Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
Vom Netzwerk:
stand Benedikt am
Fenster seines Arbeitszimmers im Apostolischen Palast und winkte uns zu. Sein weißes
Haar leuchtete in der Morgensonne und über der Spitze des Petersdoms ringelten sich
Schäfchenwolken, wie um uns zu signalisieren, dass die Verbindung zum Himmel hergestellt
war.
    Dann sah
ich seine Gestalt durch das Heckfenster auch schon kleiner und kleiner werden …
und mir wurde ganz wehmütig ums Herz!
    Manchmal
bleibt nur noch Zeit für eine unscheinbare Geste. Aber im kosmischen Fegefeuer dieses
Universums kann selbst ein harmloser Wink zum Zeichen werden.
     
    Als habe der Pilot auf mysteriöse
Weise von meinem Besuch erfahren, flog er diesmal einen außerplanmäßigen Bogen durch
den Luftraum des Vatikans. Vor uns ragte die Kuppel des Petersdoms auf und weiter
hinten erstreckten sich die Vatikanischen Gärten mit ihrem ausgedehnten Wegenetz.
Die winzige weiße Gestalt zwischen ihren beiden schwarz gekleideten Begleitern dort
unten schien tatsächlich Papst Benedikt bei seinem nachmittäglichen Spaziergang
sein – und unwillkürlich hob ich noch einmal die Hand zum Gruß.
    Frau Welt,
du sollst dem Wirte sagen, die letzte Schuld ist abgetragen. Ich habe nichts mehr
zu begleichen, er soll mich von der Liste streichen …

37
     
    Vor der Landung bekam ich wieder
meine weltanschaulichen Anwandlungen. Wenn ich meinen Ausflug um den Globus Revue
passieren ließ, dann fiel mein Resümee nämlich eher niederschmetternd aus.
    Ich war
immer noch auf meine Familie angewiesen. Ich würde weiter ihrer Erziehungswillkür
ausgeliefert sein, jedem Furz, der sich durch ihre Eingeweide quälte …
    Aber wenigstens
hatte ich inzwischen den Plan aufgegeben, sie mit Abflussreiniger zu vergiften.
Mir war einfach nicht mehr danach. Pottkämper senior war schließlich auch nur ein
ganz gewöhnlicher Verbrecher, der nach der wohlfeilen Devise handelte: Wie kann
ich meine finanziellen Probleme mit öffentlichen Mitteln lösen?
    Ich hatte
kaum das Flughafengebäude verlassen, da schaukelte auch schon unsere rollende Sänfte
mit der glitzernden Kühlerfigur Spirit of Ecstasy um die Ecke – wie immer
mindestens 40 km/h zu schnell. Weniger wäre einfach Zeitverschwendung gewesen. Und
natürlich kam P. senior wieder mal in allerletzter Minute. Die Reifen unseres Ungetüms
scheuerten an der Bordsteinkante und winzige Rauchfahnen stiegen aus den polierten
Radkappen auf.
    MEIN ALTER
HÄTTE SELBST NOCH DEN WELTUNTERGANG VERPASST …
    Für einen
staatlichen Almosenempfänger sah er bemerkenswert erholt aus. Als habe er wieder
mal einen vergnüglichen Vormittag mit dem Sortieren von blassblau-grünen Schalen
der Song-Dynastie oder mondweißen Vasen aus der Jin-Dynastie verbracht! Selbst die
Sonderfarbe seines Rolls Royce – burgunderrotmetallic – stand ihm ausgezeichnet
zu Gesicht. Finanziell ging’s ihm anscheinend wie immer blendend. Wahrscheinlich
hatte er wieder mal einen Pollock gefälscht, diesmal sozusagen inkognito.
    Manchmal
fragte ich mich, wie alt er wohl tatsächlich sein mochte und ob das Datum in seinem
gefälschten Pass auch nur entfernte Ähnlichkeit mit seinem wirklichen Geburtsdatum
besaß. Vielleicht war Pottkämper senior ja sogar der erste Unsterbliche auf diesem
Planeten? Ich meine, einem Betrüger wie meinem Alten ist alles zuzutrauen. So einer
wischt selbst den Gesetzen der biologischen Alterung noch eins aus.
    »Tut mir
leid«, sagte ich. »Deine Tochter ist in den Staaten geblieben. Wegen unglücklicher
Liebe.«
    Sein gelbes
Plastikohr zuckte kurz bei meinen Worten. Ansonsten war seiner Miene nicht anzusehen,
ob ich das Zucken als Drohung oder als Begrüßung verstehen sollte.
    »Wir reden
später darüber …«
    Meine Mutter
hockte stumm neben ihm, den Blick ängstlich an meine Lippen geheftet, als erwarte
sie noch weitere Unflätigkeiten. Ihre spitzen Knie lugten glatt und weiß unter dem
Saum ihres Pelzmantels hervor. Keine Ahnung, ob sie noch etwas darunter trug. Womöglich
träumte sie auch nur mit offenen Augen von ihren vorgeblichen Negerkindern?
    »Wo ist
deine Brille? fragte mein Alter. »Was ist mit deinen Augen passiert?«
    »Die Fitzigman-Brille?
– weggeworfen … ob man gut sieht, ist letztlich nur eine Frage des Willens.«
    »Bei Anja
scheint sich dein Wille wohl gerade verabschiedet zu haben? Täusche ich mich, oder
hatten wir eine klare Vereinbarung?«
    »Wenn man
alle gebrochenen Vereinbarungen der Menschheit zusammenzählen würde, überträfen
sie wohl die Anzahl der Atome im Universum

Weitere Kostenlose Bücher