Einzelstücke - Möller, M: Einzelstücke
stinkigen Socken nach, während er schon mit einer anderen vögelt, verdammt noch mal. Dieser Scheißkerl kann bleiben, wo der Pfeffer wächst! Und zu allem Überfluss stecke ich mir auch noch diese Unmengen an Schokolade in den Mund, seit Sebastian weg ist … Oder meint ihr, es macht Sinn, jetzt noch mal kurz bei der Kanzlei vorbeizufahren?«
Sichtlich verwirrt von Astrids emotionaler Schwankung, sehen wir sie an, bis Thomas sich an der Stirn kratzt und das Schweigen unterbricht.
»Aber du hast dich doch von ihm getrennt. Das verstehe ich nicht.«
Thomas’ Kommentar scheint Astrid nun wieder nicht zu verstehen. Mit einer heftigen Handbewegung stellt sie ihre Colaflasche auf der Fensterbank ab, so dass brauner Schaum über den Flaschenhals blubbert.
»Darf man sich vielleicht auch mal irren? Ich meine, die Menschen stellen ja auch täglich fest, dass der Partner, für den sie sich entschieden haben, doch nicht ganz so gut zu ihnen passt wie anfänglich gedacht. Darf man da nicht auch feststellen, dass die Trennung, für die man sich entschieden hat, nicht ganz so gut zu einem passt wie anfänglich gedacht?«
Thomas fährt sich nervös mit einer Handfläche über den Nacken, während erste Schweißperlen auf seiner Stirn glänzen. Laute Klaviermusik dringt zu uns. Alex scheint Tim am Flügel erlöst zu haben. Lena sieht mich an und schiebt sich bestimmt die Handtasche unter die Achselhöhle.
»Ich muss mal aufs Klo!«
Bevor ich ihr folge, schleife ich die verzweifelte und wütende und sicherlich gleich einen Heulanfall erleidende Astrid solidarisch hinter mir her, bevor sie noch auf den wehrlosen Thomas einprügelt.
*
Lena sitzt in ihrem Designerhosenanzug auf dem heruntergeklappten Klodeckel, Astrid und ich auf der Badewannenkante. Ich bewundere die zwei wunderschönen Waschbecken aus Granit und die zwei Glasbecher für zwei Zahnbürsten davor.
»Thomas hat eine Affäre.«
»Thomas auch?«, entgegnet Astrid sichtlich geschockt. Fast rutscht sie in die Wanne.
»Astrid, bitte«, wende ich mich ihr zu, »du weißt doch gar nicht, was Sebastian macht.«
»Mein Herz sagt mir aber, dass es nichts Gutes ist!«, gibt sie trotzig wie ein kleines Mädchen zurück.
»Dein Herz ist auf Entzug und daher unzurechnungsfähig«, beende ich den kleinen Disput und wende mich wieder dem Klo zu. Lena zieht sich den Ehering vom Finger und steckt ihn sich wieder drauf.
»Er schläft schon seit geraumer Zeit mit Mona. Es muss so sein, weil sie im vierten Monat schwanger von ihm ist.«
Wir sehen Lena fragend an. Ich spüre, wie Astrid bei dieser Nachricht ein Schauer über den Rücken läuft. Plötzlich schluchzt das Häufchen Elend leise auf, greift zur Klorolle und tupft sich über die Wangen.
»Lena, das tut mir unendlich leid.« Sie reicht ihr solidarisch die Rolle.
Lena legt ihren Kopf schief, lässt die Toilettenrolle in ihren Fingern kreisen, bis sie am losen Ende am Papier zupft. Ihr Blick fällt ins Leere, während ihre Lippen sich unaufhörlich bewegen.
»Ich weine doch jetzt nicht! Ich meine, soll ich mich gleich verheult unter die Partygäste mischen, weil mein Mann mir fremdgegangen ist? Sicherlich nicht! Und wie könnte ich auch? Ich habe ja im Grunde das Gleiche gemacht. So löst man aktuell wohl Beziehungsprobleme!«
Astrid schiebt sich die Haare aus dem Gesicht und blickt erst mich, dann Lena mit großen Augen an.
»Aber ich habe meine Affäre beendet. Es hat irgendwie keinen Sinn mehr, keinen Reiz. Pff. Thomas’ Bitten und Betteln hätte mich wahrscheinlich nicht davon abhalten können, weiter mit Patrick zu schlafen. Das einzig probate Mittel ist wohl, dass Thomas selbst eine Affäre hat! Aber nun wird er Vater, und ich meine, was soll ich machen, ich hab keine Ahnung, wie es unter diesen Voraussetzungen mit Thomas und mir weitergehen soll. Er weiß auch nicht, dass ich es weiß. Ich will nur wissen, wie lange er damit wartet, es mir zu beichten, und ob er es überhaupt tut. Das ist es, was ich euch eigentlich erzählen wollte. Und ich wollte dir sagen, Anna, dass es mir nicht leidtut, was ich heute früh gesagt habe. Es tut mir nur leid, dass ich den falschen Ort, die falschen Worte und einen viel zu späten Zeitpunkt dafür gewählt habe.«
»Was hast du ihr denn gesagt?«, wendet sich Astrid, die sich mittlerweile wieder etwas gefangen hat, an Lena.
»Dass in ihr ein ganz feiges Herz schlägt.«
»Oh. Stimmt. Na dann ist das ja jetzt auch raus.«
Ich lächle.
»Nein. Danke, dass du es
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