Eisige Versuchung
bedecken.«
»Bringt dich mein Anblick durcheinander?«
»Mich?!« Shade schnaubte. Welch ein großes Ego! So imposant war sein Schaft nun auch wieder nicht. »Ich dachte eher an dich.«
»Mich stört es nicht.« Als wäre es das Normalste der Welt, nahm Roque ein Handtuch, das auf dem Schemel neben dem Wassereimer lag, und wischte sich unten herum trocken.
»Na bravo!«, dachte Shade und überlegte schon, ihr langärmeliges T-Shirt auch noch auszuziehen, weil sie befürchtete, zu verglühen, aber das hätte Roque falsch verstehen können. »Wenn die Cops kommen, solltest du aber … hey!«
Demonstrativ legte er ihr Handy auf den Kleiderschrank und deckte es mit dem Handtuch zu.
»Glaubst du, das hält mich davon ab, es zu benutzen?« Schnalzend nahm sie einen Küchenstuhl und stellte ihn vor den Schrank. »Im Übrigen ist das sehr kindisch.«
Sie kam jedoch nur dazu, einen Fuß auf den Sitz zu stellen und sich hochzustemmen, denn dann legte sich Roques Arm von hinten um ihre Hüften, hob sie hoch und stellte sie auf der gegenüberliegenden Seite vor dem Herd wieder ab, als wäre sie so leicht wie eine Schaufensterpuppe.
»Albern wäre es, wenn ich das Telefon auf den höchsten Ast eines Baumes gelegt hätte, was für mich«, einige Male bewegte er seine Flügel, was sie als Schattenspiel an der Wand über dem Ofen sah, »ein Klacks wäre, Shade.«
Sie erschauderte wohlig. Zum ersten Mal sprach er ihren Namen aus, und dann hauchte er ihn auch noch sinnlich in ihr Ohr. Spürte sie sein Glied an ihrem Rücken, oder bildete sie sich das nur ein?
Er ließ sie viel zu schnell wieder los. Allerdings nur, um sie herumzudrehen. Als er sich vorneigte, kam er ihr wieder so nah, dass es ihr den Atem raubte. Wie konnte ein Mann mit solch ernsten und harten Gesichtszügen nur so attraktiv sein!
Er stützte sich rechts und links am Herd ab, somit konnte sie ihm nicht entfliehen. »Wir schalten auf keinen Fall das Sheriff’s Department ein! Ich werde nicht das Risiko eingehen, dass mich noch jemand sieht!«
»Aber Arthur wurde ermordet!« Das letzte Wort schrie sie beinahe heraus. Erneut weinte sie. Dieses Gefühlschaos war unglaublich anstrengend. Auf der einen Seite war sie traurig und schockiert über Arts Tod, auf der anderen erregte Roque sie. Erschöpft schaute sie zu seinen Schwingen auf. Am liebsten hätte sie sich darin eingekuschelt. Ein Kokon aus weichen weißen Federn.
»Sorry, Shade.« Er richtete sich auf.
»Ist das dein letztes Wort?«
»Ich habe keine andere Wahl.«
»Du willst den Täter ungestraft davonkommen lassen, den Kerl, der deinem Freund ein Messer ins Herz gestoßen hat?«
Mit beiden Händen fuhr Roque sich über sein silbernes straff zurückgebundenes Haar und seufzte. »Es tut mir leid.«
Aufgebracht schnaubte Shade. »Dann wirst du mich zum Schweigen bringen müssen, denn ich werde jetzt den Berg hinabsteigen, meinen SUV starten und geradewegs zu den Cops fahren!«
»Shade!« Diesmal lag nichts Erotisches in seiner Stimme, sondern er knurrte ihren Namen warnend. Er hielt sie am Arm fest.
»Wenn du mich nicht umbringst, musst du mich wohl bis ans Ende meiner Tage einsperren.«
»Sei vorsichtig! Ich könnte das tatsächlich tun.«
»Dann sieht es wohl so aus, dass …« Sie klang außer Puste, weil sie sich so aufregte. »Du kannst mich nicht allein lassen, und ich darf keine Ordnungshüter holen, die den Mordfall untersuchen und Arthurs Tod ahnden. Also musst du mir selbst helfen, für Gerechtigkeit zu sorgen.«
»Ich?« Verdutzt runzelte er seine Stirn.
»Auf keinen Fall werde ich dulden, dass dieser«, mit ihren Fingern zeichnete sie Anführungsstriche in die Luft, »Joe ungestraft davonkommt! Arthur Ehrman hat dich respektiert, er hat das Geheimnis deiner Existenz gewahrt und dir seinen Namen genannt, und er hat es verdient, dass man ihm denselben Respekt entgegenbringt und seinen Tod rächt.«
»Du willst, dass ich nach Averell auch Joe umbringe?«
»Natürlich nicht! Ich möchte, dass du mir hilfst, Arts Leichnam unter dem Ahorn hinter der Kate zu beerdigen, damit er mit seiner geliebten Frau Joan, die auch dort begraben ist, vereint ist.« Tief holte sie Luft, schniefte und spann ihren spontanen Plan weiter. »Dann werden wir Joe suchen und ihn vor meiner Digitalkamera zu einem Geständnis zwingen. Das werden wir dem Sheriff zuspielen. Niemand wird dich je zu Gesicht bekommen.«
»Ich habe eine andere Arbeit zu erledigen.« Er nahm den Küchenstuhl, ging zum Ausgang und
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