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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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herumstand. Wir übrigen holten dann unsere Habseligkeiten vom Wrack der Liburne, beluden die Pferde (die jetzt, da sie als Packtiere gebraucht wurden, eine Schonfrist vor dem Bratspieß bekamen) und machten uns auf die Suche nach einem trockenen Fleckchen, wo wir unser Lager aufschlagen konnten.
    Ich hatte immer noch nasse Füße, und die Aussicht, mit vierundzwanzig Leuten ein Acht-Mann-Zelt zu teilen, war alles andere als verlockend. Die Flintsteine in der Zunderbüchse waren mittlerweise so abgeschliffen, daß keiner mehr ein Feuer anzünden konnte. Helvetius würde Rat wissen – er war in allen praktischen Dingen äußerst geschickt. Wir warteten also schon dringend auf unseren Zenturio, als Orosius und die anderen mit ein paar Schnepfen ins Lager geschlurft kamen und zugeben mußten, daß sie Helvetius unterwegs offenbar verloren hätten.
    Da das nun gar nicht seine Art war, wußte ich sofort, daß ein Unglück geschehen sein mußte.
    Justinus blieb als Posten im Lager zurück. Ich schnappte mir Orosius, ein Pferd und unseren Arzneikasten.
    »Wann habt ihr ihn zuletzt gesehen? Und vor allem: Wo?«
    »Das wußte keiner so genau. Darum sind wir ja zurück ins Lager, als wir ihn nicht finden konnten.«
    »Jupiter!« Das gefiel mir gar nicht.
    »Was ist passiert, Falco?«
    »Bestimmt ist er verletzt.« Oder schlimmer.
    Natürlich wußte Orosius nicht mehr, wo die Gruppe sich getrennt hatte. Während wir das Moor absuchten, hatte ich immer wieder das Gefühl, wir würden verfolgt; vielleicht war es nur meine Einbildung, jedenfalls nahmen wir uns nicht die Zeit, dem Rascheln auf den Grund zu gehen. Nach langem Umherirren kamen wir auf eine kleine Schilfinsel im mannshohen Röhricht, wo mehrere kleine Entwässerungsgräben mündeten. Hier, neben einem Bächlein, fanden wir unseren Zenturio.
    Er lebte. Aber um Hilfe rufen konnte er nicht mehr. Ein römischer Wurfspieß steckte in seinem Hals, ein zweiter in der Leistengegend.
    »Allmächtige Götter! Orosius, sieh dir das an! Dafür werde ich einem von euch Idioten den Kragen umdrehen!«
    »Aber das sind nicht unsere …«
    »Lüg mich nicht an! Schau doch hin! Sieh sie dir genau an – da !«
    Es waren Römerspeere, ohne jeden Zweifel. Sie hatten neun Zoll lange Spitzen mit Eisenkuppen, die sich beim Aufprall nach innen gebogen hatten, genau wie vorgesehen. Auf diese Weise kann der Feind einen Speer, der sich in seinen Schild gebohrt hat, nicht mit der bloßen Hand herausziehen. Ist er durch den wippenden Schaft in der Bewegungsfreiheit gehemmt, fallen wir mit dem Schwert über ihn her.
    Die Augen des Zenturio sahen mich flehend an – oder vielmehr befehlend. Ich konnte seinen gepeinigten, fieberglänzenden Blick nicht ertragen.
    Ganz in der Nähe flog heiser krächzend ein Vogel auf.
    »Geh und halte Wache, Orosius.«
    Ein Arzt hatte mir einmal gesagt, daß man beim Anblick von Blut nicht in Panik geraten dürfte. Nun, der Mann hatte leicht reden, schließlich war für ihn Blut bares Geld. Wenn er in diesem Moment hinter einer Weide hervorgetreten wäre, hätte ich ihn zum Millionär gemacht. Helvetius’ schmerzverzerrter Mund unterdrückte stolz ein Stöhnen. Angesichts eines Menschen, der so furchtbare Qualen litt, war es schwer, nicht in Panik zu geraten. Ich wagte nicht, ihn zu bewegen. Selbst wenn ich ihn ins Lager geschafft hätte, wäre das keine große Hilfe gewesen. Was getan werden mußte, konnte ich ebensogut hier tun. Hinterher war immer noch Zeit, ihn zu transportieren.
    Ich rollte meinen Mantel fest zusammen und schob ihn als Stützkissen unter den Speer in seiner Leiste. Den anderen packte Helvetius, der immer noch bei vollem Bewußtsein war. Wenn ich die Holzschäfte abbrach, würde ich ihn zwar von ihrem Gewicht befreien, aber die Eisenspitzen saßen so gefährlich, daß ich es nicht wagte.
    Stimmen. Orosius nutzte erleichtert den Vorwand und verschwand.
    Ich brabbelte pausenlos, teils um Helvetius, mehr aber, um mich selbst zu beruhigen. »Schau mich doch nicht so an! Du mußt einfach nur daliegen und den Tapferen spielen. Um alles andere kümmere ich mich schon …« Er versuchte dauernd zu sprechen. »Ist gut, Helvetius! Ich tu ja, was ich kann. Beschweren kannst du dich später.«
    Ich wußte, daß ich rasch handeln mußte, aber es wäre leichter gewesen, wenn ich ein bißchen mehr Zutrauen in meine Fähigkeiten gehabt hätte. Die Halswunde blutete besonders schlimm. Einer der beiden Widerhaken war nicht eingedrungen, ich konnte also

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