Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
als sei ich eine lästige
Pflicht. Alles was ich heute hatte mit anhören müssen, hatte sich zu einem
Staudamm angesammelt und nun kam der letzte Tropfen hinzu, der den Damm zum
Bersten brachte. Meine ganze Wut entlud sich über Phil:
„Oh
ja, ein ganz großer Aufpasser bist du. Weißt du eigentlich, was Richard mir vorhin
erzählt hat?“, fuhr ich ihn zornig an. Er zuckte ratlos mit den Schultern und
sah mich fragend an.
„Bin
ich Hellseher?“, kam es gelangweilt von ihm.
„Nein,
aber ein hinterhältiger Lügner! Du hast die ganze Zeit gewusst, dass wir in
jedem Fall nach Hause gekommen wären, und hast trotzdem so getan, als gäbe es
kein Zurück! Verarscht hast du mich!“ Ich war so sauer wie schon lange nicht
mehr und was machte dieser Idiot? Er grinste mich frech an.
„Das
ist aber jetzt doch stark übertrieben! Reg‘ dich nicht auf, wir sind ja wieder
heil gelandet.“ Ich sollte mich nicht aufregen? Erwartete er etwa von mir, dass
ich das alles brav schluckte und noch dazu lachte? Da hatte er sich aber
gewaltig geschnitten!
„Ich
bin fast tausend Tode gestorben vor Angst nicht mehr nach Hause zu kommen,
während du dir heimlich ins Fäustchen gelacht hast, weil ich so doof war und
dir geglaubt habe!“
„Ich
habe gewiss nicht über dich gelacht. Hast du dir mal Gedanken darüber gemacht,
warum ich das gemacht habe? Das war ein Test, um zu sehen, wie du in solchen
Situationen reagierst und dich anpasst!“
„Warum?
Es war schon aufregend genug für mich ohne Vorwarnung durch die Zeit zu reisen.
Kannst du dich vielleicht mal in meine Situation versetzen? Was hättest du denn
gemacht, wenn du an meiner Stelle gewesen wärst? Lässig und cool, ohne Sorgen?
Ich glaube nicht!“ Ich hatte die Schnauze gestrichen voll und war kurz davor zu
Richard zu gehen, um ihm mitzuteilen, dass ich meine Entscheidung doch noch
rückgängig machen wollte, wenn es noch ging. Entschied mich aber dann doch
dagegen. Ich war Lehrerin und musste jeden Tag mit Pubertierenden
zurechtkommen, da würde ich mich doch nicht von jemandem wie Phil Berger aus
der Spur bringen lassen.
„Ich
wollte testen, ob du dich wirklich zur Zeitreisenden eignest. Hättest du
wirklich alles gegeben, wenn du gewusst hättest, dass wir, egal wie es ausgeht,
jederzeit heimkönnen?“
„Aber
klar doch, was denkst du von mir?“
„Ich
denke, dass du definitiv das Zeug für diesen Job hast. Du bist kreativ, engagiert
und vor allen Dingen behältst du einen klaren Kopf, wenn es drauf ankommt. Und
das wollte ich herausfinden, bevor wir anfangen dich auszubilden! In dem
Moment, in dem wir in London gelandet waren, war mir klar, dass das was mit
meinem Auftrag dich zu rekrutieren zu tun haben musste. Da dachte ich mir, dass
ich dich auch gleich testen kann!“ Ich konnte seine Aktion zwar nachvollziehen,
musste es aber deswegen nicht gutheißen, mein Zorn war jedenfalls noch nicht
verraucht.
„Wer
bist du eigentlich, dass du dir solche Freiheiten herausnehmen kannst? Bist du
so eine Art Chef oder was? Warum kannst du so etwas bestimmen?“ Doch es war
nicht Phil, der antwortete, sondern Tom, der sich in unsere Unterhaltung
einmischte, die er bis dato nur als stummer Zuschauer verfolgt hatte.
Kameradschaftlich schlug er Phil mit einer Hand auf die Schulter:
„Und
Phil, wie fühlt man sich, wenn man auf eine Frau trifft, der nicht bei deinem
Anblick die Knie schwach werden, sondern dir auch noch Paroli geben kann? Die
nächsten Wochen mit euch werden bestimmt sehr unterhaltsam. Endlich kommt mal
Abwechslung in dieser Bude!"
Und
so begann meine Ausbildung als Zeitreisende.
15.
Kapitel
Was
folgte, waren anstrengende Tage und Wochen. Richard hatte mich bereits vorgewarnt,
dass es nicht einfach sein würde. Was er nicht erwähnt hatte, war, dass es in
Knochenarbeit ausartete. Meine Tagesabläufe waren nun nach einem strengen Plan,
wie auf einer Militärakademie, eingeteilt: morgens Schule, wenn ich keinen
Nachmittagsunterricht hatte, dann stand der Einführungskurs für Zeitreisende
auf dem Plan. Wenn ich mich dann am Abend noch auf den Beinen halten konnte,
musste ich den Unterricht vorbereiten, Klassenarbeiten korrigieren,
Elterngespräche, und alles, was sonst noch so anfiel, bewältigen. Es gab fast
keinen Abend, an dem ich nicht völlig erschöpft ins Bett ging und sofort in
einen tiefen, traumlosen Schlaf fiel. Und wenn dann noch ein Quäntchen Zeit
übrig blieb, dann kümmerte ich mich um mein Privatleben, versuchte
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