Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
»Gott, nein!« Laura klang wieder ärgerlich. »Wir haben nicht miteinander geschlafen! So weit ist es gar nicht gekommen. Deswegen kann ich mir auch nicht erklären, was er hier gewollt hat!«
»Wusste er von Ihrem Haus in der Altmark?«
»Nein, Waldau habe ich nicht einmal erwähnt.«
»Danke, Laura. Überlegen Sie bitte weiter, ob Ihnen noch mehr zu diesem Mann einfällt. Sie sind vorerst unsere einzige Verbindung zu ihm.«
~ 26 ~
Laura hatte sich ein Taxi genommen. Sie war verstimmt und wollte in Ruhe gelassen werden. Jetzt brauchte sie Zeit zum Nachdenken.
Judith Brunner kehrte gemeinsam mit Walter Dreyer in ihre Dienststelle zurück.
Die unerwartete Identifizierung des Toten war eine willkommene Nachricht. Dr. Grede leitete umgehend die Fahndung nach dem Fahrzeug ein und Lisa Lenz führte erste Telefonate zum Autokennzeichen und zu allem, was dazugehörte.
Nun saß Judith Brunner mit ihren Mitarbeitern zusammen.
»Ein Orthopäde aus Meißen. Was wollte der hier?«, überlegte Dr. Grede.
»Das wissen wir noch nicht. Laura Perch lernte ihn durch ein Meißner Forschungspraktikum im letzten Sommer kennen. Sie erinnerte sich an seine Gürtelschnalle, als Walter Dreyer davon berichtete.«
»Und was ist mit Laura Perch, hätten wir da was?« Ritter hakte nach.
Judith Brunner schüttelte den Kopf. »Sie scheidet als Tatverdächtige aus, da sie keinen Führerschein hat. Sie kann ihn nicht angefahren haben.«
»Kein Führerschein bedeutet nicht, dass sie nicht Auto fahren kann«, machte Ritter geltend.
»Stimmt«, lenkte Judith ein, »in diesem Fall kann ich mich aber persönlich verbürgen. Ich kenne sie ein wenig.«
»Ach, ist das die junge Frau, die auch bei Ihrem letzten Fall in Waldau mitgeholfen hat?« Lisa Lenz hatte ein gutes Gedächtnis.
»Richtig. Ihre Fingerabdrücke haben wir also im System. Das müsste Ihnen helfen«, sah Judith Ritter an, bevor sie das Thema wechselte: »So, dann konnte Walter Dreyer heute Morgen mit den Kindern sprechen.«
Der Angesprochene wiederholte kurz, was er von den Geschwistern erfahren hatte. Außerdem informierte Dreyer, dass die Suchtrupps aus Waldau bisher keine Neuigkeiten zu den Kleidungsstücken vermelden konnten.
»Wir suchen also einen großen Mann um die Fünfzig, der eine Vorliebe für schwarze Kleidung hat«, fasste Dr. Grede nach Walter Dreyers kurzem Bericht zusammen.
»Genau.«
»Er könnte aber auch anders aussehen. Kleine Kinder können das oft nicht genau einschätzen.«
Judith Brunner stimmte Dr. Grede zu: »Richtig, aber ich denke schon, dass das mit der schwarzen Kleidung stimmt. Mich beunruhigt eher, wie er den Jungen getragen haben soll. So mitleidlos.«
Ritter bemerkte trocken: »Das Zurichten der Leiche zeugt auch nicht von übermäßiger Sensibilität«, bevor er fragte: »Und warum hat er das Kind überhaupt aus dem Wasser geholt?«
Dreyer hatte eine recht plausible Theorie: »Ich denke, er wollte eine Suche im Wasser vermeiden. Wir sollten den Jungen im Trockenen finden, wenn ich mal so sagen darf, an Land. Damit war die Leiche auf dem Grund des Teichs außer Gefahr. Die sollten wir nicht finden. Er wollte unter allen Umständen vermeiden, dass wir dort suchen.«
»Das Eisloch war aber noch sichtbar«, wandte Ritter ein.
»Schon, aber es wurde doch niemand vermisst und bald hätte sich das Loch wieder geschlossen. Versteh mal, wenn wir Fritzi irgendwann gefunden hätten, stark unterkühlt oder«, Walter schluckte, »tot, noch dazu in einem Sack, hätten wir doch kaum den See abgesucht, oder?«
»Na ja, ganz schön riskant, finde ich.« Dr. Grede blieb skeptisch. »Warum hat er Dany nichts getan? Er müsste das Mädchen doch gesehen haben, als es weglief. Er war nur Momente später auf dem Teich, sonst hätte der Junge nicht mehr gelebt. Er konnte sich denken, dass sie mit angesehen hatte, wie er den Jungen rauszog und wegbrachte.«
Walter Dreyer entgegnete: »Er war mit Fritzi beschäftigt und dann konnte er nicht wieder zum Teich zurück, da wäre er möglicherweise aufgefallen. Außerdem hatte sich das Mädchen ja versteckt.«
»Oder er hatte Leon Ahlsens bemerkt, denn der kann auch nicht viel später dort herumgelaufen sein. Der Täter sah, dass der Junge gefunden wurde, und hielt es eher für angeraten zu verschwinden, als nach dem Mädchen zu suchen«, spekulierte Judith Brunner weiter.
Einen Moment hingen alle ihren Gedanken nach.
»Warum hat er den Kleinen wohl ausgezogen?«, überlegte Walter Dreyer.
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