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Einsatzort Vergangenheit (German Edition)

Einsatzort Vergangenheit (German Edition)

Titel: Einsatzort Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Neumann
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mit Nachdruck. Phil schien meinen
Gesichtsausdruck richtig zu deuten, denn mit einem Schulterzucken drehte er
sich rum und ging wieder zu der Schlampe im edlen Gewand und rief so laut, dass
die anderen Gäste es mitbekamen und sich zu uns drehten:
    „Tu,
was du für richtig hältst!“ Wie vor den Kopf geschlagen, dass er mich ohne
jeglichen Widerstand hatte gehen lassen, blieb ich für einen Moment regungslos
stehen. Als ich jedoch die Blicke der umliegenden Gäste auf mir spürte, kam
Bewegung in mich. Mitleid konnte ich ganz gewiss nicht gebrauchen, also ging
ich hoch erhobenen Hauptes zum Ausgang, wo Raleigh auf mich wartete. Einer der
Diener brachte mir meinen Mantel und ich schlüpfte schnell hinein und zog meine
Handschuhe an, draußen wehte ein eisiger Wind, gegen den ich mich mit vielen
Kleidungsschichten schützen musste.
    „Sir
Walter, danke noch einmal für alles. Ich stehe tief in Eurer Schuld!“ Ich
ergriff mit beiden Händen seine und drückte sie dankbar.
    „Gern
geschehen. Ich habe mir erlaubt Euch eine meiner Sänften zur Verfügung zu
stellen. Dort werdet Ihr es bequemer und auch wärmer haben.“ Er hob meine Hände
an seine Lippen und küsste sie. Und damit meinte ich nicht, dass er mir einen
Kuss in Richtung Hand hauchte, wie es der anständige Weg gewesen wäre. Nein,
seine Lippen berührten das Leder meiner Handschuhe und verweilten dort für
einen Augenblick. Er gab wirklich nicht auf, man musste seine Ausdauer
bewundern. Mit einem Augenzwinkern sah er zu mir:
    „Solltet
Ihr es Euch doch noch anders überlegen, würdet Ihr mich zu einem glücklichen
Mann machen!“
    „Sollte
es so kommen, dann werde ich mich an Euch wenden!“ Seine lausbübische Art
entlockte sogar mir ein Lächeln. Dann jedoch entzog ich ihm meine Hände und
machte mich auf den Heimweg.

33.
Kapitel
     
    Der
Weg zu unserem Haus war nicht weit, dennoch war es wesentlich angenehmer bei
diesem Wetter in einer geschützten Sänfte unter Decken zu sitzen, als zu Fuß
oder zu Pferd die dunklen Gassen Londons zu durchqueren. Ich ließ mich in die
Kissen der Sänfte fallen und genoss das sanfte Schaukeln, das mich wie auf
einem Schiff fühlen ließ. Das stete Auf und Ab der Sänfte lullte mich ein, ließ
mich müde werden und nur mit Mühe konnte ich meine Augen noch offen halten. Mit
einem Mal merkte ich, wie erschöpft ich war, alles in mir fühlte sich leer und
ausgepumpt an. Plötzlicher Lärm ließ mich aufschrecken, die Sänfte blieb abrupt
stehen. Lautes Geschrei ertönte und das Klirren von Metall auf Metall war zu
vernehmen. Vorsichtig öffnete ich die Vorhänge und lugte heraus. Was ich
erblickte, ließ mir das Herz in die, nicht vorhandene, Hose sinken. Eine Gruppe
von abgerissenen Vagabunden hatte die Fackelträger angegriffen und sie
überwältigt, regungslos lagen diese neben ihren Fackeln am Boden. Noch waren nicht
alle erloschen und ich konnte bei einem der Träger ein dünnes, dunkles Rinnsal
erkennen, das aus einer Wunde an seinem Kopf auf den Boden lief. Angst schnürte
mir den Hals zu. Diese Kerle würden vor nichts und niemanden haltmachen, um an
ihr Ziel zu kommen. Gleich, nachdem sie die Fackelträger ausgeschaltet hatten,
kamen die Kerle auf die Sänfte zu und begannen auf die Träger einzudreschen.
Ich wurde kräftig hin und her geschüttelt. Mit aller Kraft musste ich mich am
Gestänge festhalten, ansonsten wäre ich vermutlich herausgefallen.
    „Stopp!“,
schrie ich panisch auf. Meine Schreie verhallten ungehört. Warum bekam niemand
etwas mit? Das war doch keine einsame Landstraße, wir waren im Herzen Londons!
Verzweifelt hoffte ich, dass irgendjemand zu meiner Rettung kam.
    „Seid
ihr denn bescheuert? Wollt ihr, dass sie zu Boden fällt und sich verletzt?“,
ertönte eine mir unbekannte Stimme und die Kämpfe schienen zum Stillstand zu
kommen. Schlagartig wurde es in der Sänfte wieder ruhig. Seine Worte machten
mir klar, dass der Überfall kein zufälliger sondern wohl geplant war. Was war
hier los? Wer wollte mir an den Kragen?
    „Stellt
das Ding ab und verschwindet so schnell ihr könnt!“, bellte die Stimme ihren
Befehl. Den Trägern war ihr eigenes Leben wohl lieber als das Meinige.
Widerstandslos gehorchten sie und setzten die Sänfte unsanft ab. Das Nächste,
was ich hörte, waren sich eilig entfernende Schritte.
    „Feiglinge!“,
murmelte ich fluchend. Im nächsten Moment gewann die Panik wieder Oberhand. Ich
war völlig auf mich alleine gestellt und diesen Ganoven ausgeliefert.

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