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Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Titel: Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Krzywik-Groß , Torsten Exter , Stefan Holzhauer , Henning Mützlitz , Christian Lange , Stefan Schweikert , Judith C. Vogt , André Wiesler , Ann-Kathrin Karschnick , Eevie Demirtel , Marcus Rauchfuß , Christian Vogt
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Kairo, wo die umfangreichste Sammlung an antiken Kunstschätzen, Artefakten und Aufzeichnungen des nordafrikanischen Landes beheimatet war, gemeinsam mit kundigen, einheimischen Gelehrten, die beflissen den Anweisungen des Königs nachkamen.
    Für Heinrich wurde damit ein Traum wahr, den er nie zu erreichen geglaubt und für den man ihn in seiner Heimat stets verlacht hatte, und dies alles dank einer unerwarteten und am Ende arg glücklosen Echse.
    Doch statt sich sofort in die Arbeit zu stürzen und beim Kurator des Ægyptischen Museums vorzusprechen, hatte er sich entschlossen, einen Tag des Müßiggangs einzulegen, um sich die Ländereien und die Pyramiden anzusehen, sich einen Überblick zu verschaffen, den Odem des Landes und dessen Geschichte in sich aufzunehmen, bevor er sich seinen Forschungen widmete. Das war der Grund, warum er auf diesem Hügel stand, auf den genagelten Stock gelehnt, und seinen Blick über das grüne Meer und die ebenso bewachsenen Pyramiden schweifen ließ. Am nächsten Tag würde er zurück nach Kairo reisen und in den Stücken und Aufzeichnungen des Museums schwelgen. Doch dies war ein Tag, sich einfach nur zu ergötzen.

    Seine Unterkunft beherbergte sogar einen Spiegel, vermutlich aus Venedig herbeigebracht, jener Stadt der skrupellosen Händler, gewandten Diplomaten und kunstfertigen Glasbläser, deren Dogen Ægypten dabei geholfen hatten, das Joch der osmanischen Oberhoheit abzuwerfen. Dass dies nicht ganz uneigennützig geschehen war, interessierte im Lande des Nils niemanden – das Ergebnis zählte. Denn die Venezier drängten sich nie auf, erhoben niemals einen Anspruch auf irgendeine Art von Herrschaft über das fruchtbare Ægypten, wohl wissend, dass sie vom Dank des befreiten Staates mehr profitieren würden, als von den Abgaben eines Vasallenstaates, der erst einmal kontrolliert werden wollte. Venedig agierte bedachtsamer als viele der europäischen Interessengruppen, die Nordafrika zu kolonisieren versuchten und sich dabei regelmäßig blutige Nasen holten: Man schaffte Abhängigkeiten nicht durch Truppen und Überheblichkeit, sondern durch Handelsgüter und Exklusivabkommen.
    Heinrich betrachtete seine Reflexion in diesem Spiegel, während er sich anzog. Hochgewachsen, sehnig, nicht übermäßig muskulös, aber Damen hatten ihm immer wieder zu verstehen gegeben, dass er eine durchaus ansehnliche Erscheinung war. In Ermangelung der Möglichkeit, dies selbst vorurteilslos einschätzen zu können, musste er diesen Äußerungen wohl glauben. Das dunkelbraune, schulterlange Haar, sonst von einem Band zusammengehalten und in der Heimat ein steter Quell der Kritik, fiel derzeit offen, ein Bartschatten deutete sich auf den Wangen eines ebenmäßig geformten Gesichts an. Niemand schien sich in Ægypten zu rasieren. „Man sollte sich gewissen Gepflogenheiten des Gastgeberlandes annähern“, so dachte er. Grünliche Augen, die leicht ins Türkise spielten, blickten jungenhaft in die Welt, passten nicht recht zu jemandem, der sich Geschichte und Altertümern mit Haut und Haaren verschrieb.
    Als er sein Haar mit einem Seidenband gebändigt hatte und seine Jacke überstreifte, sprang die Türe auf und ein junger Ægypter wirbelte ins Zimmer: „Herr, ich habe alles vorbereitet, um uns zum Museum zu bringen. Es kann losgehen!“
    „Du sollst mich nicht ‚Herr‘ nennen, Farid“, bemängelte Heinrich zum wer weiß wievielten Male.
    „Ja, Herr!“ Der Schalk sprühte aus den Augen des Jungen, der kaum weniger Jahre zählte als der Rheinländer. Es war ein Spiel, das sie trieben, seit Heinrich den Einheimischen angeheuert hatte. Andere Besucher vom europäischen Festland nahmen sich gern Ortsansässige als Diener, so hatte es auch Heinrich gehalten, doch widerstrebte es ihn, sich dem Ægypter gegenüber wie ein Herr aufzuführen. Immerhin hatten sie einen Vertrag als gleichberechtigte Partner geschlossen: Heinrich bezahlte Farid für seine Dienste und seine Orts- und Kulturkenntnis, nicht für Unterwürfigkeit.
    „Steht die Karbiddroschke bereit, Farid?“, fragte Heinrich.
    „Ja, sie lärmt bereits vor der Tür, jalla, jalla !“ Schon war der quirlige Ægypter wieder verschwunden.
    Heinrich griff einige Blatt Papier und ein paar Bleistifte, stopfte diese in seine lederne Umhängetasche und folgte seinem Bediensteten, der eigentlich längst ein Freund geworden war.

    Die Fahrt mit dem Wenzelstein, der sich im Inneren zum Glück als deutlich leiser erwies als außerhalb, abgesehen

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