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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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schlug erneut zu, die Flasche zerbrach und hinterließ eine blutende Wunde. Doch Lawson war immer noch bei Bewusstsein und versuchte davonzukriechen. Sinclair musste sich beeilen, denn seine Kette war am Metallrohr an der Wand befestigt, und er hatte nur wenig Bewegungsfreiheit. Er schlang die gefesselten Hände um Lawsons Kopf und zog ihn zurück zur Pritsche. Zum Glück war der Mann von den Schlägen hinlänglich betäubt, so dass er kaum Widerstand leistete. Sinclair legte die Handschellen auf Lawsons Luftröhre und begann zu ziehen. Lawson griff nach dem Metall an seiner Kehle und versuchte verzweifelt, sich zu befreien, aber Sinclair lehnte sich nur noch weiter zurück, hielt ihn fest und würgte ihn, bis er aufhörte mit den Füßen – in den Stiefeln, die Sinclair so bewundert hatte – auf dem Boden zu scharren, und die Hände schlaff an den Seiten nach unten fielen. Um sicherzugehen, hielt er Lawson
noch mehrere Sekunden fest, ehe er die Handschellen lockerte und Lawsons Kopf nach vorn kippen ließ.
    Der Atlas war seltsamerweise die ganze Zeit über aufgeschlagen auf seinem Schoß liegen geblieben.
    Als der Körper auf den Boden sackte, schob Sinclair das Buch beiseite und kniete sich hin. Er legte ein Ohr auf die Brust und stellte fest, dass das Herz immer noch pochte. Er hatte sich schon einmal in dieser Lage befunden, und einen Moment lang spürte er den Drang, die Situation auszunutzen. Das schreckliche Verlangen stieg in ihm hoch wie eine blutige Flut. Doch er hatte weder die Zeit noch den Wunsch, diesen Mann zu töten. Er legte seinen Mund auf Lawsons und blies hinein, so wie die Matrosen es bei den Soldaten getan hatten, die bei der vermasselten Landung in der Unglücksbucht ertrunken waren. Dann drückte er vorsichtig auf den Brustkorb, bis er sah, wie er sich wieder hob und senkte. Ehe Lawson wieder zu sich kommen konnte, durchwühlte Sinclair seine Taschen und zog die Schlüssel für das Fußeisen und die Handschellen heraus. Es war schwierig, sie zu öffnen, besonders da Sinclairs Herz heftig pochte, bei der Aussicht, frei zu sein, neue Stiefel zu besitzen – und Eleanor zu finden.
    26 . Dezember,
11 : 30 Uhr
    »Versuchen Sie, mich davon abzubringen?«, fragte Eleanor und blickte Michael in die Augen.
    »Nein, natürlich nicht«, erwiderte er und rückte mit dem Stuhl ein kleines Stück näher an das Bett heran, auf dem sie saß und ihre eigenen Hände fest umklammerte. »Es ist nur so, dass ein gewisses Risiko besteht, ein erhebliches Risiko sogar, und ich habe Angst um Sie.«
    Seine Besorgnis rührte sie zutiefst, aber ihr Leben bestand schon so lange aus nichts als Risiken und tödlichen Gefahren, dass das nichts Neues für sie war. Sie hob eine Hand und legte sie an seine Wange. »Die Entscheidung liegt allein bei mir, und ich sage ja. Wenn ich weiterleben will, will ich mich nicht länger verstecken müssen. Ich möchte ein Leben führen, dessen ich mich nicht zu schämen brauche. Können Sie das begreifen?«
    Sie konnte sehen, dass er sie verstand. Aber er wirkte besorgter, als sie selbst sich fühlte. Nach allem, was sie durchgemacht hatte, über solch eine lange Zeitspanne hinweg, hielt selbst der Tod keine großen Schrecken für sie bereit. Alle, die sie je gekannt hatte, ihre Familie und ihre Freunde, waren längst tot. Wie viel einsamer konnte ihr Leben noch werden?
    Und was Sinclair anging, selbst wenn sie wieder vereint wären, wie sollte es mit ihnen weitergehen? Tief in ihrem Innern wusste sie, dass sie nur noch eine abgrundtiefe Einsamkeit und Isolation vom Rest der Menschheit verband.
    »Soll ich also Darryl und Charlotte holen?«, fragte Michael, und sie nickte zustimmend.
    Michael ging, und Eleanor blieb zurück und versuchte, des Aufruhrs in ihrem Inneren Herr zu werden. Gegen ihren Willen erkannte sie, dass ein Gefühl der Hoffnung, der Erlösung in ihr aufflammte. Obwohl sie es sich nur widerstrebend eingestand, wusste sie, dass es etwas damit zu tun hatte, wie Michael Wilde sie ansah.
    Und wie sie seinen Blick erwiderte.
    Ein paar Minuten später öffnete sich erneut die Tür zum Krankenzimmer, und diesmal wurde Michael von den anderen begleitet. Darryl, dessen rote Haare wie ein Hahnenkamm in die Höhe standen, hielt einen durchsichtigen Beutel mit einer Flüssigkeit in der Hand und Charlotte hatte ein Tablett mit einigen Utensilien dabei – Tupfer, Nadeln, Alkohol und eine Art Verband, der praktischerweise direkt an der Haut haften blieb. Eleanor hatte
das Tablett

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