Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
schicke trotzdem noch mal die Spurensicherung vorbei, zeigst du denen dann die Stelle?«
Dieses Vertrauen freute Leon und er erklärte: »Der andere Kram, den ich hier fand, war meist verrostet oder kaputt. Das Messer war’s eben nicht.«
»Und so richtig gartentauglich ist es auch nicht«, stimmte ihm Walter zu. Dann nutzte er die Gelegenheit. »Leon, warum räumst du hier eigentlich auf?«
»Was soll die Frage, he?« Der junge Mann ging sofort auf Abstand.
»Pass auf.« Walter lehnte sich an einen der rostigen Pflanzentische. »Du bist hierhergekommen und hast eine ganze Weile gar nichts getan, außer dich zu amüsieren und andere Leute bestenfalls auch. Von einem Tag auf den anderen ändert sich das: Du wirst zum Lebensretter und unterstützt eine alleinerziehende Mutter. Jetzt fängst du an, die verrottete Gärtnerei deines, hm, Onkels?, aufzuräumen, die zufällig in der Nähe von Elvira Bauers Haus liegt. Versteh mich nicht falsch, das alles, finde ich wirklich gut.«
»Was soll dann die Fragerei?« Leon klang ein wenig gereizt.
»Leon. Elvira Bauer hat es nicht verdient, nur ein Zeitvertreib zu sein.«
»Was meinen Sie damit?« Die Frage klang nun schon recht ärgerlich.
Walter blieb beim Thema: » Ein jeder Jüngling spürt einmal den Hang zum Küchenpersonal – kennst du den Spruch?«
Leon wurde knallrot.
»Ich werde dich beobachten, mein Junge, und sollte ich feststellen, dass du nur aus Langeweile mit Elvira ...«
»Nein, nein! Hören Sie auf!« Leon klang empört. »Das hat sie auch schon befürchtet! Was bildet ihr euch alle eigentlich ein? Ihr kennt mich doch gar nicht!«
Wütend ließ er Walter Dreyer stehen.
~ 44 ~
Auf der Fahrt Richtung Uchtspringe nutzte Laura die Gelegenheit, Judith Brunner endlich von den Hinweisen auf die Menschenversuche mit Kälte bis zum Erfrieren zu erzählen. Kaltes Wasser und Eis spielten dabei eine bedeutende Rolle, und das war bei Judiths aktuellem Fall ja leider nicht anders.
Judith Brunner hörte sich alles aufmerksam an. »Ich werde es mir merken. Danke. Hoffentlich ergibt sich kein Zusammenhang. Laura, hören Sie bitte nur zu, wenn wir bei Dr. Meden sind, beobachten Sie ihn einfach. Das würde mir wirklich helfen.«
Dr. Meden wohnte unweit des Klinikgeländes von Uchtspringe, am Ende einer kleinen Stichstraße, die zum Waldrand führte. Sein Haus war eher bescheiden ausgebaut und von einem großen Garten umgeben. Eine ferne Hecke verschiedenster Gehölze markierte möglicherweise die Grundstücksgrenze. Der Hartriegel leuchtete rot und grün in der Vormittagssonne. Abgeblühte Stauden waren stehen gelassen worden und trugen nun glitzernde Häubchen aus Reif. In einem knorrigen, alten Apfelbaum pickten die Meisen an diversen Futterringen.
Judith Brunner hatte ihren Besuch telefonisch angemeldet und nun kam ihnen Dr. Meden langsam auf dem ziegelsteingepflasterten Weg zum Gartentor entgegen. »Guten Morgen. Keine Angst, ich habe gestreut. Sie können nicht ausrutschen.«
Irgendwie hatte Judith ihn sich anders vorgestellt. Johannes Meden wirkte schüchtern, war von schmaler Statur und sah sie über seine Brillengläser hinweg gespannt an. Auch er trug die hier offenbar beliebten Cordhosen und eine grobe Strickjacke.
Der pensionierte Arzt fragte: »Haben Sie gut hergefunden? Kommen Sie bitte herein. Meine Frau hat uns etwas Leckeres zurechtgemacht, bevor sie in die Stadt gefahren ist.«
Er nahm den Frauen die Mäntel ab und führte sie in sein Arbeitszimmer, das ohne erkennbare Ansprüche eingerichtet schien: Bücher, Regale, Aktenordner, Schränkchen und ein Schreibtisch. Alles war nach rein praktischen Gesichtspunkten aus verschiedenen Büromöbeltraditionen zusammengestellt.
Dr. Meden wies auf einen runden, gedeckten Tisch an einem großen Fenster, welches ein Panorama vom winterlichen Garten bot.
»Das wäre wirklich nicht nötig gewesen«, meinte Judith Brunner mit Blick auf die frischen Spritzkuchen, die ihnen zart zitronig entgegendufteten. Sie würden köstlich schmecken.
Nachdem sie sich gesetzt hatten und auch mit Kaffee versorgt waren, erläuterte die Hauptkommissarin Dr. Meden noch einmal den Anlass ihres Besuches: »Im Zusammenhang mit einem Kapitalverbrechen fanden wir Hinweise auf die NS-Euthanasie und haben erfahren, dass Sie dazu ein Forschungsprojekt leiten.«
»Von wem denn?« Die Frage klang nachdrücklich.
»Nun, wir haben zuerst in der Klinik in Uchtspringe selbst nachgefragt.«
»Ach so.« Dr. Meden entspannte
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