Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
Vom Netzwerk:
Aber von vorne, du Kulturbanause: Sigourney Weaver spielt den
ultrascharfen Sergeant Ellen Ripley, sie ist die Alienjägerin, vielleicht hast
du schon mal was von Kino gehört? Das ist so ein dunkler Saal mit einer großen
Leinwand, aber lassen wir das … Mich hat’s auch hart getroffen! Der
Dekonstruktivist lässt sich von ’ner Frau durchs Web jagen, wie peinlich. Fast
hätte sie mich … ihn erwischt.«
    Genervt nahm Christian die Tabakpackung aus Daniels Brusttasche und
versuchte, sich eine zu drehen. »Hör auf mit dem Quatsch, du kannst weder
Thelen noch mir was vormachen.«
    Â»Immerhin hat Ripley mich nicht erlegt, ich bin eben doch noch ein
kleines Stück besser als sie.«
    Â»Dein Glück, sonst hättest du jetzt garantiert ’ne Anklage am Hals.
Auch wenn Thelen immer den lustigen, kleinen Dicken gibt, er ist ein verdammt
scharfer Hund. Und jetzt zu Rosenbaum. Wer, zur Hölle, ist das?«
    Fluchend warf Christian das von ihm zerfetzte Zigarettenpapier in
den Müll und wischte den zerbröselten Tabak, der seine Hose übersäte, dazu.
    Â»Dein Kumpel hat recht, der hat mit unserem Fall wohl nichts zu tun.
Ich bin nur auf ihn gestoßen, weil er der einzige Geheimfuzzi aus dem Orient
ist, der in einer relativ aktuellen Verbindung zu Hamburg steht. Rosenbaum ist
vom Mossad. Der hat ihn letztes Jahr im November und Dezember auf berufliche
Tournee geschickt, nach Polen, Rumänien und in den Kosovo. Alles Länder, in
denen der CIA vermutlich illegale Gefängnisse unterhält. Schätze, das hat
Thelen gemeint, als er vom Stress wegen der Gefangenenflüge sprach. Deswegen
musste er überprüfen, ob unser Interesse an Rosenbaum in diesem Zusammenhang
steht. Vermutlich ist er jetzt beruhigt. Aber da haben wohl einige Saubermänner
Dreck am Stecken, unter anderem auch aus diesem unserem Heimatland.«
    Â»Komm zum Punkt«, knurrte Christian. Daniel reichte ihm die
Zigarette, die er nebenbei mit geschickter Hand gedreht hatte, und gab ihm
Feuer.
    Â»Der israelische Mossad und die CIA arbeiten zusammen. Aber
ich will nicht spekulieren auf politischen Ebenen, auf denen ich Würstchen
nichts verloren habe. Fest steht jedenfalls, dass Rosenbaum sich beim Mossad
Ende Dezember abgemeldet hat, um vier Wochen privaten Urlaub in Hamburg zu
machen. Seitdem ist er verschwunden. Ich weiß das alles, weil mir die
Korrespondenz von Mossad und BND zufällig in die Hände gefallen ist. Es gibt
keine Spur von Rosenbaum. Wie vom Erdboden verschluckt. Der Mossad heult in
sein Kissen, denn Rosenbaum ist einer ihrer erfahrensten Interrogationsexperten.
Hübsches Wort. Amnesty International und ich würden Folterer dazu sagen.
Deswegen hat der Vorgang den Dekonstruktivisten interessiert. Ich stell dir
zusammen, was ich habe. Ist nicht viel.«
    Nachdenklich zog Christian an seiner Zigarette, drückte sie jedoch
sofort angewidert auf dem Unterteller seiner Kaffeetasse aus. »Was rauchst du
bloß für einen getrockneten Kuhdung?«
    Schulterzuckend ging Daniel zurück in sein Zimmer. Christian griff
zum Telefon und versuchte, Lars Berger an seinem Arbeitsplatz bei Airbus zu
erreichen. Dort sagte man ihm jedoch, der habe aus familiären Gründen Urlaub
eingereicht. Hektisch sprang Christian auf und griff nach seiner Jacke. Fast
hätte er die Beerdigung vergessen!
    Es war ein klassischer Novembertag, an dem Uta Bergers
Beerdigung stattfand, ein Tag der Raben. Der Ohlsdorfer Friedhof präsentierte
sich in berückend melancholischer Herbst-Tristesse. Flammendrot, tieforange und
ocker blätterte die Farbe von den Bäumen, ein seit Tagen anhaltender Sprühregen
hatte die Erde aufgeweicht, die ihren schweren Duft verströmte.
    Als Christian aus dem Taxi stieg und zur Kapelle ging, hob er das
Gesicht gen Himmel und genoss die Feuchtigkeit, die sich sanft wie ein
Schmetterlingsflügel auf seiner Haut niederließ. Im hektischen Getriebe einer
Großstadt wird das Wetter von den Menschen selten als lebendiges Phänomen
wahrgenommen, es steht nicht im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern nur an
einer Randzone aus beiläufigen Bemerkungen und Bewertungen. Entweder ist es zu
kalt, zu heiß, zu feucht, zu trocken oder zu windig. Das Bezugssystem scheint
ein Gitternetz aus Funktionalität und Subjektivität zu sein: Wie passt das
Wetter zur eigenen Kleidung, dem momentanen Wohlbefinden, der Dienstreise oder
dem

Weitere Kostenlose Bücher