Einspruch fuer die Liebe
der Mutter allzu gut identifizieren. In einer Minute oder zwei würde sie das Gerät weglegen, ihre Tochter anlächeln und sagen: »Tut mir leid. Ich musste das nur noch fertig machen.« Nur dass es eben noch nicht fertig war, denn kein Arbeitsproblem, das dringend genug war, um die Aufmerksamkeit einer Frau zu beanspruchen, die gerade mit ihrer Tochter aß oder auf einem Grillabend des besten Freundes war oder bei einem Buchclubtreffen mit ein paar Freundinnen, konnte sich jemals mit nur einer E-Mail lösen lassen. Die Arbeit würde immer noch da sein, wenn die Frau nach Hause kam, denn die Arbeit war immer da. Die Frau beschwerte sich ja auch nicht – sie mochte ihren Job –, aber in letzter Zeit fragte sie sich immer öfter, ob ihr Leben ein wenig … aus dem Gleichgewicht geraten war.
Oder vielleicht interpretierte Brooke da auch einfach nur ein wenig zu viel hinein. Ein kleines bisschen.
Sie vertagte diesen Gedanken, während sie zu ihrem Hotel zurückging. In ihrem Zimmer schaltete sie ihren Laptop ein und kümmerte sich natürlich zuerst um ihre Arbeitsmails. Danach warf sie einen Blick in ihr persönliches Postfach und sah, dass Rachel ihr geschrieben hatte. Sie schrieb, wie großartig es gewesen sei, Brooke auf Fords Grillabend wiederzutreffen, und wollte wissen, ob Brooke vielleicht Lust hätte, sich für nächste Woche mit ihr zum Mittagessen zu verabreden?
Brooke begann zurückzuschreiben, dass sie nächste Woche wahrscheinlich zu viel zu tun haben würde. Auch wenn sie es nicht ausdrücklich erwähnte, dachte sie bereits darüber nach, wie sie nach ihrer dreitägigen Abwesenheit die liegen gebliebene Arbeit aufholen konnte, besonders da sie Ian sehr wahrscheinlich mitteilen würde, dass sie ging …
Mitten im Satz hielt sie inne und nahm ihre Hände von der Tastatur.
Sie war es so leid , diese Worte zu schreiben.
Tut mir leid. Hab zu viel zu tun. Kann nicht von der Arbeit weg.
Verdammt, an dem Abend habe ich ein Geschäftstreffen.
Vielleicht nach der Arbeit.
Ich bin vielleicht dabei, hängt von der Arbeit ab.
Arbeit.
Arbeit.
Arbeit.
Brooke stand vom Schreibtisch auf und ging zum Fenster. Sie schaute auf die Skyline von Charlotte hinaus, die im Sonnenuntergang sehr hübsch aussah. Aber es war nicht Chicago.
Sie atmete tief durch. Zum ersten Mal seit Jahren wurde ihr klar, dass sie keine Ahnung hatte, was sie wollte. Es war eine Sache, wenn sie akzeptierte, dass sich ihr gegenwärtiger Lebensstil nicht mit einer langfristigen Partnerschaft vertrug, aber was war mit ihren anderen Beziehungen? Sie traf sich mit Ford, also gelang es ihr wenigstens, diese eine Freundschaft aufrechtzuerhalten. Und die anderen? Was war mit Rachel? Dem Buchclub? Ihren ehemaligen Kollegen aus ihrer alten Kanzlei? Sie hatten sich regelmäßig einmal im Monat für die Freitags-Happy-Hour getroffen. Wann hatte sie aufgehört, dorthin zu gehen?
Sie konnte praktisch hören, wie Ford sie verteidigte, sogar vor ihr selbst.
Arbeit, Familie – was auch immer, wir sind alle total beschäftigt.
Ja, aber es gab das normale »Ich bin beschäftigt« und es gab »Verdammt, wann habe ich zum letzten Mal meine Eltern angerufen?«
Verdammt. Wann hatte sie zum letzten Mal ihre Eltern angerufen? Sie schrieb ihnen regelmäßig E-Mails, aber ein richtiger Telefonanruf? Sie hätte es auf ihrem Handy nachlesen können, aber sie war sich ziemlich sicher, dass sie es gar nicht so genau wissen wollte.
Dieser Job bei Spectrum klang genauso fordernd wie der bei Sterling, angesichts der ganzen Reisen vielleicht sogar noch fordernder. Und Brooke wusste, dass sie sich bei ihrem neuen Arbeitgeber erst mal würde beweisen wollen – genauso wie sie es die letzten zwei Jahre bei Sterling getan hatte. Sie hatte eigentlich schon immer den Drang dazu verspürt, denn sie war das Mädchen aus den Karrees, das sich für jede Chance den Hintern abgearbeitet hatte.
Aber vielleicht war es an der Zeit, damit aufzuhören, sich ständig etwas beweisen zu wollen.
Vielleicht war es an der Zeit, mal durchzuschnaufen, die Dinge langsamer angehen zu lassen und einfach ihren Erfolg zu genießen – und alle anderen Dinge in ihrem Leben ebenfalls.
Allerdings wusste sie nicht genau, wie man das machte.
Du bist eine kluge Frau. Du wirst herausfinden, wie das geht.
Plötzlich schossen Brooke kleine seltsame Tränen in die Augen, und sie musste ein wenig über sich selbst lachen. Auch wenn Cade nicht hier war und sie gar nicht miteinander sprachen, schaffte er
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