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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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mustergültiger Qualität, und doch schienen die Töpfer überrascht, daß Kundschaft kam. Die größte Werkstatt war sogar verriegelt.
    Wir fanden eine ganz in der Nähe, die offen hatte. Sie gehörte einem gewissen Julius Mordanticus. Viele Kelten in unseren Provinzen legten sich Aristokratennamen wie Julius oder Claudius zu. Wer will schon, wenn er im Leben vorankommen möchte, gleich bei der Vorstellung als billiger Handwerker entlarvt werden? Kaum ein romanisierter Stammesangehöriger der zweiten Generation hört noch auf den Namen Didius , ausgenommen ein, zwei Fratzen mit auffallend hübschen Müttern, die in Städten leben, wo mein älterer Bruder Festus früher mal einquartiert war.
    Helena hatte bald eine wirklich schöne Schale für Mutter gekauft – und obendrein zu einem Preis, der mich nur ganz leicht zusammenzucken ließ. Nebenbei freundete sie sich mit dem Töpfer an, erzählte, daß sie bei ihrem Bruder, dem Tribun, auf Besuch sei und lenkte das Gespräch dann rasch auf die Legionen im allgemeinen. Sie war kultiviert, liebenswürdig – und ehrlich an seinem Geschäft interessiert. Der Töpfer fand sie einfach wunderbar. Ich natürlich auch, aber ich beherrschte mich. Sobald ich ihn bezahlt hatte, lehnte ich mich an eine Wand und kam mir überflüssig vor.
    »Sie verkaufen doch bestimmt sehr viel an die Festung oben!« Der Töpfer war klein und stämmig, mit einem breiten, blassen Gesicht. Beim Sprechen bewegte er kaum den Mund, was ihn hölzern wirken ließ, aber seine Augen waren wach und intelligent. Eben hatte er Helena sehr impulsiv und bewegt geantwortet – eigentlich war er eher vorsichtig. So wollte er denn auch das Thema Militär nicht weiterverfolgen.
    Ich löste mich von der Wand, während Helena unbeirrt weiterplauderte: »Offengestanden, habe ich bis gestern gar nicht gewußt, daß samnisches Geschirr auch in Germanien hergestellt wird. Gibt es das nur hier in Moguntiacum oder auch weiter weg – bei den Treverern zum Beispiel?«
    »Freilich! Die ganze Gegend von Augusta Treverorum bis rüber zum Fluß kennt das rote Geschirr.«
    »Dann machen Sie doch sicher gute Geschäfte?«
    »In letzter Zeit leider nicht mehr.«
    »Ach? Uns ist schon die Werkstatt nebenan aufgefallen, die geschlossen ist. Julius Bruccius heißt der Besitzer, nicht wahr? Hat er wegen der Wirtschaftskrise zugemacht oder ist er auf Urlaub?«
    »Bruccius? Nein, der ist auf Geschäftsreise.« Ein Schatten glitt über sein Gesicht.
    Ich hatte eine ungute Vorahnung, als ich einwarf: »Er ist doch nicht zufällig nach Lugdunum gefahren?«
    Helena Justina zog sich augenblicklich aus dem Gespräch zurück und setzte sich still auf eine Bank. Auch dem Töpfer war mein besorgter Tonfall nicht entgangen. »Ich bin auf dem Weg nach Germanien durch Lugdunum gekommen«, erklärte ich ruhig. Tief durchatmen, Falco – und lächeln, lächeln! »Ist Ihr Nachbar Bruccius so um die vierzig, untersetzt und reist in Begleitung eines jungen Burschen mit roten Haaren und vielen Warzen?«
    »Sein Neffe, ja. Klingt ganz so, als hätten Sie die beiden unterwegs irgendwo getroffen.«
    Julius Mordanticus sah mich besorgt an. Das lange Ausbleiben seiner Freunde hatte ihn gewiß schon auf schlechte Nachrichten vorbereitet, aber auf eine so traurige Kunde wohl doch nicht. Ich faßte mich kurz. Als ich ihm von dem Streit berichtete, dessen Zeuge ich in Lugdunum geworden war, und dann von den beiden Leichen, die ich später im Straßengraben gesehen hatte, da schrie er entsetzt auf und verhüllte sein Gesicht.
    Helena brachte ihm einen Korbstuhl. Wir setzten ihn hinein, und ich blieb, die Hand auf seiner Schulter, neben ihm stehen, bis er sich in das Unabänderliche geschickt hatte.

XXXII
    »Tiw!« Er spuckte den keltischen Namen unseres Gottes Mars förmlich aus. »Bruccius und sein Neffe in Gallien ermordet …«
    »Es tut mir leid«, sagte ich. »Das ist vielleicht kein großer Trost, aber ich traf einen Zenturio von der Feste, der nach Cavillonum wollte, um den Leichenfund beim Zivilgericht zu melden – er könnte Ihnen sagen, wer den Mord untersucht und was man inzwischen schon herausgefunden hat. Außerdem dürfte der Richter für das Begräbnis gesorgt haben. Wenn Helena und ich wieder in der Festung sind, werde ich versuchen, den Zenturio ausfindig zu machen und ihn zu Ihnen schicken. Er heißt übrigens Helvetius.« Julius Mordanticus nickte wie betäubt. Ich hatte nicht zuletzt deshalb so lange geredet, weil ich ihm Zeit geben wollte,

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