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Einundzwanzigster Juli

Titel: Einundzwanzigster Juli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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bin ich überzeugt, dass auch ich schon gehört haben muss von »Mr Best«! Mr Best und die anderen Neuen mussten die lange Fahrt in einer überfüllten grünen Minna zubringen, die unseren Bussen mal folgte, mal vorausfuhr und von der offenbar auch der Bader nicht genau wusste, wer eigentlich drinsaß. Mitten auf der Straße hielten sie das Fahrzeug plötzlich an, zerrten fünf Männer heraus, stopften zwei davon wieder hinein und zwangen die anderen, zu einem weiteren Wagen mitzukommen, der sich kurz darauf mit ihnen entfernte.
    Ich kann mich nicht entscheiden, was unheimlicher ist: Nazis mit klaren Befehlen oder Nazis, die nicht wissen, was los ist. Unserewirken sehr wütend. Brüllen sich sogar gegenseitig an! Gereizt beobachten sie den angeregten Austausch von Meinungen und Stimmungen auf dem Flur – und unternehmen nichts.
    In einem kleinen Personenwagen ist der prominenteste Gefangene unserem Bus gefolgt: Léon Blum, der französische Premierminister. Er hat einen Hexenschuss und bleibt mit Madame Blum in seiner Zelle, aber ich habe das Gefühl, dass die Schmerzen nicht der einzige Grund für seine Vorsicht sind. Ich glaube, Léon Blum denkt dasselbe wie ich: Die SS hat nicht die Absicht, uns ungeschoren davonkommen zu lassen. Die SS wartet nur auf ein Zeichen, bevor sie zuschlägt.
    Ob Léon Blum von den Handgranaten weiß? In meinem Kopf kullern sie jedenfalls noch herum, und wenn die meisten von uns sich noch so selbstsicher geben!
    Wie um daran zu erinnern, mit wem wir es zu tun haben, erfahren noch auf dem Flur Frau Goerdeler und Frau Lindemann, dass ihre Männer nicht mehr leben. Carl Friedrich Goerdeler ist hingerichtet worden, Fritz Lindemann an den Folgen einer Schussverletzung gestorben, die er bei der Verhaftung erlitten hatte. Der Pastor Dietrich Bonhoeffer, ein weiterer Passagier der grünen Minna, war mit den beiden in Haft und weiß Bescheid.
    Am Nachmittag donnern riesige Bombergeschwader über uns und die SS beschließt, dass wir nicht bleiben. Statt der Omnibusse warten Holzgaswagen, deren Motoren so häufig aussetzen, dass wir eine weitere Nacht mehr oder weniger stehen – wartend auf liegen gebliebene Fahrzeuge des Konvois oder selbst mit einer Panne.
    Viel Zeit für den Bader, zu telefonieren. Gegen Morgen findet er endlich ein Quartier. Der Ort heißt Schönberg und liegt im Bayerischen Wald, und um Platz für uns zu schaffen, muss er lediglich ein Notkrankenhaus mit wehrlosen Verwundeten und eine Schule voller Flüchtlinge räumen. Sollen sie ihrerseits sehen, wo sie bleiben!
     
    Über das Ausmaß meines Vertrauens in Kühe muss ich mir allmählich Sorgen machen. Kaum habe ich ihre gutmütigen Gesichter im Stall erspäht, bin ich in einer treuherzigen, leichtsinnigen Weise auf Besserung unserer Lage eingestimmt; eine Erwartung, die förmlich dazu einlädt, enttäuscht zu werden. Auf der Stelle bin ich mir dessen bewusst, aber es ist, als machten zwei Hälften meines Hirns ihr jeweils eigenes Ding. Geradezu beschwingt stopfe ich gemeinsam mit Markus, Julius, Anna und Eberhard Arme voll Stroh in Jutesäcke, die uns Gefangenen als Matratzen dienen sollen.
    Der Bauer guckt skeptisch auf die Gewehre der Wachen und ich sehe ihm an, dass auch die Art und Weise, wie die Männer sich an der Stallwand aufbauen und uns nicht aus den Augen lassen, ihm gewisse Rätsel aufgibt. Der Dorfbevölkerung ist bei unserer Ankunft mitgeteilt worden, wir seien evakuierte SS-Familien. Der Dorfbevölkerung war daraufhin deutlich anzumerken, dass der Einfall einer wild gewordenen Elefantenherde ihnen willkommener gewesen wäre als wir.
    Jeden Augenblick rechneten sie mit dem Einmarsch der Amerikaner, dem Moment, in dem der Krieg für Schönberg vorbei ist – und nun das! Als unser Konvoi in der Ortsmitte zum Stehen kam und als Erstes zahlreiche SS-Mannen aus den Fahrzeugen sprangen, konnte ich durchs Wagenfenster beobachten, wie weiter oben auf der Straße hastig weiße Fahnen von den Häusern gerissen wurden.
    »Doa im Eck«, sagt der Bauer zu Julius und mir, »hat’s auch noch Stroh«, und während er uns hinführt, ganz leise: »Gell, ihr seids koa SS!«
    »Sippenhäftlinge!«, flüstert Julius ihm zu, ein Begriff, mit dem der Mann nichts anfangen kann. »Aus Buchenwald!«, ergänzt mein Vetter und wird sofort verstanden, der Bauer fährt erschrocken zurück und eine Hand zuckt zur Stirn, als wolle er sich bekreuzigen.
    Im letzten Moment besinnt er sich auf die Anwesenheit der Wachen. »I werd’s im Dorf

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