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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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geradezu
intellektueller Inbrunst ereiferten sie sich danach über den Unterschied von literarischer
Fiktion und Realität; ob der Held im Roman zwangläufig ein gebrochener Charakter
sei, der erst in Krisen über sich hinauswachse, im Tohuwabohu des Alltags dagegen
scheitere.
    Und irgendwann
fiel auch mein Name. Eine von ihnen fragte: »Oder habt ihr schon mal einen Wegweiser
gesehen, der den Weg, den er weist, auch geht?«
    Danach brachen
sie prompt wieder in schallendes Gelächter aus und schnatterten und schlugen sich
auf die dürren alten Schenkel, dass die morschen Knochen krachten. Am liebsten würden
sie sich wohl auch noch mit Mehl beworfen haben!
    Ich war
nahe daran, wieder das Fenster zu öffnen, weil sie sich dann vielleicht eine Lungenentzündung
zugezogen hätten; doch mein angeborener Großmut und meine bis zur Selbstaufgabe
gehende Barmherzigkeit hinderten mich daran, ihnen die passende Antwort zu geben.
    » Überall
ist Wunderland, überall ist Leben «, murmelte ich verdrießlich. » Bei meiner
Tante im Strumpfenband, wie irgendwo daneben … Joachim Ringelnatz«.
    Aber sie
schienen mich einfach nicht verstehen zu wollen.

Ende
     
    Meine Beurlaubung ging dem Ende
zu und am Tag, als ich zum ersten Mal wieder unser Klassenzimmer betrat, trampelte
das Auditorium vor Begeisterung. Ein paar Knilche schwenkten ihr TIME Magazine mit
meinem Konterfei. Jemand warf einen Schwamm gegen die Deckenlampe, von wo aus er
erst in die Ablage der Tafel flog und dann im Joghurt unserer Lehrerin landete …
    Es war,
als wenn Michael Jackson und der Präsident der Vereinigten Staaten gleichzeitig
zu Besuch gekommen wären. Ich setzte mich huldvoll nickend an meinen alten Platz
in der hintersten Reihe.
    Da waren
sie alle wieder: Karl der Kapuzenmann, der während der Schulstunden einen schwunghaften
Handel mit Pornovideos betrieb. Albert und Clemens, die immer vergeblich versuchten,
den Rolls Royce meines Alten zu klauen. Der schwergewichtige Alfred Gruchulsky,
der unter dem Tisch an seinen Raubkopien arbeitete. Unsere Lehrerin Fräulein Schiffgen
war immer noch nicht schwanger, obwohl sie sich das sehnlichst wünschte. Und am
Schwarzen Brett steckten die anonymen Angebote der Schüler, großzügig und jederzeit
für ihren Freund einzuspringen.
    Kurz, alles
war wie immer. Es war der nackte Wahnsinn! Womöglich sollte das sogar die Lehre
sein, die ich aus alledem zu ziehen hatte: Man brauchte gar nicht weit zu reisen.
In dieser Melange aus Menschenhirnen war bereits das ganze zukünftige Desaster enthalten.
Hier konnte man jede Einzelheit studieren, um dann zu dem Ergebnis – zu dem endgültigen
und unwiderruflichen Ergebnis – zu gelangen: DASS DIE VERRÜCKTEN IN DER WELT NIEMALS
AUSSTERBEN WÜRDEN!
    Vielleicht
darf man nur nicht immer genau da sein wollen, wo man sich gerade nicht befindet?
    Nach Schulschluss
lud ich Charlotte auf ein Erdbeereis mit Sahne ein – und wie immer, wenn die verwirrte
alte Tante des Chefs hinter der Theke stand, vergaß ich an der Kasse zu zahlen.
Mit dem eingesparten Geld würde ich schwarze Rosen kaufen, um sie in der Morgendämmerung
an den beiden Holzkreuzen meiner armen toten Brüder niederzulegen. Natürlich waren
die Rosen nur schwarz gefärbt, also Täuschung – Maya wie so vieles in der
Welt.
    Die Wochen
verstrichen, der Winter ging ins Land und der nächste Weltkrieg ließ immer noch
auf sich warten. Aber getreu Murphys Gesetz, wonach alles schiefgeht, was schiefgehen
kann, würde er irgendwann schon kommen …
    George W.
Bush mit seinen politischen Brachialanalysen, der sich noch stolz als Kriegspräsident
bezeichnet hatte, war schon längst nicht mehr im Amt. Doch selbst Engel neigen unter
dem Zwang der Umstände dazu, den Bösewichtern immer ähnlicher zu werden und auch
gutwillige Nachfolger werden einfach müde. Wie Kostolany, der berühmte Börsenguru,
einmal bemerkte: »Es gibt alte Piloten und es gibt kühne Piloten, aber es gibt
keine alten, kühnen Piloten.«
    Währenddessen
schmolzen die Gletscher und der Meeresspiegel stieg. Eine Orkanbö kappte unsere
Dachantenne und das Glasdach des Badehauses stürzte ein. Es regnete Äste und Blätter
und in der Nachbarschaft begannen alte Damen Lebensmittel zu horten.
    Ich müsste
lügen, wenn ich behaupten wollte, dass ich die Wildnis draußen im Central Park oder
in Greater New York vermisste. Dazu gibt es zu viele ungelöste Fragen.
    In der Quantenphysik
ist die Arbeitshypothese des strengen Determinismus durch das

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