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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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Sommer gegeben hatte.
    Dann Kaffee und Cognac. Sie verließen den Tisch und setzten sich um den offenen Kamin. Germund und Maria gingen hinaus, um eine zu rauchen, das hatten sie nach dem Hauptgericht auch schon getan, sie waren die Einzigen, die noch rauchten. Die anderen redeten eine Weile darüber. In Uppsala hatten sie alle sechs gepafft, Gunilla erinnerte sich, wie die Wohnung in der Sibyllegatan am nächsten Tag immer gestunken
hatte.
    Und wie der Bus im Sommer 1972 gerochen hatte, daran erinnerte sie sich auch noch, hütete sich jedoch, etwas darüber zu sagen.
    Tomas redete weiter. Rickard und sie selbst auch, wenn auch nicht so viel.
    Aber irgendetwas stimmte nicht.
    War Anna immer so schweigsam? Waren Maria und Germund es immer gewesen?
    Sie versuchte, sie heimlich zu mustern, wie sie in ihren Korbsesseln hingen. Versuchte zu verstehen, was dem Einzelnen im Kopf herumging. Es war ein klarer Vorteil, nüchtern zu sein; auch wenn sie leicht beleidigt dasaßen, schienen sie nicht besonders aufmerksam zu sein. Man konnte sie beobachten, ohne dass sie etwas merkten.
    Hatten Anna und Rickard sich überworfen? Oder Germund und Maria? Oder war diese Erklärung zu simpel? War Maria wirklich wieder gesund?
    Sie musste zugeben, dass sie Angst vor Maria hatte. Und dass es schon vor fünf Jahren so gewesen war. Das Telefongespräch im Frühling hatte die Sache nicht besser gemacht.
    Als es halb zwölf war, beschloss sie, dass es an der Zeit war. Wenn man schwanger war, musste man viel schlafen. Und morgen war der Pilzausflug angesagt, jeder Tag brachte seine eigenen Sorgen.
    Der Spatz.
    Eine Viertelstunde, hat die Frau in der Taxizentrale versprochen. Allerhöchstens zwanzig Minuten. Ich weiß es, denn ich selbst habe angerufen.
    Warum kommt dieses Scheißauto nicht?, hatte Germund gefragt. Hast du ihnen auch genau gesagt, wo wir sind?
    Ich habe ihn gefragt, was mit ihm los ist.
    Er fragte, was ich damit meine.
    Wir standen frierend an der Straße und warteten. Ein Stück von der Pforte entfernt, so dass wir vom Pfarrhof aus nicht zu sehen waren. Es war kalt, noch kein Frost, aber fast.
    Ich finde, Gunilla hätte uns nach Hause fahren können, sagte Germund. Sie hat ja nichts getrunken.
    Ich glaube nicht, dass es Gunilla gefallen hätte, dich und mich mitzunehmen, entgegnete ich.
    Da hast du Recht, sagte Germund.
    Ich fragte ihn noch einmal, was mit ihm los sei – während wir immer noch dort standen und warteten und versuchten, uns warmzuhalten –, und wieder behauptete er, dass er nicht verstand, worauf ich eigentlich hinauswollte.
    Na gut, sagte ich. Wenn du nicht darüber reden willst, dann lass es.
    Dann kam endlich das Taxi. Es war eine junge Fahrerin, sie entschuldigte sich dafür, dass sie so spät kam. Sie hatte sich verfahren, wie sie zugab, es war erst ihr zweiter Abend als Taxi-
fahrerin.
    Germund erklärte ihr, wohin wir wollten, und dann schwiegen wir den ganzen Heimweg über. Ich überlegte, ob der alte Albtraum ihn wieder quälte, so düster hatte ich ihn lange nicht mehr erlebt. Nicht während der ganzen Zeit in Spanien und nicht, seit wir wieder zu Hause sind.
    Aber ich fand auch, dass es ein anstrengender Abend gewesen war, das muss ich zugeben. Wenn mein Scheißbruder loslegt, dann verstumme ich, ich kann mich nicht erinnern, dass es früher auch so war. Es ist ein Zeichen von Schwäche, und ich will nicht schwach sein.
    Es tut mir leid, sagte Germund, als wir zu Hause ankamen. Ich kann sie einfach nicht ertragen. Ich weiß nicht, warum.
    Ich erklärte, das sei schon in Ordnung. Fragte ihn, ob wir diesen Waldausflug einfach absagen sollen.
    Germund schüttelte den Kopf.
    Den können wir auch noch mitmachen.
    Und warum?, wunderte ich mich.
    Vertrau mir, sagte Germund, und mir wurde klar, dass ich keine Ahnung hatte, worüber er eigentlich redete.
    Er ist eingeschlafen, aber ich liege immer noch wach. Eine Unruhe pulsiert in mir, ich weiß nicht, was es ist. Alles erscheint wieder so zerbrechlich, ich fühle, dass ich von Germund abhängig geworden bin. Wenn er in die Knie geht, dann auch ich. So soll es nicht sein. Wenn man zu zweit ist, soll der eine den anderen stützen. Man kann die Rollen tauschen, muss aber immer zusehen, dass man die Nase über Wasser
hat.
    In der besten aller Welten.
    Liebe Machthaber, falls es nun welche gibt. Schenkt mir ein bisschen Schlaf. Morgen früh sieht alles anders aus.
    Der Spatz, over and out.

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    I ch habe das Gefühl, Sie erinnern sich sehr genau«, wiederholte

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