Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
inzwischen war auch Richard zu uns gestoßen.
„Wir
werden euch als niederländisches Geschwisterpaar an den Hof schicken. Ihr habt
ein Empfehlungsschreiben von Wilhelm von Oranien im Gepäck, worin er Elisabeth
bittet, euch ihre Gastfreundschaft zu gewähren. William steht, gerade was die
Spanier angeht, auf ihrer Seite. Aus diesem Grund wird sie euch auch aufnehmen.
Alles andere liegt bei euch!“
„Warum
als Niederländer? Wir werden doch nicht die Einzigen bei Hofe sein. Was wenn
wir auffliegen?“, erlaubte ich mir zu fragen.
„Laut
unseren Unterlagen solltet ihr momentan die Einzigen vor Ort sein. Und wenn es
Knall auf Fall kommt, müsst ihr euch etwas einfallen lassen“, antwortete
Richard in gelassenem Tonfall. Was einfallen lassen. Klar, nichts einfacher als
das!
„Warum
muss Laura unbedingt mit? Ich meine, das ist nichts, was ich nicht schon
Dutzende Male alleine gemacht habe!“ Phil wirkte gereizt und ärgerlich. Ich
hatte doch mit meiner Vermutung recht gehabt. Er wollte mich tatsächlich nicht
dabei haben! Dann hatte er meine Lektionen tatsächlich herausgezögert, weil er
unseren ersten gemeinsamen Auftrag nach hinten aufschieben wollte. Diese
Kanaille!
„Lauras
Aufgabe ist es, sich mit Drake und Raleigh bekannt zu machen. Sie soll sie ein
bisschen bezirzen und vielleicht beeinflussen. Ohne an deinen Fähigkeiten zu
zweifeln, glaube ich nicht, dass die Herren auf dich anspringen, Phil. Deine
Aufgabe ist es die Hofdamen, wenn nicht sogar die Königin, zu beeindrucken. Die
Einwilligung der Königin ist fast das Wichtigste an dieser Aktion. Aber seid
vorsichtig, dass man euch nicht für spanische Spione hält!“ Spione? Auf diesen
Gedanken war ich bisher noch nicht gekommen. Sollten wir unvorsichtig sein,
könnte dies tatsächlich zum Problem für uns werden.
„Hätten
wir wohl doch noch eine Tanzstunde einlegen sollen, was?“ Phil zwinkerte mir
unverhohlen zu. Die Folge davon war, dass ich wieder an den Kuss oder besser
gesagt, den Beinahe-Kuss, denken musste. Prompt errötete ich, was aber glücklicherweise
niemandem aufzufallen schien.
„Vielleicht
gibt mir Raleigh ja eine Tanzstunde, er soll ein guter Tänzer sein. Mag sein,
dass ich da was lernen kann!“
„Wenn
du meinst, dass er es besser kann als ich!“ Wir benahmen uns schon wie ein richtiges
Geschwisterpaar, das sich ständig anfrotzelte. Diesen Teil unserer Tarnung
mussten wir definitiv nicht mehr üben.
„Könntet
euch mal auf euren Einsatz konzentrieren? Es wäre nett, wenn ihr euch umziehen
würdet, wir möchten euch nämlich noch heute auf die Reise schicken!“ Richard
tat zwar so, als gingen ihm unsere Neckereien auf den Geist. Als ich jedoch ein
zweites Mal zu ihm hinsah, konnte ich sehen, dass ein fast unmerkliches Lächeln
seine Lippen umspielte.
Damit
wir nicht noch mehr Zeit verloren, begab ich mich zu Tom und seinem Team. Eine
von Toms Gehilfinnen ging mir beim Umziehen zur Hand. Sie begann damit meine
Haare zu flechten und diese in kleinen, kunstvollen Knoten, um den Kopf zu
legen, zur Verzierung flocht sie Perlenschnüre in meine Haare. Zufrieden
betrachtete Christine ihr Werk, bevor sie mir beim Ankleiden half. Eine Schicht
nach der anderen wurde mir angelegt und festgezurrt. Das Gefühl des Korsetts
fühlte sich inzwischen schon fast vertraut an und war nicht mehr so ungewohnt
wie beim ersten Mal. Das Kleid, das ich nun trug war, im Vergleich zu dem,
welches Phil damals in London besorgt hatte, um einiges aufwendiger und
wertvoller verarbeitet. War das Letzte noch aus einfacherem Stoff gewesen, so
war dieses aus Seide mit verspielten Mustern und Stickereien. Und eine weitere
Neuerung gab es im Vergleich zum letzten Mal, das Kleid verfügte über einen
hochstehenden Kragen aus Spitze, der hoch in meinem Nacken stand und meinen
Hals schwanengleich verlängerte. Abschließend bekam ich noch kostbare
Goldketten und Ohrringe angelegt. Erst als Christine mit allem fertig war,
erlaubte sie mir mich im Spiegel zu betrachten. Für einen Moment blieb mir der
Mund offen, das sollte ich sein? Diese elegante Gestalt, die mir schüchtern
entgegenlächelte, war tatsächlich ich. Bisher hatte ich mich nur auf dem Foto
gesehen, dass Phil damals im Stall geschossen hatte. Aber das war bei
bescheidenen Lichtverhältnissen aufgenommen worden und war nicht besonders
detailliert gewesen. Nun konnte ich mich im hellen Licht aufs Genaueste ansehen
und war begeistert von dem, was ich sah.
„Du
siehst wunderschön aus, fast wie
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