Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
Vom Netzwerk:
und lud dann Kiki zu einem Zweiergespräch auf
ein Bier in die nahegelegene Pony Bar ein.
    Als Christian mit Anna vor seiner Haustür ankam, wartete
eine junger, hoch aufgeschossener Mann auf seiner Treppe. Er erhob sich
ungelenkt und streckte seine langen Glieder. Offensichtlich hatte er schon
geraume Zeit auf der Treppe gehockt.
    Â»Sind Sie Christian Beyer?«
    Christian nickte. Der junge Mann musterte Christian mit feindseligem
Blick von Kopf bis Fuß: »So sieht also der Mann aus, der die Ehe meiner Eltern
kaputt gemacht hat. Ich hätte meiner Mutter einen besseren Geschmack
zugetraut.«
    Plötzlich war Anna ihre Anwesenheit unangenehm. Sie wollte
instinktiv einen Schritt zurücktreten, doch Christian nahm sie ohne hinzusehen
bei der Hand und hielt sie an seiner Seite.
    Â»Lars Berger, nehme ich an«, sagte er emotionslos zu dem jungen
Mann.
    Â»Wie viele Ehen haben Sie denn sonst noch kaputt gemacht?«, fragte
der frech zurück. Er stand mit leicht schwingenden Armen vor Christian, als ob
er den Impuls verspüren würde, zuzuschlagen.
    Â»Hören Sie, was auch immer Sie glauben, mit mir klären zu müssen,
jetzt ist nicht der passende Zeitpunkt. Rufen Sie mich morgen gegen elf Uhr an,
Ihre Mutter hat meine Nummer, dann können wir uns verabreden.«
    Â»Es geht nicht um Sie oder mich«, stieß Lars wütend hervor, »es geht
um meine Schwester.«
    Â»Morgen.« Christian schloss die Haustür auf und schob Anna in den
Flur. Als er sich umsah, um die Tür zu schließen, stand Lars immer noch da und
schaute ihn unablässig an.
    Â»Morgen, okay?«, wiederholte Christian ein wenig sanfter. Lars
nickte und ging mit hängenden Schultern.
    Schweigend schloss Christian seinen Briefkasten auf und entnahm
einen dicken Umschlag. Im Aufzug begannen Christian und Anna gleichzeitig zu
sprechen.
    Â»Das war der Bruder des Opfers. Ich kannte …«
    Â»Du musst mir nichts erklären, das geht mich …«
    Sie brachen gleichzeitig wieder ab und lächelten sich an.
    Â»Ich will es dir aber erklären. Wenn wir oben sind.«
    Die Luft in der überfüllten Pony Bar war geschwängert von
Rauch, Bier, dem Geruch feuchter, ungelüfteter Klamotten und dem Schweiß der
jungen Männer am Kicker. Volker hätte sich gerne mit Kiki in eine ruhige Ecke
zurückgezogen, aber es gab keine ruhige Ecke. Sie saßen direkt neben dem
Kicker, und bei jedem Tor, das geschossen wurde, hatte Volker das Gefühl, der
Ball würde mit Vehemenz gegen seine Schädeldecke knallen. Für ihn als
Nichtraucher und Fetischisten der Stille war die Atmosphäre nur schwer zu
ertragen. Kiki brauchte drei Bier, bevor sie sprechbereit war. Nachdem sie aber
den ersten stummen Schock über Utas Schicksal mit alkoholischer Hilfe
überwunden hatte, brachen Wut, Trotz und Traurigkeit aus ihr hervor.
    Â»Uta war nicht langweilig. Klar, sie wirkte auf den ersten Blick
voll spießig, dachte ich anfangs auch. Ne Poppenbüttler Perlenkette, hab ich
gedacht, wenn du weißt, was ich meine.« Seit sie in der Pony Bar saßen, war
Kiki zum Du übergewechselt. Entweder lag es am Alkohol, oder sie fand es
uncool, sich in diesem lockeren Ambiente mit jemanden zu siezen. Volker war’s
recht, Hauptsache, sie erzählte, was sie wusste.
    Â»War sie aber nicht. Ne Perlenkette, meine ich. Klar, sie musste
erst mal locker gemacht werden, aber das wusste sie selbst. Deswegen ist sie ja
auch in die Theatergruppe gekommen. Um zu checken, dass man auch jemand anderes
sein kann, hat sie mal gesagt. Ich glaube, das hat sie nicht nur aufs
Theaterspielen bezogen, sondern auf ihr ganzes Leben.«
    Kiki gab dem Theker Zeichen, noch zwei Bier zu bringen.
    Â»Ihre Mutter war das Problem. Klar, dass ihr Vater in den Sack
gehauen hat, war für Uta ein Schock. Damals war sie sechzehn oder so. Voll in
der Pubertät, und dann verzieht sich der einzige Mann, zu dem sie bis dahin
Vertrauen hatte. Aber sauer war sie erst mal auf ihre Mutter, die hat’s nämlich
versaut gehabt. Hatte mit irgend so einem Bullen ’ne Affäre.«
    Plötzlich sah Kiki Volker misstrauisch an: »Das warst aber nicht du,
oder?«
    Volker bestritt den Verdacht überzeugend. Die beiden neuen Biere
kamen, und Volker stieß kumpelhaft mit Kiki an.
    Â»Na ja, jedenfalls«, fuhr Kiki beruhigt fort, »jedenfalls ist der
Vater abgehauen, und der Typ hat die Mutter fallen gelassen

Weitere Kostenlose Bücher