Einsatz in New York - Secret Mission ; 1
Moment verdunkeln sich seine Pupillen. »Kann schon sein.«
Sie überqueren die Avenue B, als Kanter plötzlich etwas einfällt. »Da wir gerade hier sind … Ich brauche noch ein Papier aus dem Büro.«
»Nicht jetzt, Darling. Es ist so ein schöner Tag, ich mag nicht in die muffige Bude.«
Er lässt ihren Arm nicht los. »Dauert nur eine Minute. Komm.«
Widerwillig folgt sie ihm zum Eingang des Edelweiß. Er sperrt auf, lässt sie vorgehen, tritt ein und schließt hinter ihnen ab. Wie meistens ist das Restaurant leer. Alles wäre wie sonst, würde Semyoto nicht dort am Tresen sitzen. Oona mag den Halbasiaten nicht. Er schaut einem nie richtig in die Augen.
»Ich begleite dich ins Büro«, sagt sie, da sie nicht mit Semyoto allein bleiben will.
»Was wir besprechen müssen, tun wir am besten hier«, antwortet Kanter, geht zum Fenster und schließt die Jalousie.
Oona begreift es im selben Moment. Es ist wie ein Stromschlag, wie ein glühendes Eisen, das ihr ins Herz gebohrt wird. Kanter hat sie durchschaut. Kanter weiß alles.
»Oh nein«, sagt Oona, weil sie im ersten Moment den Schein der Lüge nicht aufrechterhalten kann.
»Du hast mich verraten«, sagt Kanter. »Du hast mich ausgeliefert an einen halbwüchsigen Jungen. Mich. Deinen Mann.«
Diese Sätze sind ohne Zorn gesprochen. Die nüchterne Unerbittlichkeit macht seine Worte noch schlimmer.
Oona weiß, sie ist verloren. Trotzdem rennt sie zur Tür, rüttelt sinnlos daran. Wie ein Vogel, der einen Weg ins Freie sucht, hetzt sie zur anderen Tür.
»Du willst fort?« Kanter geht zur Bar und gießt sich von dem grünen Schnaps ein. »Keine Sorge, ich bringe dich fort von hier. Allerdings wirst du dann nicht mehr laufen können.«
Oona bleibt stehen und starrt Semyoto an. Sie weiß nicht viel über seine Praktiken, doch was sie gehört hat, genügt. Oona kriegt solche Angst, dass sie glaubt, sich übergeben zu müssen.
»Ich stelle dir ein paar Fragen und erwarte klare Antworten.« Kanter trinkt in kleinen Schlucken. »Du hast den Jungen getroffen?«
Hundert Gedanken geistern durch ihren Kopf, die meisten davon sind mögliche Lügen. Sie betrachtet ihren ruhig und entschlossen wirkenden Mann, betrachtet den Meister des Schmerzes, der Oona nicht einmal ansieht.
»Stimmt.« Oona lehnt sich an die Wand.
»Im Museum?« Oona nickt stumm. »Mein Mann war nicht sicher. Es kam ihm bloß vor, als ob du mit jemandem gesprochen hast. Was hast du Rick verraten?«
Oona überlegt, räuspert sich. »Eigentlich gar nichts. Ich weiß doch nichts.« Sie will zu ihm, eine Geste Kanters stoppt sie. »Bitte, Theo …!«
»Was hast du dem Jungen verraten?«
»Monroe Street«, flüstert Oona.
»Der Bursche ist wirklich erstaunlich.« Kanter lächelt zu Semyoto. »Unter all den Möglichkeiten findet er die richtige heraus.« Zu Oona gewandt sagt er: »Rick hat mich in eine schwierige Lage gebracht. Ich wurde für die Lieferung einer Ware bezahlt. Die Abwicklung des Geschäfts erfolgte ordnungsgemäß, bis Rick die Übergabe verhindert hat. Was soll ich jetzt tun? Das Geld zurücküberweisen? Was würdest du tun, mein Liebling?«
»Bitte tu mir nicht weh.« Sie kann die Tränen nicht länger zurückhalten. »Bitte … ich flehe dich an, tu mir nicht weh!«
»Ach, weißt du …« Er rutscht vom Barhocker und geht auf sie zu. »Der Schmerz ist nicht das Schlimmste dabei. Es ist die Unabsehbarkeit, die ihn so schrecklich macht.« Dicht vor ihr bleibt er stehen. »Die Unabsehbarkeit, dass es nie aufhören könnte. Semyoto wird nicht zulassen, dass du das Bewusstsein verlierst. Er wird nicht erlauben, dass du dich in das Glück einer Ohnmacht flüchtest.« Kanters Augen sind traurig. »Und das, meine Hübsche, ist das Entsetzliche daran.«
Oona weiß nicht, dass sie selbst es ist, die schreit. Sie hört nur diesen verzweifelten, langgezogenen Schrei. Kein Wort ist darin, kein Ausruf, keine Bitte. Es ist ein Schrei absoluter Hoffnungslosigkeit. Kanter nimmt ihren Arm und führt sie zum Tresen, während Semyoto aufsteht und seine Jacke auszieht.
33
»Du musst aus der Sache aussteigen«, sagt Storm.
»Erst, wenn es vorbei ist.« Mit dem linken Arm hält Rick sie umfasst. Den rechten hat Storm mit seinem Hemdsärmel verbunden.
»Es ist vorbei. Bitte hör auf!« Sie fleht Rick an. »Du hast die Lieferung gestoppt, hast den Deal verhindert. Du hast den Täter ausgeschaltet.«
»Der andere ist entkommen. Er hat den Inhalt der fünften Kiste mitgenommen.«
Sie sitzen
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