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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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und ernst schüttelte er jedem von uns die Hand. Da die versammelten Brukterer ihn nicht aus den Augen ließen, sagte Justinus kaum mehr als unsere Namen, während wir ihm hastig alle möglichen Informationen zuflüsterten.
    »Marcus Didius.«
    »Sie behauptet, daß sie im Turm nur ihren Gedanken nachhängt.«
    »Helvetius.«
    »Hoffentlich kommt bald mal einer und bringt sie auf andere Gedanken!«
    »Ascanius.«
    »Ach, Tribun, die wollen uns alle umbringen.«
    »Probus.«
    »Tribun, was haben Sie zu ihr gesagt?«
    »Sextus. Wir werden beizeiten über alles reden. Ich will sehen, was ich tun kann, Lentullus!«
    Als er alle begrüßt hatte, suchten seine braunen Augen meinen Blick. »Na, diesmal habt ihr mich die ganze Arbeit allein machen lassen. Sogar die verdammte Trompete mußte ich selbst blasen!«
    Mit dem Witz versuchte er, seine Angst zu überspielen; unter der amüsierten Maske sah er traurig aus. Eine plötzliche Eingebung ließ mich das Amulett hervorziehen, das mir der Waffenschmied in Vetera geschenkt hatte; ich hängte es dem Tribun um den Hals. »Ob es viel helfen wird, weiß ich nicht, aber jemand hat mir geflüstert, daß die Turmschöne sich vielleicht schon lange nach einem vernünftigen Gesprächspartner verzehrt … Und den Talisman da, den kriegen Sie Helena zuliebe, Tribun. Seien Sie vorsichtig, Justinus!«
    »Ach, Marcus!« Er umarmte mich wie einen Bruder, gab mir seinen Helm und entfernte sich mutigen Schritts.
    Er ging zurück zu Veleda. Justinus war ein schüchterner Mensch, der gelernt hatte, sich Herausforderungen allein zu stellen. Veleda erwartete ihn wie eine Frau, die damit rechnet, vielleicht bald etwas zu bereuen.
    Ich stürzte mich auf den Hausierer, den einzigen von uns, den der Tribun absichtlich übersehen hatte. »Was hat er zu ihr gesagt, Dubnus?«
    Dubnus fluchte, antwortete aber dann doch. »Er hat gesagt: ›Sie sind bestimmt Veleda. Ich bringe Ihnen Grüße von meinem Herrn und Kaiser, er sendet Ihnen eine Friedensbotschaft‹ …«
    »Du verschweigst was, Kerl! Er hat ihr ein Angebot gemacht – das war nicht zu übersehen.«
    Ohne lange zu fackeln, trat unser verläßlicher Helvetius hinter den Hausierer, riß ihm mit einem herzhaften Ruck die Arme auf den Rücken, daß es krachte, und drückte so lange, bis Dubnus überzeugt war. »Er hat gesagt« – keuchte er – »Er hat gesagt: ›Wie ich sehe, sind meine Kameraden Ihre Geiseln. Ich möchte mich an ihrer Stelle anbieten.‹«
    Ich hatte es gewußt. Justinus brachte sich ebenso mutig in Gefahr, wie seine Schwester loszupreschen pflegte, wenn ihr etwas nicht schnell genug ging. »Na und? Was hat Veleda ihm geantwortet?«
    »Kommen Sie in meinem Turm!«
    Der Hausierer sagte die Wahrheit. Sowie Justinus bei ihr angekommen war, schritt Veleda die Stufen zu ihrem Turm hinauf. Er folgte. Und dann sahen wir unseren unschuldigen Tribun allein mit der Druidenpriesterin im dunklen Gebäude verschwinden.

LIII
    Ich schlenderte hinüber zum Turm. Die ziegenklauenden Wachposten standen ziemlich verdattert herum, aber als ich näherkam, gingen sie auf Schulterschluß. Ich legte den Kopf in den Nacken und starrte das alte römische Bollwerk mit den roten Backsteinstreben an. Ich konnte nichts tun. Also ging ich zurück zu meinen Leuten. Der Hund des Tribun blieb am Turmeingang sitzen und wartete gespannt auf die Rückkehr seines Herrn.
    Die Rekruten schlossen Wetten auf die Chancen des Tribun ab, und ich hörte sie halb entsetzt, halb neidisch unken: »Sie wird ihn auffressen!«
    Ich wollte mich auf andere Dinge konzentrieren. »Vielleicht spuckt sie ihn ja wieder aus …«
    Wie sollte ich das bloß Helena beibringen? Sie würde mir die Schuld geben, das war klar.
    »Warum ist er da reingegangen, Falco?«
    »Ihr habt’s doch gehört: Er will mit ihr reden.«
    »Aber worüber, Falco?«
    »Ach, nichts Besonderes.«
    Über das Schicksal. Die Weltgeschichte. Das Leben seiner Freunde. Den Tod eines Tribun …
    »Falco …«
    »Halt die Klappe, Lentullus!«
    Ich ging zurück in den Pferch und hockte mich, sorgsam Bodenkontakt vermeidend, in eine ruhige Ecke. Es war die falsche Jahreszeit, um sich ins Gras zu setzen. Der feuchten Luft nach zu urteilen, würde heute nacht schwerer Tau fallen. Irgendwie war es für alles die falsche Jahreszeit.
    Die anderen löcherten Orosius nach Kräften, dann kamen sie einer nach dem anderen angezockelt, und wir warteten gemeinsam auf das Ungewisse. Orosius hatte wenig zu erzählen, außer, daß der

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