Eisenherz - Förg, N: Eisenherz
konsterniert an. Sie hatte wirklich keine Idee. »Den ich gut kenne? Cedric?«
»Nein.«
»Jo?« Sie starrte ihn an. »Sonst kenn ich niemanden näher.«
»Also Cedric kennen Sie näher?« Das kam von einem Baier, der sich ganz sanft gab. Wie der gute Opa eben.
»Nicht wie Sie denken!«
»Wie denk ich denn?«
»Na, dass ich mit ihm schlafe.« Ihre Augen sprühten Feuer. Sie wollte Baier provozieren.
»Und das tun Sie nicht?«, kam es immer noch ganz freundlich von Baier.
»Nein. Warum wollen Sie das wissen? Sie verdächtigen ihn doch.« Sie stampfte mit dem Fuß auf.
»Steffi. Ich habe Sie mal gesehen, da haben Sie Cedric geküsst«, fiel Gerhard ein.
»Ach Quatsch. Ein bisschen geknutscht. Ich hatte was getrunken. Was ich sonst nicht tue. Aber ich würde nie mit ihm schlafen. Mit keinem Ritter. Was geht Sie das eigentlich an?«
»Nichts, im Prinzip. Aber Ritter sind doch die Traumtypen.«
»Na, das ist Ansichtssache. Die haben doch jeden Tag ‘ne andere. Oder zwei. So wie Corvus auch. Nein, danke. Da müsste einer schon …« Sie winkte ab, ihr Blick hatte sich wieder überschattet, sie sah auf einmal sehr traurig aus. Gar nicht mehr aggressiv.
»Eine gute Einstellung, Fräulein Holzer«, sagte nun wieder Baier. »Da muss ihr Opa ja mächtig stolz sein, dass seine Enkelin klüger ist als andere Gören in dem Alter.«
»Der Opa? Mei, der hat immer Angst um mich. Der meint immer, dass junge Leute verantwortungslos sind. Er will mich immer schützen. Sogar vor dem Internet.« Sie hatte sich gefangen. Sie schien sich wieder auf sichererem Boden zu befinden. »Einmal hat er sogar alle Homepages aufgerufen, die ich am Tag zuvor geladen hatte. Bloß blöd, dass das alles für ein Referat in Geschichte war.«
»Ihr Opa kann mit Computern umgehen. Das ist ja ungewöhnlich, dass ein älterer Herr ein Computerfreak ist. Ist ja toll!«, sagte Evi mit Inbrunst.
»Ja, nicht wahr? Er hat bei der Handwerkskammer ein paar Kurse belegt und auf der Volkshochschule, und seit er Rentner ist, hat er sich richtig reingebissen. Es kommen eine ganze Menge Leute im Dorf zu ihm, wenn sie Grußkarten oder Poster oder so was brauchen. Der Opa scannt Bilder, macht Layouts, der hilft sogar dem Tourismusverband bei Aussendungen. Er fordert kein direktes Honorar, sie geben ihm natürlich was, kann er auch gut brauchen, bei der miesen Rente. Drum versuch ich ja auch, hier Geld zu verdienen. Fürs Studium hab ich gottlob ein Stipendium.« Steffi machte eine kurze Pause. »Sagen Sie mir jetzt mal endlich, warum Sie das alles wissen wollen?«
Und während sie auf eine Antwort wartete, veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. Sie war alles andere als dumm. Nun hatte sie es begriffen, und das warf sie völlig aus der Bahn. Sie schien wie gelähmt zu sein.
Gerhard sah Baier an, dann Evi. Holzer konnte also auch mit Computern umgehen. Machte Layouts, er konnte am Computer von Lepaysan gewesen sein. Wahrscheinlich wusste er sogar von der externen Festplatte, hatte sie aber nicht gefunden. Wie auch? Und natürlich könnte jetzt jemand wieder den beliebten Satz einwerfen: Das hat alles nichts zu bedeuten. Er wusste es besser. Immer wenn der Satz fiel, hatte jedes Detail etwas zu bedeuten.
»Fräulein Steffi, ist Ihr Opa Dienstag vor einer Woche nachts weggefahren, spät nach Hause gekommen?«, fragte Baier.
»Sie verdächtigen ihn! Meinen Opa. Sie spinnen ja. Sie sind verrückt.« Nun war es vorbei mit ihrer erwachsenen Ruhe und der Kooperationsbereitschaft. Aus Steffi würden sie nichts mehr rausbekommen.
»War er weg?«, fragte Baier nochmals.
»Das sag ich Ihnen bestimmt nicht. Sie spinnen doch.«
»Steffi, seien Sie ein klein wenig vorsichtiger. Das ist Beamtenbeleidigung. Ich will wissen, ob er Dienstagnacht unterwegs war. War er in Seeshaupt? Da wurde das Atelier von Lutz Lepaysan durchsucht. Ihr Opa hat versucht, Beweise zu vernichten. War er dort? Oder in der Wohnung von Lepaysan in St. Heinrich?« Nun war es vorbei mit Baiers nettem Opa-Ton.
Gerhard war nahe dran, Baier ins Wort zu fallen. Warum erzählte er das alles Steffi! Evi schien sich auch wie auf heißen Kohlen zu fühlen. Was machte Baier da? Und dann verstand er. Baier, der alte Fuchs!
»Ich weiß nichts. Ich habe geschlafen.« Steffi stampfte mit dem Fuß auf.
»Im Wohnmobil?«
»Ja, wo denn sonst?«
»Hat Ihr Opa noch ein anderes Auto in Kaltenberg?«, fragte Gerhard. Sie hätte so gerne »Nein« gesagt, das spürte Gerhard, aber das traute sie sich dann doch
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