Einst herrschten Elfen
versammelt. Es war mitten in der Nacht und völlig dunkel. Gyal hatte ein Tuch vor die Sterne gelegt, und die Menschenaugen konnten die Elfen nicht entdecken. Sie hatten gemeinsam gebetet, die Kriegsbemalung aufgelegt und die Waffen ihres Körpers und jene aus Stahl gesegnet.
Vierundsiebzig gegen Tausende, und dies in einer Stadt, in der die Magie verbreitet war wie der Staub unter den Füßen. Jeder Schritt konnte eine iad oder einen ula in Shorths Umarmung schleudern. Ein unsichtbarer Feind, der mit größerer Zielsicherheit tötete als alles, was der Regenwald aufzubieten vermochte. Dennoch konnte Katyett in den Augen ihrer Kämpfer keine Angst entdecken. Yniss segnete ihre Körper, Tual führte ihre Hände und lenkte ihre Füße.
»Überall in Ysundeneth sind die Menschen. Sie haben den Shorth-Tempel und die Kaserne der Al-Arynaar besetzt, den Elfen die Häuser weggenommen und die Bewohner hinausgeworfen oder umgebracht. Ihre Magie ist ungeheuer gefährlich, und sie haben gefährliche Krieger. Sie kämpfen verbissen und tragen Rüstungen, um ihre Unzulänglichkeit auszugleichen. Auch mit dem Bogen können sie gut umgehen. Unterschätzt sie nicht, auch wenn sie langsam sind. Ihre Zahl ist groß, und die Furcht vor ihren Herren treibt sie an. Lasst euch nicht von den Wegen weglocken, die ich euch gezeigt habe. Ihr wisst alle, was wir erreichen wollen. Zeigt keine Gnade und rechnet nicht mit Gnade. Sie wissen, dass wir kommen. Sie können ihre Wachsprüche nicht dort ausbringen, wo sie sich selbst bewegen, aber überall sonst, wo wir wandern, müssen wir auf die Magie gefasst sein. Falls etwas seltsam riecht oder sich nicht gut anfühlt, wählt einen anderen Weg. Ich kann es mir nicht erlauben, auch nur einen von euch zu verlieren. Ich liebe euch. Ihr seid meine Brüder und Schwestern. Meine Familie. Habt ihr Fragen?«
Die Elfen schwiegen eine Weile. Katyett bemerkte das Unbehagen der Kämpfer und auch ihre Blicke.
»Estok«, sagte sie. »Sprich. Es passt nicht zu dir, so schweigsam zu sein.«
Estok nickte und deutete auf Takaar, der nahe genug war, um es zu hören.
»Was tut er hier?«, zischte Estok. »Wir können ihm nicht trauen, und du hast ihn mit Marack und Auum zusammengesteckt. «
»Wir brauchen ihn«, entgegnete Katyett.
Der Anblick von Estoks Miene traf sie wie eine Ohrfeige.
»Wir? Wir sind dir seit zehn Jahren gefolgt, und du hast uns nie auf einen falschen Weg geführt. Er kommt aus dem Nichts herbei, und jedes Mal, wenn du eine Entscheidung triffst, siehst du ihn an, als suchtest du seine Zustimmung. Wir brauchen ihn nicht. Wir brauchen auch den Unsichtbaren nicht, mit dem er die halbe Zeit spricht. Vielleicht bist nur du es, die ihn braucht.«
Katyett fühlte sich verletzt und musste sich beherrschen, um Estok entschlossen zu antworten und nicht schon wieder zu Takaar zu blicken.
»Meine Vergangenheit mit Takaar ist allein meine Sache«, erwiderte Katyett vorsichtig. »Aber du siehst die Situation nicht so, wie sie ist. Ja, er stellt ein Risiko dar. Das sagt er sogar selbst. Aber denk nach. Was heute Nacht und in den kommenden Tagen auch geschieht, uns steht ein Ringen bevor, um unser Volk zu einen und Calaius von den Menschen zu befreien. Der Ruf der Priesterschaft ist dahin. In dem Augenblick, in dem wir sie am dringendsten brauchen, halten die Priester nicht zusammen und treten nicht für die Harmonie ein. Sie sind zerstritten. Einige unter ihnen haben uns alle verraten. Die Elfen brauchen einen Anführer. Wer sonst fällt euch ein?«
»Er wurde geächtet!«, hallte Estoks Einwand von den Klippen wider. Leiser sprach er weiter. »Wer wird ihm noch folgen? Was ist mit seinem Ruf? Du hast ihn zu den Ynissul sprechen sehen. Haben sie ihn freudig aufgenommen oder waren sie misstrauisch? Er kann nicht hoffen, noch einmal den Einfluss zu genießen, den er früher besaß. Das ist doch lächerlich.«
Estok blickte Takaar herausfordernd an.
»Es ist der reine Wahnsinn«, fügte Estok hinzu. Takaar achtete jedoch nicht auf sie, sondern murmelte irgendetwas und rieb sich das Kinn. »Verkörpert der da wirklich die Rettung der Elfen?«
Katyett starrte Takaar an. Estoks Worte hatten sie tief getroffen. Takaar haderte tatsächlich schon wieder mit sich selbst. Aller Augen ruhten auf ihm, und er bemerkte es nicht. Hin und wieder bekam sie etwas von dem mit, was er sagte. Seine Antworten auf das, was er im Kopf vernahm, klangen nach jemandem, der verzweifelt versuchte, nicht verrückt zu werden,
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