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Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Titel: Eisenherz - Förg, N: Eisenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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ich es mir recht überlege: Der Unfall hätte sich auch schon am Dienstag ereignen können.«
    Cœur de Fer hielt mit bemerkenswerter Konsequenz am Wort »Unfall« fest. Gerhard wagte sich gar nicht vorzustellen, was gewesen wäre, wenn der Unfall beim Pressetraining passiert wäre.
    »Aber am Mittwoch waren dann alle Lanzen im Einsatz?«
    »Ja.«
    »Hätte man nichts am Gewicht merken müssen? An der Optik?« Marco schüttelte den Kopf. »Ich hab mir die Lanze aus dem Unfall angesehen. Sie wiegt ein bisschen mehr. Das ist aber nur im Vergleich mit einer anderen zu merken.«
    Er sah zu Boden, dann stand er auf und begann einfach loszugehen. Gerhard folgte ihm schweigend. Vor dem Stallzelt stoppte er. Ein Pferd wurde gerade von einem jungen Mann abgeduscht. Es hatte sichtlich Spaß, drehte die Flanke dem Wasserstrahl entgegen. Der junge Mann mit dem langen schwarzen Haar hielt ihm den Wasserstrahl direkt vor die Nase. Das Pferd biss in den Strahl, flämte mit der Oberlippe, prustete.
    »Unser Seepferd!«, sagte Marco Cœur de Fer. »Er liebt Wasser.«
    »Ein Ritter oder Ihr Stallbursche?«
    »Beides. Es gibt viele junge Männer, die Stuntman werden wollen. Wenn sie zu mir kommen, dann dürfen sie erst mal Pferde pflegen. Striegeln, waschen, trocken reiten. Zwei Jahre lang, etwa achtzig Prozent halten durch. Wer ein Gefühl für Pferde hat, den bilde ich aus. Ich bin ziemlich hart als Chef. Aber gerecht. Ich bin hart, aber ich schau auf meine Jungs.« Er brach ab, weil ihm plötzlich klar zu werden schien, dass er auf einen nicht geschaut hatte.
    »Ist die Reihenfolge im Training klar geregelt? Auch die Ausgabe der Lanzen? War es möglich, genau diesen Ritter zu treffen und keinen anderen? War er gemeint?«
    Marco sah ihm nach langer Zeit wieder in die Augen. »Nein, das ist unmöglich. Ich meine, die Reihenfolge ergibt sich, die Lanzen werden ausgegeben, wie sie eben kommen. Jacques kann nicht als Person gemeint gewesen sein. Es hätte Hugo, Cedric, Frederic treffen können. Jeden der Jungs hätte es treffen können.«
    »Monsieur Cœur de Fer, das heißt dann aber, dass jemand Ritter generell nicht mag. Ihre Truppe nicht mag. Haben Sie Feinde? Hat einer Ihrer Jungs Feinde?«
    Er schnaubte. So wie seine Hengste. Erhaben, dramatisch, ein klein wenig arrogant.
    »Natürlich haben wir Feinde. Jeder sollte welche haben. Viel Feind, viel Ehr. Natürlich habe ich Neider, ich habe wie jeder andere Mensch unter Menschen gelebt. Wo Menschen leben, ist Neid. Wo Menschen arbeiten, ist Missgunst, und meine Jungs haben sicher auch Feinde. Und Frauen, die ihnen die Pest an den Hals wünschen. Aber inmitten all der menschlichen Eitelkeiten: Wer würde einen Ritter wirklich töten wollen?«
    »Und warum, Monsieur Cœur de Fer. Warum? Zu welchem Zweck?«
    Gerhard sah ihn scharf an.
    Der Anschlag hatte also nicht diesem bedauernswerten jungen Mann persönlich gegolten. Gerade erst Ritter- und Stuntwürden erlangt. Vierundzwanzig Jahre jung, hübsch, kühn, den Kopf voller Ideen vom Leben. Voller Vorfreude auf Kaltenberg, den größten Live-Event für Reiterkunst. Hier war bestimmt der beste Platz, als hübscher Franzose die Herzen all der Mägdelein zu brechen. Und jetzt? Was war seine Prognose? Irreparable Schädigungen? Ein Leben als invalider Trottel? Für einen, der doch gerade erst ausgezogen war, die Welt zu erobern? Er war das Bauernopfer geworden. Aber wer mordete hier? Gut, der junge Jacques war noch am Leben, aber Gerhard behandelte das Ganze als Mordversuch. Und was, wenn das erst der Anfang gewesen war?
    »Monsieur Cœur de Fer, ich würde Ihnen dringend raten, die Show abzubrechen. Bis sich das Verbrechen aufgeklärt hat«, sagte Gerhard eindringlich.
    »Der Unfall!«
    »Kommen Sie! Sie sind zu clever, um sich und mich zu täuschen. Natürlich war das ein Anschlag! Und es können weitere folgen. Brechen Sie ab.« Himmel, Arsch und Wolkenbruch. Der war ja auch zu stur, um wahr zu sein.
    »Was? Wie bitte? Niemals! Das geht auch gar nicht. Die Vorstellungen sind ausgebucht. Außerdem beuge ich mich niemals einer solchen Attacke. Wir werden die Container und die Pferde Tag und Nacht bewachen. Das hätten wir am Sonntag auch tun müssen.«
    »Am Sonntag?«
    »Monsieur Le Commissaire, ich habe nachgedacht, die ganze Nacht. Es gab einige Vorfälle, die …«
    »Vorfälle?«, unterbrach ihn Gerhard.
    »Nun, kürzlich hatten die Jungs eine Lebensmittelvergiftung oder was auch immer. Nach dem Frühstück war allen speiübel. Außer

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