Tarah besaßen dieselbe sanfte Stärke, denselben offenen Geist.
Ihm fiel auf, dass er sie ganz umschlungen hatte, seine Finger spielten mit ihrem Zopf. »Musst du heute Morgen irgendetwas erledigen?« Es war halb acht, die Flure der Höhle waren sicher voll von Gefährten, die ihr Tagewerk begannen.
»Nein.« Sie hatte die Augen wieder geschlossen, und die Wimpern warfen dunkle Schatten auf ihre Wangenknochen.
Langsam stieß er den Atem aus, schloss ebenfalls die Augen und schlief mit ihr in den Armen ein, Haut an Haut, und sein Wolf fand unerwartet Frieden in der Nähe einer Rudelgefährtin, die nicht urteilte und nichts von ihm verlangte, was er nicht geben konnte, und so freigiebig mit ihrem Körper war. Nie würde er Adria Morgan vergessen, ganz egal, ob ihre Affäre eine Woche oder ein Jahr dauerte.
Hawke betrachtete Sienna. Seit sie das Heim von Mercys Eltern vor zehn Minuten verlassen hatten, war seine Gefährtin in sich gekehrt. Mercy und Riley hatten ihren Alphatieren die Schwangerschaft offiziell bekannt gegeben, obwohl Lucas und Hawke es natürlich sofort bemerkt hatten, als
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