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Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Titel: Eisenherz - Förg, N: Eisenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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noch ein Ass im Ärmel, oder Baier?«
    »Ja, ein Ass namens Antonia.«
    »Wer?«, fragte Evi.
    »Antonia Gröbl, Buchhändlerin, Model, Gelegenheitsfreundin von Lepaysan.« Gerhard berichtete vom Besuch in Garmisch. »Und sie meint, sie könne den Mann auf dem Bild erkennen. Halten wir ihr also Bilder von Schmoll und Havelka unter die Nase, sie sagt, das ist er – und schwuppdiwupp machen wir wirklich Feierabend.«
    »Träum weiter!« Evi zog die Nase kraus. »Du weißt doch, wie das ist mit Bildern und Gegenüberstellungen. Hätte, könnte, vielleicht. Eine Welt der Konjunktive und vagen Möglichkeiten.«
    »Warten wir’s ab.« Man musste ja auch mal positiv denken.
    »Wann kommt die Dame?«, wollte Evi wissen.
    »Ich denke, so gegen drei.«
    »Drum lasst uns vorher Schmoll besuchen.« Baier kam ächzend von seinem Stuhl hoch.
    Obwohl es sonnig war, strahlte der Herzog-Albrecht-Platz Eiseskälte aus. Kühlschrankkälte, graue Ödnis, Schatten. Vorne beim Griechen aßen die Leute in der Sonne, da war Leben, Spaß, Lachen und Farbe. Die kleinen Gassen rund um den Marienplatz, die gute Stube der kleinen Stadt, waren wie Lebensadern, in denen es pulsierte. Aber keine reichte bis zum Platz. Der war einfach abgeschnitten von der Blutzufuhr.
    Sie stiegen die Treppen zu Schmolls Büro hinauf. Schmoll wirkte blass und blutleer, und er wurde noch etwas blasser, als Baier ihn anraunzte: »Ich verhafte Sie wegen Mordes an Lutz Lepaysan.« Das hatte gesessen.
    »Sie können mich doch nicht … Wieso Mord? Ich habe doch zugeben, dass ich nochmals in der Halle gewesen bin. Das hab ich zugegeben. Da hat mich doch auch einer gesehen.« Schmoll wurde noch blasser.
    »Sicher, Schmoll. Und dann haben Sie gewartet, bis alle weg waren, und sind nochmals rein! Raffiniert, Schmoll.« Baiers Lautstärke hatte weiter zugenommen.
    »Nein, das stimmt nicht!« Das war ein regelrechter Schrei.
    »Ihre Fingerabdrücke waren auf dem Stativ. Auf der Mordwaffe.« Baier sah ihn provozierend an.
    Schmoll starrte Baier an, inzwischen war er völlig kalkweiß.
    »Ja, Herr Kommissar, das leugne ich gar nicht. Am Sonntag, da hat mich Lutz ein paar Mal gebeten, ihm das Stativ anders hinzustellen. Ihm sozusagen zu assistieren. Das müssen Sie mir glauben.«
    »Müssen tun mir nix. Außer sterben. Schmoll, Sie kommen jetzt mal mit. Da soll mal eine junge Dame ein Auge auf Sie werfen. Gnade Ihnen Gott, dass die Sie entlastet.«
    »Ich will einen Anwalt. Ich mache nur Aussagen zur Person, nicht zur Sache. Ich berufe mich auf Artikel drei der Europäischen Menschenrechtskonvention. Ich …« Die ungesunde Blässe begann sich in Richtung Rottöne zu wandeln. Aha, da hatte einer wohl ein paar beeindruckende Floskeln gelernt. Gerhard grinste in sich hinein.
    »Handschellen oder kommens so mit?«, kam es vom gänzlich unbeeindruckten Baier.
    Gerhard war fast versucht einzugreifen, das Vorgehen war natürlich nicht korrekt und konnte Baier eine saftige Beschwerde einbringen, aber Baier war eben Baier. Kein wandelndes Lexikon der Polizeivorschriften.
    Und wundersamerweise sagte Schmoll: »Ich komme mit.«
    Im Eingangsbereich der Polizeiinspektion rannten sie fast in Antonia Gröbl hinein. Oder diese schwungvoll in sie. Sie erkannte Baier, Gerhard, und bei Schmoll stutzte sie.
    »Dann können mir uns den ganzen Schmu mit Gegenüberstellung sparen«, knurrte Baier. »Frau Gröbl, kennen Sie den Mann?«
    »Klar! Der war in da Bar. So a Schlawiner, fei a ganz scheener Schlawiner, der …«
    »Frau Gröbl, ersparen Sie uns Details. Die entscheidende Frage ist: Ist er der Mann hinter den Säulen?«
    »Na, nia. De Mo war vui greßer, schlanker. Ned so gwampert. Und er war a oider«, sagte Antonia.
    »Da sind Sie sicher?«, fragte Gerhard eindringlich.
    »So sicher wia i jederzeit mit Eana ausgeh dad.« Sie strahlte Gerhard an. Baier gab ein Glucksen von sich.
    »Ich fühle mich geschmeichelt. Ich fürchte aber, ich bin ein schlechter Kandidat für ein Date. Sie sind also ganz sicher?«, fragte Gerhard nochmals nach.
    »Logisch, und wenn Sie doch mal Vakanzen haben, rufen Sie mich an.« Ihr Augenaufschlag war filmreif, und sie konnte auf einmal astreines Hochdeutsch.
    Diese Antonia hatte ja echt Nerven! Aber Gerhard bezahlte sehr selten Restaurantrechnungen von Damen, ein Cabrio hatte er auch nicht. Antonias Frohnatur haute doch den stärksten Kerl um, dachte Gerhard und beschloss, in Zukunft weiblichen prämenstrualen Depri-Phasen, in denen sie an sich, an ihm, dem

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