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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Ehrenplatz krönten der gleißende Adler der Vierzehnten und ein Porträt des Kaisers, drapiert mit schwerem purpurnen Tuch. Im schwachen Lichtschein, der aus den Lichtgadenfenstern hoch oben in der Haupthalle fiel, zählte ich an den Feldzeichen mehr Tapferkeitsmedaillen, als ich jemals auf einmal beieinander gesehen hatte. Meist waren es Ehrungen der Kaiser Claudius und Nero, also Verdienstorden für herausragende Leistungen in Britannien. Natürlich fehlten auch die Bronzestatuen ihrer Titularpatrone, Mars und Viktoria, nicht. Neben diesem prunkvollen Aufgebot nahmen sich die schlichten Fahnen der anderen Legion recht bescheiden aus.
    Wir waren freilich nicht gekommen, um vor dem Schrein zu erstarren. Also zwinkerte ich dem Adler, der die schlichten Fahnen der Ersten bewachte, kurz zu und schob Xanthus hinüber zu den angrenzenden Amtsräumen. Das wichtigste Büro, gleich neben dem Schrein, war das Sekretariat. Da sich sonst keiner mit der Raumaufteilung herumschlagen will, sind immer die Schreiberlinge für die Belegung zuständig. Und natürlich sichern sie sich die besten Plätze.
    Ein glatzköpfiger kleiner Beamter wies uns den Weg zu der feudalen Büroflucht, die die Vierzehnte sich unter den Nagel gerissen hatte. Hier ging es gemächlich zu, was entweder bedeuten konnte, daß die Legion ein lahmer Haufen war oder daß der heutige Aktenberg schon aufgearbeitet und weitergeleitet war. Vielleicht hatte sich ihr Legat aber auch gerade zum Mittagsschlaf in seine Privatgemächer zurückgezogen und der Lagerkommandant kurierte einen Schnupfen aus. Aber selbst falls die Tribunen sich freigenommen hatten und auf die Jagd gegangen waren, maßte ich mir noch kein Urteil an. Solange die Kornspeicher wohlgefüllt, Waffenappell und Buchführung korrekt und auf dem neuesten Stand waren, solange würde Vespasian es der Vierzehnten nicht ankreiden, wenn ihre Intendantur eine ruhige Kugel schob. Ihn interessierten einzig die Resultate.
    Im größten Büro fanden wir gleich zwei Federfechter.
    Der eine, offenbar ein Etappenhengst, trug eine rote Tunika, aber keine Rüstung. An einem Nagel hing sein Helm, verziert mit zwei Hörnern, denen er seinen Titel verdankte: Cornicularius, Leiter der Heeresverwaltung. Ich glaube ja im stillen, daß die Legion sich mit diesen zwei kleinen Hörnern einen Scherz erlaubt und ihre hohen Beamten der Lächerlichkeit preisgegeben hat. Der zweite Mann im Raum war von anderem Kaliber: Ein Zenturio in voller Montur, einschließlich einem vollen Satz Phalerae , dem neunfachen Brustschmuck, und die tiefsitzende Verachtung, die sich in seinen Zügen spiegelte, sagte mir, daß dies der Primipilus sein mußte, der rangälteste Hauptmann der Legion. Dieser begehrte Posten hat eine dreijährige Laufzeit, danach winkt als Gratifikation ein Bürgerpatent; mit dem wiederum stehen einem bekanntlich die tollsten Jobs im Zivilleben offen. Manche, und ich rechnete diesen hier dazu, verdoppeln ihre Dienstzeit allerdings auch freiwillig und werden dadurch mit sicherem Instinkt zum Schrecken eines jeden arglosen Rekruten. In einer gottverlassenen Provinz in den Sielen zu sterben, so stellt sich ein echter Primipilus ein erfülltes Leben vor.
    Dieser hier hatte einen kurzen, dicken Hals und sah aus, als sei es sein Partygag, Fliegen mit Kopfnüssen zu töten. Er hatte breite Schultern und einen Oberkörper, der sich bis zum Gürtel hin kaum verjüngte. Dennoch hatte er kein Gramm Fett am Bauch. Seine Füße waren auffallend klein. Während unseres Gesprächs bewegte er sich kaum, und doch ahnte ich, daß er zackig auftreten konnte, wenn es galt, sich Autorität zu verschaffen. Er gefiel mir nicht. Aber das spielte keine Rolle. Ich gefiel ihm auch nicht. Und darauf kam es an.
    Der Cornicularius machte eine weit weniger imposante Figur. Er hatte eine Stupsnase und einen kleinen, verkniffenen Mund. Was ihm an Statur fehlte, machte er wett durch Gehässigkeit und eine flinke Zunge.
    Als wir eintraten, hatten die beiden gerade einen Soldaten in der Mangel, der einen Regelverstoß begangen, vielleicht eine harmlose Frage gestellt hatte. Sie genossen es, den armen Kerl zu demütigen, und waren bereit, sich den ganzen Nachmittag damit zu vertreiben, falls nicht jemand auftauchte, der ihnen noch mehr zuwider war. Dieser Jemand erschien – in Gestalt von Xanthus und mir.
    Die Herren befahlen dem Soldaten, sich ins eigene Schwert zu stürzen, sinngemäß jedenfalls, und der junge Bursche drückte sich dankbar an uns

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